Predigten aus der Praxis

Ansprachen für Sonn- und Festtage


11. Sonntag im Jahreskreis - Lesejahr A (Mt 9,36-10,8)

In jener Zeit, als Jesus die vielen Menschen sah, hatte er Mitleid mit ihnen; denn sie waren müde und erschöpft wie Schafe, die keinen Hirten haben. Da sagte er zu seinen Jüngern: Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenig Arbeiter. Bittet also den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden. Dann rief er seine zwölf Jünger zu sich und gab ihnen die Vollmacht, die unreinen Geister auszutreiben und alle Krankheiten und Leiden zu heilen. Die Namen der zwölf Apostel sind: an erster Stelle Simon, genannt Petrus, und sein Bruder Andreas, dann Jakobus, der Sohn des Zebedäus, und sein Bruder Johannes, Philippus und Bartholomäus, Thomas und Matthaus, der Zöllner, Jakobus, der Sohn des Alphäus, und Thaddäus, Simon Kananäus und Judas Iskariot, der ihn später verraten hat. Diese Zwölf sandte Jesus aus und gebot ihnen: Geht nicht zu den Heiden, und betretet keine Stadt der Samariter, sondern geht zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel. Geht und verkündet: Das Himmelreich ist nahe. Heilt Kranke, weckt Tote auf, macht Aussätzige rein, treibt Dämonen aus! Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben. (Mt 9,36-10,8)

Vielleicht erinnern Sie sich noch. Es ist noch gar nicht so lange her: Im Frühjahr 1998 war es, da schoss hier um die Ecke allüberall der Spargel ins Kraut - nicht, weil sich niemand für ihn interessiert hätte; nicht, weil der Markt zu voll und kein Bedarf an frischem Spargel vorhanden gewesen wäre, nicht einmal, weil irgendein Landwirt geschlampt und sich einfach nicht um die Ernte gekümmert hätte. Das edle Gemüse verkam auf den Feldern, weil keiner da war, der es hätte ernten können.

Eine unsinnige Politik und völlig an der Realität vorbeigehende Verordnungen hatten das Einstellen von zusätzlichen Erntehelfern aus Osteuropa nämlich verhindert.

Liebe Schwestern und Brüder,

damals hätte man die Herren der Ernte nicht lange zu bitten gebraucht. Sie hätten gerne Arbeiter in die Ernte geschickt. Und es wären ja auch genügend da gewesen - man ließ sie nur nicht.

Wenn es immer so einfach wäre! Bei manchen Ernten kann man suchen, wie man will, es sind einfach keine Arbeiter zu finden. Wenn ich an den Anfang des heutigen Evangeliums zurückdenke, dann muss ich unwillkürlich an Äcker denken, die heute nicht nur nicht abgeerntet werden, sondern gar unbestellt bleiben, weil einfach keine Arbeiter da sind.

Wenn wir im Herbst in die neu zu errichtende Seelsorgeeinheit starten, dann wird das Fehlen von Arbeitern eines unserer größten Probleme sein: Wir starten für alle drei Pfarreien mit weniger Personal, als noch vor 10 Jahren eine einzelne Pfarrei für sich allein zur Verfügung hatte. Und selbst die zugesagte Verstärkung in Person einer zusätzlichen Gemeindereferentin wird lediglich ein Wunschtraum bleiben - nicht weil das Geld dafür nicht da wäre, sondern einzig und allein deshalb, weil es niemanden mehr gibt, der diese Stelle ausfüllen könnte.

Wenn es immer so einfach wäre, dass man die Arbeiter nur rufen müsste und schon wären genügend Kräfte da... Manchmal kann man rufen, so laut man will. Wenn keiner da ist, um die Rufe zu hören, dann wird auch kaum jemand reagieren.

"Bittet also den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden."

Dieser Satz aus dem heutigen Evangelium scheint mir von daher von einer Aktualität zu sein, die an Dringlichkeit kaum noch zu überbieten ist.

Tun wir es deshalb. Und tun wir es mit aller gebotenen Intensität. Bitten wir den Herrn, und seien wir sicher, dass der Herr unserer Ernte, der Gott Vater selber ist, dieses Bitten nicht nur hört, sondern auch erhört.

Ich hoffe dann nur auf eines.

Es wird am Ende ja hoffentlich nicht so sein, dass der Herr der Ernte schon Arbeiter schicken möchte und dass er auch Arbeiter und Arbeiterinnen in ausreichender Zahl hätte. Es wird am Ende ja hoffentlich nicht so sein, dass es ihm ganz ähnlich geht wie den Pfälzer Spargelbauern im Jahre 1998. Hoffentlich ist es am Ende nicht so, dass genügend Arbeiter da wären und nur realitätsfremde Vorschriften und eine unsinnige Politik ihren Einsatz verhindern.

Es wäre ja nicht auszudenken, wenn der Herr der Ernte am Ende Frauen oder verheiratete Arbeiter rufen würde und die nicht zum Einsatz kämen, weil Traditionen und Vorschriften dagegen stehen.

Als damals der Spargel ins Kraut schoss, haben die zuständigen Ministerien aus den Ereignissen von 1998 recht rasch gelernt. Und sie haben - gottlob - die entsprechenden Konsequenzen gezogen.

Deshalb bleibt mir nur zu hoffen, dass der Herr der Ernte sich nicht nur um Arbeiter und Arbeiterinnen kümmert, sondern dass er darüber hinaus gegen alles angehen wird, was ihrem Einsatz entgegensteht.

Dass er den Verantwortlichen all die Weisheit schenkt, die sie dringend brauchen, um die notwendigen Schritte zu gehen, darum bitte ich deshalb vor allem anderen. Und ich tue es allem voran um der Ernte willen.

Amen.

Download-ButtonDownload-ButtonDownload-Button(gehalten am 15./16. Juni 2002 in der Peterskirche, Bruchsal)