Predigten aus der Praxis

Ansprachen für Sonn- und Festtage


Pfingstsonntag - Lesejahr A-C

 

Vergangenes Wochenende war ich unterwegs.

Das war gar nicht einfach - vor allem im Vorfeld. Was sollte ich auch einpacken? Ich musste mich gleichermaßen auf Regen, Sonne, Wärme und verspätete Eisheilige einstellen. Das Wetter war so wechselhaft, dass ich am Ende wieder viel zu viel dabei hatte.

Ich habe nur die Hälfte gebraucht, aber mitnehmen musste ich alles. Und es war gut so, denn letztlich war das Wetter ganz anders, als ich es anfangs erwartet hatte.

Liebe Schwestern und Brüder,

kaum etwas ist komplizierter, als sich auf ungewisse Situationen vorzubereiten. Man muss die unterschiedlichsten Dinge einpacken, um für alle Eventualitäten gerüstet zu sein.

Und das ganz egal, ob Sie übers Wochenende verreisen möchten oder letztlich für Monate oder sogar für ein ganzes Leben planen. Sie brauchen die unterschiedlichsten Utensilien, die unterschiedlichsten Fähigkeiten.

Vielleicht ist es deshalb auch nicht eine einzige Gabe, die Gottes Geist vermittelt. Vielleicht sind es genau deshalb so viele unterschiedliche Gaben, die uns sein Geist schenken will. Denn das Leben ist immer ungewiss und es braucht ganz außergewöhnliche Gaben, um auf die vielfältigen Herausforderungen wirklich reagieren zu können.

Gottes Geist rüstet uns für die Vielfalt.

Das ist - denke ich - ein wunderschöner Gedanke. Er könnte es ja auch anders angehen. Er könnte dafür sorgen, dass Leben völlig einförmig verläuft. Dann bräuchte es nur eine einzige Qualifikation.

Aber wäre das nicht langweilig? Macht nicht genau das den Reiz unseres Lebens aus, dass jeder Tag neu und jede Woche anders ist? Es ist doch gerade diese Vielfalt, die unser Leben so reich und lebendig macht.

Zugegeben, das sehen nicht alle so. Manchen macht genau diese Vielfalt Angst. Zumindest höre ich das immer wieder, wenn es darum geht, dass sich unsere Gesellschaft verändert, vielschichtiger und bunter wird. Dann heißt es ganz schnell: 'Man kennt sich ja gar nicht mehr aus' und 'Es soll möglichst alles so bleiben, wie es einmal war'. Zugegeben: Veränderungen sind erst einmal unbequem und da und dort sind sie auch Anlass zu mancherlei Befürchtungen.

Aber was wäre das Leben, wenn wir immer nur auf der Stelle treten würden. Was wäre das Leben, wenn alles einförmig und gleich wäre? Menschliches Leben, wirklich menschlich wäre das nicht. Zum Menschsein gehört Veränderung und Vielfalt dazu.

Wenn Sie Einheitlichkeit durchsetzen wollten, wenn sie beispielsweise versuchen würden, alle Menschen auf die gleiche Größe zu bringen, Sie kämen nicht umhin, einige einen Kopf kürzer zu machen. Und das passiert ja genau dort, wo Uniformität durchgesetzt werden soll. Genau dort bleiben Menschen letztlich auf der Strecke. Und manchmal verlieren sie dabei tatsächlich den Kopf.

Und was hier für unsere Gesellschaft im Ganzen gilt, das gilt nicht weniger für Kirche. Auch die Kirche Jesu Christi ist vielfältig, so wie die Menschen vielfältig sind.

Das ist kein Widerspruch zur Einheit der Kirche. Einheit gibt es immer nur in Verschiedenheit und Vielfalt.

Wer keine Vielfalt möchte, der bekommt Einfalt. Und manche Vorstellungen von der Einheit der Kirche, dass nämlich überall alles gleich gemacht werden müsse, dass alle das gleiche denken und Glaube sich überall gleich äußern würde, manche solcher Vorstellungen muten recht häufig sehr einfältig an.

Kirche war und wird immer vielfältig sein. Wenn deshalb immer wieder damit argumentiert wird, es dürfe hier in Deutschland keine Sonderwege geben und wir seien doch eine Weltkirche und deshalb könne man die oder jene Reform gar nicht erst angehen, weil alles immer weltkirchlich gedacht werden müsse, dann geht das schon an der Wirklichkeit von Kirche vorbei.

Aber was noch viel schwerer wiegt, es geht an diesem Gott, dem wir doch eigentlich folgen möchten, es geht an diesem Gott vorbei. Denn dieser Gott ist kein einfältiger, er ist ein dreifaltiger Gott. Und deshalb sind die Gaben seines Geistes auch nicht einfältig, sie sind vielfältig. Denn sie wollen uns für dieses Leben rüsten, sie wollen uns in allen Eventualitäten stärken und immer genau jene Kraft schenken, die wir in diesem Augenblick letztlich brauchen.

Deshalb sind die Gaben des Geistes so vielfältig - so vielfältig und bunt wie diese Kirche, so vielfältig wie das Leben eben.

Amen.

Download-ButtonDownload-ButtonDownload-Button(gehalten am 6. Juni 2022 in der Kirche Hl. Kreuz, Ettenheim - Münchweier)