Predigten aus der Praxis

Ansprachen für Sonn- und Festtage


21. Sonntag im Jahreskreis - Lesejahr A (Mt 16,13-20)

In jener Zeit, als Jesus in das Gebiet von Cäsarea Philippi kam, fragte er seine Jünger: Für wen halten die Leute den Menschensohn? Sie sagten: Die einen für Johannes den Täufer, andere für Elija, wieder andere für Jeremia oder sonst einen Propheten. Da sagte er zu ihnen: Ihr aber, für wen haltet ihr mich? Simon Petrus antwortete: Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes! Jesus sagte zu ihm: Selig bist du, Simon Barjona; denn nicht Fleisch und Blut haben dir das offenbart, sondern mein Vater im Himmel. Ich aber sage dir: Du bist Petrus - der Fels-, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen, und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen. Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; was du auf Erden binden wirst, das wird auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das wird auch im Himmel gelöst sein. Dann befahl er den Jüngern, niemand zu sagen, dass er der Messias sei. (Mt 16,13-20)

Liebe Schwestern und Brüder,

im Eingangsbereich des Pfarrhauses steht ein kleiner Schrank, so ein Schränkchen, in dem halt Plakate, Kirchenführer und Postkarten untergebracht sind. Letzthin hätte ich etwas von diesen Sachen gebraucht, jemand wollte dringend eines von den Plakaten haben, die in diesem Schrank untergebracht waren. Und das wäre im Prinzip ja auch kein Problem gewesen, nur: Der Schlüssel fand sich nicht! Bei den Umbaumaßnahmen der vergangenen Monate, da scheint der kleine Schlüssel zu diesem Schrank ganz einfach abhandengekommen zu sein. Sei es, wie es wolle, der Schlüssel war weg und der Schrank war zu. Und das blieb er auch eine gute Stunde lang. Fast eine Stunde habe ich an der Tür herumgewürgt, um das Schloss halt irgendwie aufzubrechen, um den Schrank doch noch öffnen zu können. Der Schrank im Eingangsbereich des Pfarrhauses ist nun wieder offen, und die Türe sieht jetzt dementsprechend aus.

Zwischendurch aber, da musste ich einmal daran denken, was ich denn gemacht hätte, wenn er sich nicht hätte aufbrechen lassen, wenn er einer von den Schränken gewesen wäre, die ohne Schlüssel halt wirklich nicht aufgehen, einer von der Art wie unser Panzerschrank etwa, bei dem halt ohne Schlüssel wirklich nichts zu machen ist. Es gibt schließlich Türen, die kann man nicht eintreten, die lassen sich nicht mir nichts, dir nichts einfach aufbrechen. Es gibt Türen, die gehen eben nur mit dem entsprechenden Schlüssel auf. Und wenn man ohne den passenden Schlüssel vor solch einer Türe steht, da sieht man dann ganz schön alt aus!

Und bei einer Türe, da sieht man dann ganz besonders alt aus. Ich fürchte nämlich, dass die Himmelstür auch solch eine Türe ist, eine von diesen Türen, die sich nicht aufbrechen lassen, die man nicht anders öffnen kann als mit dem entsprechenden Schlüssel eben.

Ich brauche einen Schlüssel für den Himmel. Und wie dieser Schlüssel aussehen muss, wie er beschaffen sein muss, das sagt mir Jesus zur Genüge. Und er mahnt mich auch immer wieder, diesen Schlüssel zu suchen, jenen Schlüssel, den mein Glaube zu Gott darstellt. Der feste Glaube an diesen Gott, das ist, wie Jesus immer wieder betont, der sichere Schlüssel zu diesem Reich der Himmel. Ihn brauche ich für diese Tür.

Was aber, wenn ich genau ihn nicht finden kann? Was, wenn ich diesen Schlüssel, den wirklich festen Glauben an Gott nicht finde? Was, wenn dieser Glaube zu schwach ist, so von Zweifeln und Fragen durchsetzt, dass er kaum in der Lage sein wird, ein wirklich stabiles Schloss tatsächlich aufzusperren? Was mache ich, wenn ich ohne den rechten Schlüssel vor dieser Himmelstür stehe?

Nun, ich warte auf jemanden, der den Schlüssel hat! Ich denke, das ist wie bei jeder anderen Tür auch! Ich brauche eine Türe ja nicht unbedingt selber, nicht unbedingt alleine aufzuschließen, um dann wirklich hindurchgehen zu können. Es genügt, wenn jemand da ist, der den Schlüssel hat!

Und wenn es darum geht, dass unser Glaube dieser Schlüssel ist, dann können wir ja versuchen, das, was wir jeweils an Glauben haben, ganz einfach zusammenzulegen. Das bisschen Glauben, das jeder von uns hat - wenn wir das alle zusammenlegen, dann wird das ein starker, ein fester, ein stabiler Glaube, ein prächtiger Schlüssel, der uns allen das Tor im Letzten öffnet.

Vielleicht würde es ja der eine oder die andere auch alleine schaffen. Ob das bei uns allen funktionieren würde, das frage ich mich. Ich weiß nicht, ob jeder für sich allein das Tor, von dem Jesus spricht, tatsächlich überwinden würde. Nicht umsonst spricht Christus davon, dass er eine Gemeinschaft stiftet, die Gemeinschaft der Glaubenden, der er - stellvertretend in diesem Petrus - den Schlüssel mitgibt. Die er gemeinsam auf den Weg schickt, als Gemeinschaft der Glaubenden in dieses Reich einzuziehen. Deshalb denke ich, dass es weit besser ist, sich gemeinsam zu diesem Tor hin aufzumachen. Weil wir zusammen - davon bin ich überzeugt - weil wir zusammen alle so viel Glauben mitbringen, dass er das Tor zu diesem Reich, von dem Jesus Christus spricht, öffnet.

Halten wir uns daher ganz arg aneinander fest, achten wir darauf, dass keiner von uns irgendwie zurückbleibt, damit niemand letztlich alleine vor dieser Türe stehen muss. Und vertrauen wir darauf, dass wir als Gemeinschaft, die um Jesus Christus versammelt ist, das Tor schon öffnen werden.

Und selbst wenn die Türe dann immer noch klemmen sollte, für diesen Fall, da dürfen wir dann wirklich felsenfest darauf vertrauen, dass da Jesus selbst dann mit Hand anlegen wird. Denn wirklich verschlossen war das Tor nur, bevor Christus, der Heiland, trat hervor.

Amen.

Download-ButtonDownload-ButtonDownload-Button(gehalten am 24./25. August 1996 in der Pauluskirche, Bruchsal)