Predigten aus der Praxis

Ansprachen für Sonn- und Festtage


15. Sonntag im Jahreskreis - Lesejahr B (Eph 1,3-14)

Gepriesen sei Gott, der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus: Er hat uns mit allem Segen seines Geistes gesegnet durch unsere Gemeinschaft mit Christus im Himmel. Denn in ihm hat er uns erwählt vor der Erschaffung der Welt, damit wir heilig und untadelig leben vor Gott; er hat uns aus Liebe im Voraus dazu bestimmt, seine Söhne zu werden durch Jesus Christus und nach seinem gnädigen Willen zu ihm zu gelangen, zum Lob seiner herrlichen Gnade. Er hat sie uns geschenkt in seinem geliebten Sohn; durch sein Blut haben wir die Erlösung, die Vergebung der Sünden nach dem Reichtum seiner Gnade. Durch sie hat er uns mit aller Weisheit und Einsicht reich beschenkt und hat uns das Geheimnis seines Willens kundgetan, wie er es gnädig im Voraus bestimmt hat: Er hat beschlossen, die Fülle der Zeiten heraufzuführen, in Christus alles zu vereinen, alles, was im Himmel und auf Erden ist. Durch ihn sind wir auch als Erben vorherbestimmt und eingesetzt nach dem Plan dessen, der alles so verwirklicht, wie er es in seinem Willen beschließt; wir sind zum Lob seiner Herrlichkeit bestimmt, die wir schon früher auf Christus gehofft haben. Durch ihn habt auch ihr das Wort der Wahrheit gehört, das Evangelium von eurer Rettung; durch ihn habt ihr das Siegel des verheißenen Heiligen Geistes empfangen, als ihr den Glauben annahmt. Der Geist ist der erste Anteil des Erbes, das wir erhalten sollen, der Erlösung, durch die wir Gottes Eigentum werden, zum Lob seiner Herrlichkeit. (Eph 1,3-14)

Wenn ich ins Theater fahre, wenn ein Abend vor mir liegt, auf den ich mich so richtig freue - ich glaube, ich kontrolliere fünf Mal, ob ich auch die Eintrittskarten eingesteckt habe. Und selbst auf der Fahrt schau ich sicher noch zwei, drei Mal, ob es auch wirklich die richtige Uhrzeit ist, die ich mir gemerkt habe, oder die Vorstellung nicht etwa doch schon eine halbe Stunde früher beginnt.

Liebe Schwestern und Brüder,

das mag verrückt sein, klar, aber es passiert mir trotzdem immer wieder. Wenn ich mich auf einen Abend wirklich freue, dann möchte ich halt ganz sicher sein, dass auch nichts schief gehen kann. Lieber schau ich fünf Mal hin, als auch nur einmal wegen einer fehlenden Eintrittskarte ein entsprechendes Ereignis zu verpassen.

Und weil mir das fast jedes Mal so geht, deshalb habe ich auch vollstes Verständnis dafür, wenn Menschen ganz ähnliches umtreibt.

In einem Punkt begegnet mir solch eine Sorge nämlich immer wieder. Es ist die Sorge, am Ende doch nicht eingelassen zu werden.

Wie oft werde ich das gefragt: ob das denn wirklich alles so in Ordnung geht, ob man am Ende nicht doch vor verschlossenen Türen steht, ob man wirklich sicher sein dürfe, dass man in Gottes Reich eingelassen oder nicht doch im entscheidenden Moment einfach abgewiesen wird, weil die Zugangsbedingungen eben nicht erfüllt sind, weil es halt doch nicht ganz gereicht hat, weil man es halt doch nicht wirklich geschafft hat.

Diese Sorge ist so alt wie das Christentum selbst. Und sie begleitet Menschen oft ihr ganzes Leben lang.

Es ist dieses Gefühl, eigentlich nichts in der Hand zu haben. Als würde man an die Abendkasse kommen, bei ausverkauftem Haus und hat nichts bei sich, als seinen Namen und den Satz, dass man eine Karte reserviert hätte. Und dann fängt der freundliche Herr an zu suchen, und zu suchen und findet nichts. "Tut mir leid, für sie ist keine Karte hinterlegt."

Das ist dann so ziemlich das dümmste, was einem passieren kann. Dann ist der Abend gelaufen und das erhoffte Erlebnis fällt aus - der Horror eines jeden Theaterbesuchers; der Horror für so viele Christen, die einfach Angst davor haben, es am Ende nicht geschafft zu haben, am Ende vor verschlossenen Toren zu stehen.

Ich bin deshalb immer froh, wenn ich Eintrittskarten nicht erst an der Abendkasse abholen muss. Ich hole sie meistens schon viel früher ab oder lasse sie mir zuschicken, damit ich meine Karte auch wirklich bei mir habe, damit mir genau das nicht passiert, damit ich am Ende eben nicht ohne Karte vor verschlossener Türe stehe. Die Karten bei sich zu haben, ist eine ganz große Beruhigung.

Und diese Beruhigung möchte uns der Epheserbrief heute nicht minder mit auf den Weg geben. Allen nämlich, die sich solche Fragen stellen, die sich mit der Sorge quälen, ob sie am Ende denn tatsächlich Einlass finden, all denen sagt die heutige Lesung ganz deutlich: die Gnade, die wir brauchen, die Eintrittskarte in Gottes Reich, die hat uns dieser Gott in Jesus Christus schon längst geschenkt. Wir sind bereits als Erben eingesetzt, haben das Siegel bereits empfangen.

Bei allem Verständnis für unsere Sorgen: sie sind unbegründet. Denn für uns ist nicht nur reserviert, wir haben die Eintrittskarte bereits in Händen. Es kann also gar nichts mehr passieren.

Amen.

Download-ButtonDownload-ButtonDownload-Button(gehalten am 14./15. Juli 2012 in der Paulus- und Antoniuskirche, Bruchsal)