Predigten aus der Praxis

Ansprachen für Sonn- und Festtage


25. Sonntag im Jahreskreis - Lesejahr B (Mk 9,30-37)

In jener Zeit zogen Jesus und seine Jünger durch Galiläa. Jesus wollte aber nicht, dass jemand davon erfuhr; denn er wollte seine Jünger über etwas belehren. Er sagte zu ihnen: Der Menschensohn wird den Menschen ausgeliefert, und sie werden ihn töten; doch drei Tage nach seinem Tod wird er auferstehen. Aber sie verstanden den Sinn seiner Worte nicht, scheuten sich jedoch, ihn zu fragen. Sie kamen nach Kafarnaum. Als er dann im Haus war, fragte er sie: Worüber habt ihr unterwegs gesprochen? Sie schwiegen, denn sie hatten unterwegs miteinander darüber gesprochen, wer von ihnen der Größte sei. Da setzte er sich, rief die Zwölf und sagte zu ihnen: Wer der Erste sein will, soll der Letzte von allen und der Diener aller sein. Und er stellte ein Kind in ihre Mitte, nahm es in seine Arme und sagte zu ihnen: Wer ein solches Kind um meinetwillen aufnimmt, der nimmt mich auf; wer aber mich aufnimmt, der nimmt nicht nur mich auf, sondern den, der mich gesandt hat. (Mk 9,30-37)

Es gibt im Internet mittlerweile ja nichts mehr, was es nicht gibt: Bei Wikipedia findet sich jetzt auch ein Bedeutungswörterbuch. Sie geben einfach einen Begriff ein und finden alle Bedeutungen, die dieses Wort hat.

Sogar vorlesen kann man sich den Begriff lassen, damit man ihn auch ja richtig ausspricht.

Liebe Schwestern und Brüder,

dem heutigen Evangelium entsprechend habe ich mir das Wort "Diener" mal ein wenig genauer angeschaut.

Laut Wikipedia bezeichnet dieses Wort zunächst einmal einen abhängig Arbeitenden, der für seinen Herrn bestimmte häusliche Pflichten erfüllt.

Als Synonyme werden zum Beispiel Buttler, Lakai, Leibeigener und natürlich auch Knecht und Sklave angeführt. Und dann werden eine Reihe von Unterbegriffen unterschieden: Besitzdiener, Hausdiener, Kammerdiener oder Leibdiener.

Und was ich besonders interessant fand, war ein Ausdruck, den ich noch von meiner Jugend her kenne, nämlich die Formulierung "einen Diener machen". Dieser alte Ausdruck bedeutet soviel wie "eine tiefe Verneigung machen".

Einen Diener machte man früher vor hohen Herrschaften, vor kirchlichen Würdenträgern etwa oder gekrönten Häuptern. Und man machte ihn auch vor Menschen, die bei Wikipedia allerdings völlig vergessen worden sind.

Eine Bezeichnung taucht bei all den Begriffen nämlich gar nicht auf, obwohl sie vom Wort her eigentlich nichts anderes als "Diener" bedeutet: die Gruppe jener hohen Herrschaften nämlich, vor denen man auch heute noch - zumindest innerlich - eine tiefe Verneigung macht, so sie einem bei Veranstaltungen über den Weg laufen: vor den Ministern und Ministerinnen des Staates nämlich.

Dass das Wort Minister nichts anderes als der lateinische Begriff für Diener ist, scheint heute weithin vergessen zu sein. Sogar die Verfasser des Wikipedia-Artikels haben das völlig übersehen.

Gerade aber in Tagen wie diesen, in denen sich so viele Männer und Frauen um ein Amt in unserem Parlament bewerben und manche sogar davon träumen am Ende ein Ministeramt zu erlangen, gerade in solchen Tagen ist es wohl durchaus wieder einmal angezeigt, auf den ursprünglichen Bedeutungsgehalt des Wortes zu verweisen.

Das Amt eines Ministers hat nämlich nichts mit Karriere zu tun - und es ist schlimm, wenn es zum reinen Synonym für Macht missrät. Das Ministeramt ist ein Dienstamt, so wie das in dem antiquierten Wort vom Staatsdiener noch zum Ausdruck kommt.

Jesus erinnert heute daran, dass nur der wirkliche Größe besitzt, der anderen dient.

Unsere Minister und Ministerinnen mögen sich hoffentlich bewusst sein, dass sie nicht zur Herrschaft und erst recht nicht für das persönliche Ansehen oder gar die eigene Bereicherung in ihr Amt gewählt werden. Sie sind dazu berufen, dem Gemeinwesen zu dienen.

Und nur diejenigen Minister und Ministerinnen, die sich dafür nicht zu schade sind, die uns allen letztlich wirklich dienen, nur die sind es am Ende wirklich Wert, dass wir einen Diener vor ihnen machen.

Amen.

Download-ButtonDownload-ButtonDownload-Button(gehalten am 19./20. September 2009 in der Antonius- und Pauluskirche, Bruchsal)