Predigten aus der Praxis

Ansprachen für Sonn- und Festtage


1. Adventssonntag - Lesejahr B (Mk 13,24-37)

Jesus sprach zu seinen Jüngern: In jenen Tagen, nach der großen Not, wird sich die Sonne verfinstern, und der Mond wird

Kein Licht!

Im heutigen Evangelium geht es um alles, nur nicht um Licht. Zum Auftakt einer Zeit, die wir - wie keine andere - mit Kerzenschein und vielen Lichtern in Verbindung bringen, geht es im Evangelium um alles, nur nicht um Licht.

Ganz im Gegenteil: Es wird sogar davon gehandelt, dass die Sonne sich verfinstern, der Mond nicht mehr scheinen und selbst die Sterne - das letzte bisschen Licht, das es dann noch geben könnte - vom Himmel fallen. Von Dunkelheit und von Finsternis, davon ist heute die Rede.

Liebe Schwestern und Brüder,

als ob es nicht schon düster genug wäre. Als ob nicht schon genügend Menschen nur noch alles schwarzsehen, Weltuntergangsstimmung heraufbeschwören und kaum etwas Gutes von der Zukunft erwarten. Als ob nicht schon genug Angst vor der Zukunft herrscht - jetzt muss auch noch das Evangelium von düsteren und unheilvollen Zukunftsperspektiven sprechen.

Nicht wahr: Das ist ein Text, den man am liebsten gleich wieder auf die Seite legen würde. Es gibt ja zum Glück noch andere Stellen im Evangelium! Suchen wir uns doch einen anderen Text aus, einen, der vom Licht spricht, von der Freude, von Glück und Erfüllung. Nehmen wir uns einfach einen anderen Text und weg mit dieser düsteren Stimmung, weg damit aus diesem Gottesdienst!

Ja, aus diesem Gottesdienst vielleicht. Aber würde das etwas daran ändern - daran nämlich, dass viele heute eben von solch einer Stimmung erfüllt sind, von all den Ängsten, und all den vielfältigen Sorgen, die uns den Blick auf die Zukunft verstellen? Würde es daran denn etwas ändern, wenn wir uns einen anderen Text aussuchen würden?

Wir hätten dann zwar einen schönen Text in diesem Gottesdienst. Eine schöne, adventliche Stimmung hier in der Kirche. Wäre uns damit auch nur eine einzige Angst genommen? Wäre die Welt draußen deshalb auch nur um einen Deut heller geworden?

Ich denke, es wäre dann lediglich wie bei so vielem, was heute vorschnell unsere Gefühle betäubt: Es wäre nett, es wäre erbaulich, aber es wäre alles andere als hilfreich!

Das Evangelium geht da einen anderen Weg. Jesus weiß schließlich, dass wir Menschen Ängste haben. Und er weiß auch, dass wir Grund dazu haben. Er weiß, dass wir manchmal allen Grund dazu haben, uns Sorgen zu machen.

Nicht alles, was die Zukunft bringt, ist rosig. Auch im kommenden Jahr, wird uns manches weh tun, werden wir manchen Misserfolg landen, gibt es vieles, was unsere Gesundheit und unser Leben bedroht. Das ist so! Und dem gilt es ganz einfach, ganz nüchtern entgegenzusehen.

Manchmal ist unser Leben ganz einfach ziemlich dunkel. Und manchmal gibt es leider Gottes auch nur ganz wenig Licht zu sehen! Von solchen Zeiten spricht das Evangelium. Und es sagt uns ganz deutlich, dass es solche Zeiten gibt, auch für uns, auch für den, der glaubt!

Jesus macht uns nichts vor. Das Evangelium ist da sehr ehrlich. Und diese Ehrlichkeit ist viel mehr wert als alle falsche Gefühlsduselei. Denn sie ist wirklich hilfreich.

Das Evangelium bleibt schließlich bei der nüchternen Analyse nicht stehen. Es sagt uns ja weit mehr! Und das dürfen wir ihm dann mit der gleichen Zuverlässigkeit, genauso sicher abnehmen.

Jesus sagt trotz all der Dunkelheiten, durch die wir offenbar hindurch müssen: Seid wachsam! Gebt acht!

Die Finsternis hat nämlich ein Ende. Sie hat nicht das letzte Wort. Auch wenn es manchmal wirklich düster aussieht: Keine Nacht ist von Dauer! Und was noch viel wichtiger ist: Sie geht von alleine zu Ende! Das Licht kommt! Und es kommt von selbst. Wir müssen es nicht erst machen. Es ist nicht abhängig von unserer Leistung oder unserer je persönlichen Anstrengung. Wir brauchen es nur zu erwarten und dann ganz einfach zu entdecken.

Denn Licht bricht selten schlagartig durch. Und Licht ist auch lautlos. Es macht keinen großen Lärm. Es fängt irgendwo ganz klein und unscheinbar an, so wie eine kleine Kerzenflamme, ein kleines Licht, das ob all der Finsternis ganz leicht zu übersehen ist.

Manchmal ist es schon da, während wir noch laut klagen und weinen. Manchmal leuchtet es bereits, während wir noch über all die Ausweglosigkeiten sinnieren. Deshalb seid wachsam, schaut ganz genau hin. Manchmal wird es nämlich schon wieder hell, während wir überall immer noch nur die Finsternis sehen.

Christus diskutiert unsere Schatten nicht weg. Würde er das tun, würde er sie nur leugnen, dann würde er nichts an ihnen ändern. Aber er geht sie wirklich an, er macht sie hell; selten auf die Schnelle und auch nicht Hals über Kopf, aber oft schon, während wir noch den Kopf hängen lassen, oft schon, während wir nur die Finsternis sehen. 

Christus ist Licht und er vertreibt unsere Schatten und manchmal schon lange, bevor wir es überhaupt merken.

Amen.

Download-ButtonDownload-ButtonDownload-Button(gehalten am 27./28. November 1999 in der Peters- und Pauluskirche, Bruchsal)