Predigten aus der Praxis

Ansprachen für Sonn- und Festtage


4. Sonntag im Jahreskreis - Lesejahr B (Dtn 18,15-20)

Mose sprach zum Volk: Einen Propheten wie mich wird dir der Herr, dein Gott, aus deiner Mitte, unter deinen Brüdern, erstehen lassen. Auf ihn sollt ihr hören. Der Herr wird ihn als Erfüllung von allem erstehen lassen, worum du am Horeb, am Tag der Versammlung, den Herrn, deinen Gott, gebeten hast, als du sagtest: Ich kann die donnernde Stimme des Herrn, meines Gottes, nicht noch einmal hören und dieses große Feuer nicht noch einmal sehen, ohne dass ich sterbe. Damals sagte der Herr zu mir: Was sie von dir verlangen, ist recht. Einen Propheten wie dich will ich ihnen mitten unter ihren Brüdern erstehen lassen. Ich will ihm meine Worte in den Mund legen, und er wird ihnen alles sagen, was ich ihm auftrage. Einen Mann aber, der nicht auf meine Worte hört, die der Prophet in meinem Namen verkünden wird, ziehe ich selbst zur Rechenschaft. Doch ein Prophet, der sich anmaßt, in meinem Namen ein Wort zu verkünden, dessen Verkündigung ich ihm nicht aufgetragen habe, oder der im Namen anderer Götter spricht, ein solcher Prophet soll sterben. (Dtn 18,15-20)

Prophet müsste man sein! Damit könnte man heute ganz schön Geld machen.

Was meinen Sie, wie sich Banken und Geldinstitute, Wirtschaftsforscher und Anlageberater, wie die sich alle um einen Propheten reißen würden: einen, der wüsste, ob die Kurse morgen nach oben oder ob sie noch weiter nach unten gehen! Das wäre derzeit wohl einer der gefragtesten Menschen!

Ja, Prophet müsste man sein!

Liebe Schwestern und Brüder,

dabei ist mir schon klar, dass die biblische Vorstellung von Propheten eigentlich eine andere ist. Sie hat wenig mit unserem Wort prophezeien zu tun hat.

Es ging bei den Propheten damals ja nicht so sehr darum, dass sie die Zukunft vorhersagten. Propheten waren Menschen, die sagten, wo es lang geht - und das mit göttlicher Autorität.

Aber das würde ja auch schon reichen. Denn genau das wäre es ja, was wir brauchen: jemanden, der sagt, wo's lang geht, welche Entscheidungen richtig und welche falsch sind.

Wenn man da auf Israel zurückblickt, könnte man fast neidisch werden auf die Zeit, in der Gott sein Volk durch die Propheten ganz direkt angeleitet hat. Klarer und deutlicher konnte er ja gar nicht die entsprechende Richtung weisen. Was würden wir heute darum geben, wenn wir diese Möglichkeit hätten!

Gut, das sagen wir heute, aus der Rückschau, mit einem Abstand von vielen hundert Jahren. Aber Israel? Damals? Hatte es ihm wirklich so viel gebracht, dass Propheten im Volk aufgetreten waren? Es ist doch gar nicht so, dass da ein Prophet kam, die Richtung gezeigt hat und alle Welt ihm begeistert gefolgt ist. Man war ja auch damals darauf angewiesen, die Stimme des wahren Propheten aus der Menge der falschen, der Lügenpropheten herauszuhören, den, der mit göttlicher Autorität sprach, von demjenigen zu unterscheiden, der nur gefallen wollte und letztlich in seinen eigenen Geldbeutel gewirtschaftet hat.

Was ist denn mit schöner Regelmäßigkeit immer wieder passiert? Mit schlafwandlerischer Sicherheit haben die Menschen doch immer wieder auf die falschen Propheten gesetzt. So treffsicher, wie man heute den falschen Ratgebern auf den Leim geht.

Die richtigen Propheten, die, die wirklich zeigten wo's lang geht, die wurden damals doch gar nicht erkannt. Ganz im Gegenteil! Man hat ihnen das Reden verboten, sie aus dem Land geworfen oder ihnen gar nach dem Leben getrachtet. Dass genau das, die wahren Propheten waren - das hat man erst im Nachhinein gemerkt; meist erst dann, als es schon viel zu spät war.

Deshalb würden uns Propheten heute wahrscheinlich auch nicht viel weiter helfen; nicht in der Krise, die derzeit durch die Medien geistert, und genauso wenig in den Krisen, in denen unsere Welt und die Menschheit ansonsten ganz tief drinsteckt. Wir würden den wahren Propheten von all den Lügenpropheten genauso wenig unterscheiden können, wie es damals der Fall gewesen ist.

Dabei hätten die Menschen damals es eigentlich ganz gut gekonnt. Sie hätten nur das, was sie von Gott wussten, wirklich ernst nehmen müssen.

Die Propheten hatten ja nichts Neues verheißen. Sie hatten dem Gotteswillen, der ein für alle Mal dargelegt war, nur zur Geltung verholfen. Sie hatten nur geholfen, Gott richtig zu verstehen.

Eigentlich hätten die Menschen damals die Propheten erkennen müssen, genau so, wie wir eigentlich die richtigen Entscheidungen treffen könnten. Denn mittlerweile ist alles gesagt.

Das, was Gott uns mitzuteilen hatte, ist uns anvertraut. Die Propheten haben Jahrhunderte damit zugebracht, es uns deuten zu helfen. Und den Schlusspunkt hat Jesus Christus selbst gesetzt. Alles ist gesagt. Wir müssten es nur zur Kenntnis nehmen.

Und wir müssten uns dann nur daran halten.

Aber das ist ja vermutlich das eigentliche Problem: Nicht das Wissen, nicht das Erkennen, das Sich-daran-halten! Daran hat sich seit den Zeiten der Propheten nichts verändert. Das Wissen, das Erkennen das ist nicht das Problem. Was recht ist, wissen wir. Das einzige Problem, das wir wirklich haben, ist sich an das, was wir eigentlich sehr genau wissen, auch wirklich zu halten.

Amen.

Download-ButtonDownload-ButtonDownload-Button(gehalten am 31. Januar / 1. Februar 2009 in den Kirchen der Pfarrei St. Peter, Bruchsal)