Predigten aus der Praxis

Ansprachen für Sonn- und Festtage


8. Sonntag im Jahreskreis - Lesejahr B (Fasnachtssonntag) (Mk 2,18-22)

Da die Jünger des Johannes und die Pharisäer zu fasten pflegten, kamen Leute zu Jesus und sagten: Warum fasten deine Jünger nicht, während die Jünger des Johannes und die Jünger der Pharisäer fasten? Jesus antwortete ihnen: Können denn die Hochzeitsgäste fasten, solange der Bräutigam bei ihnen ist? Solange der Bräutigam bei ihnen ist, können sie nicht fasten. Es werden aber Tage kommen, da wird ihnen der Bräutigam genommen sein; an jenem Tag werden sie fasten. Niemand näht ein Stück neuen Stoff auf ein altes Kleid; denn der neue Stoff reißt doch vom alten Kleid ab, und es entsteht ein noch größerer Riss. Auch füllt niemand neuen Wein in alte Schläuche. Sonst zerreißt der Wein die Schläuche; der Wein ist verloren, und die Schläuche sind unbrauchbar. Neuer Wein gehört in neue Schläuche (Mk 2,18-22)

Über den Schöpfungsbericht hatten sie gesprochen, in der vierten Klasse der Grundschule. Und jetzt galt es die Klassenarbeit zu schreiben.

"Welchen Auftrag hat Gott den Menschen gegeben?" lautete eine Frage. Und als Antwort erwartete die Lehrerin den Satz aus Genesis 1,28.

Die Kinder wussten die Antwort natürlich, weil sie es vorher im Unterricht durchgesprochen hatten und Sie kennen die Antwort selbstverständlich auch, weil Sie schließlich die Bibel und damit Genesis 1,28 kennen.

"Gott segnete sie, und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar, und vermehrt euch, bevölkert die Erde unterwerft sie euch, und herrscht über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die sich auf dem Land regen." So lautet dieser Vers: "Bevölkert die Erde und unterwerft sie euch."

Allerdings hatten die Kinder jenen Satz nicht so gelernt, wie er heute in unserer Einheitsübersetzung zu finden ist. Im Religionsheft stand er so, wie Sie ihn vermutlich auch noch in Erinnerung haben: "Macht euch die Erde untertan!" So haben wir alle von diesem Auftrag Gottes ja wenigstens im Religionsunterricht einmal gehört.

Damit es für die Schüler jetzt einfacher war, fanden sich auf dem Blatt für die Klassenarbeit auch genau fünf längere Striche. Fünf Worte, fünf Striche - "Macht euch die Erde untertan" - es mussten jetzt nur noch die richtigen Worte eingetragen werden.

Man musste sie jetzt nur noch wissen. Und wenn nicht; dann musste man halt raten - wie das so oft im Leben eben der Fall ist.

Eine der Schülerinnen konnte sich leider nur noch an anderthalb Worte erinnern. Das erste und so annähernd das letzte. Und was schrieb sie? Nun, wenn Sie es nicht wissen, werden Sie nie darauf kommen. Auf dem Arbeitsblatt stand am Ende: "Macht es euch gemütlich, Untertanen!"

Liebe Schwestern und Brüder,

ich bin der Lehrerin heute noch gram, dass Sie für diese Antwort null Punkte vergeben hat. Eigentlich kann man es besser doch gar nicht sagen.

Und wenn nach dem Auftrag gefragt wird, den Gott den Menschen gegeben hat, dann stimmt dieser Satz mindestens so gut, wie dieses "Macht euch die Erde untertan!" Denn diese Übersetzung sei ja so irreführend, dass man in den heutigen Bibelausgaben, die bei uns im Gottesdienst verlesen werden, mittlerweile anders überträgt.

"Unterwerft die Erde" sagt man jetzt. Aber ist das so viel besser?

Ich denke, die kleine Viertklässlerin hat das, was Gott im Sinn hat, mit ihren Worten weit besser übersetzt: "Macht es euch gemütlich, Untertanen!"

Da steckt alles drin. Wir müssen was tun. Von nichts kommt nichts. Wenn es gemütlich sein soll, dann müssen wir schon was dafür machen: Wir müssen es gemütlich machen! Und für uns soll es gemütlich sein, nicht nur für mich. Es soll so sein, dass es alle auf der Welt gemütlich haben, wie in einem Heim. Zu einer wohnlichen Stube, dazu soll die Welt für uns alle werden.

Und zwar für alle, die wir Untertanen sind. Denn das sind wir, trotz aller Gemütlichkeit: Untertanen dieses Gottes.

So wie es Jesus einmal auf den Punkt gebracht hat: "Wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen wurde, sollt ihr sagen: Wir sind unnütze Knechte; wir haben nur unsere Schuldigkeit getan."

Knechte - oder richtiger übersetzt: Sklaven - Untertanen halt. So stehen wir vor Gott. Aber wir stehen vor einem Gott, der möchte, dass seine Untertanen es gemütlich haben.

Ist das nicht schön?

Diese Viertklässlerin hat damit vielleicht mehr von Gott verstanden, als mancher große Theologe, und in diesem Satz mehr auf den Punkt gebracht, als alle Enzykliken der letzten zehn Päpste zusammengenommen.

"Macht es euch gemütlich, Untertanen."

Und letztendlich hat sie damit auch einen ganz großartigen Kommentar zum heutigen Evangelium abgegeben.

Dort saßen die Jünger nämlich mit Jesus zusammen und aßen und tranken und machten es sich gemütlich. Und die Leute kamen zu ihnen und waren aufgebracht. Die anderen, die Jünger des Johannes und die Jünger der Pharisäer, die fasteten nämlich und gingen in Sack und Asche, und die Anhänger Jesu saßen da, und feierten und machten es sich mit ihrem Meister gemütlich.

Nichts hat er zugelassen von der Kritik, unser Herr und Meister. Ganz im Gegenteil! In Schutz genommen hat er seine Jünger. "Jetzt ist Zeit zum Feiern!" hat er gesagt, "und Zeit es sich gemütlich zu machen."

Über- übermorgen, ab Mittwoch dann, da kann dann wieder gefastet werden. Jetzt aber, jetzt ist Zeit zum Feiern - Zeit, es sich gemütlich zu machen.

Nehmen wir den Auftrag Gottes, den diese Viertklässlerin so treffend ins Wort gebracht hat, deshalb ganz ernst, und machen wir es uns gemütlich, liebe Mit-Untertanen.

Amen.

Download-ButtonDownload-ButtonDownload-Button(gehalten am 25./26. Februar 2006 in der Antonius- und  Pauluskirche, Bruchsal)