Predigten aus der Praxis

Ansprachen für Sonn- und Festtage


10. Sonntag im Jahreskreis - Lesejahr A (Hos 6,3-6)

Lasst uns streben nach Erkenntnis, nach der Erkenntnis des Herrn. Er kommt so sicher wie das Morgenrot; er kommt zu uns wie der Regen, wie der Frühjahrsregen, der die Erde tränkt. Was soll ich tun mit dir, Efraim? Was soll ich tun mit dir, Juda? Eure Liebe ist wie eine Wolke am Morgen und wie der Tau, der bald vergeht. Darum schlage ich drein durch die Propheten, ich töte sie durch die Worte meines Mundes. Dann leuchtet mein Recht auf wie das Licht. Liebe will ich, nicht Schlachtopfer, Gotteserkenntnis statt Brandopfer. (Hos 6,3-6)

Ich glaube es war ein bekannter Regisseur, der einmal gesagt hat: "Die Hochzeit eignet sich vortrefflich zum Lustspiel, die Ehe eher zur Tragödie!"

Liebe Schwestern und Brüder,

ich schaue jetzt ganz bewusst nicht drauf, ob jemand von ihnen ganz verstohlen nickt oder gar seine Zustimmung durch einen schweren Seufzer kundtut. Aber so ein bisschen dürfte schon dran sein. Hängt bei der Hochzeit der Himmel noch voller Geigen - im Laufe der Jahre geht manches vom ursprünglichen Glanz verloren.

Und bekannt ist in diesem Zusammenhang ja der Witz, der davon handelt, dass die Tiere, die da eine Rolle spielen, nach und nach immer größer würden. Aus dem anfänglichen Maus und Hasi wird dann häufig Ziege und dumme Kuh.

Ich bin mir jetzt nicht sicher, ob das alles einfach menschlich ist - normal halt - und kein besonderes Drama. Der Alltag schleift zugegebenermaßen vieles ab und da bleibt wenig Zeit für rosarote Wolken. Liebe wird dann halt ein gutes Stück geerdeter. Man schwebt schon lange nicht mehr, sondern steht mit beiden Beinen auf dem Boden. Und das hat ja im Grunde auch seine ganz eigene Qualität.

Es ist aber nicht ohne Gefahr.

Solange Liebe eine andere Qualität bekommt, solange ist ja gar nichts dagegen zu sagen. Was aber, wenn die Liebe erstirbt? Was, wenn man feststellen muss, dass der Partner für einen selbst nach all der Zeit eigentlich gar nichts mehr empfindet. Das Gefühl muss grausam sein...

Und genau so, genau so fühlt sich offenbar Gott in der heutigen Lesung.

"Eure Liebe ist wie eine Wolke am Morgen und wie der Tau, der bald vergeht."

Der Partner, den er sich erwählt hat, den er sich sogar angetraut hat, sein Volk, die Menschen, sie empfinden nicht mehr für ihn. So zumindest empfindet er es. Und wie sollte Gott sich irren.

Und er bringt es in jenes drastische Bild, das einem im Blick auf Liebe und Partnerschaft schon fast das Blut in den Adern gefrieren lässt: "Eure Liebe ist wie der Tau, der bald vergeht." Nach den ersten Stunden des Tages ist nichts mehr davon zu spüren. Geblieben ist nur noch eines: Brandopfer und Schlachtopfer, reine Pflichterfüllung eben.

Wenn aus einer Beziehung allerdings Pflichterfüllung wird, dann ist die Liebe schon lange gestorben.

Allen, die heute ihre Pflicht erfüllen, die wegen der Sonntagspflicht gekommen sind, allen, die es als ihre Schuldigkeit ansehen, Gott einen Dienst zu leisten, die ihren Glauben leben und schwer unter dieser Last zu tragen haben und stöhnen, all denen sagt Gott, dass er mit Pflichterfüllung nicht viel anzufangen weiß. Wo man nur noch seine Pflicht erfüllt, dort ist Liebe nämlich schon lange erstorben.

Und die Bibel schildert Gott wie einen orientalischen Liebhaber: Genauso reagiert er - wie ein feuriger Liebhaber, der entdecken muss, dass seine Leidenschaft auf keinerlei Gegenliebe mehr stößt. Seine Enttäuschung ist grenzenlos. Sie ist nicht zu übersehen.

Das ist die Botschaft des heutigen Sonntages, Botschaft für uns alle: Gott verlangt nach, ja er bettelt richtiggehend um unser Liebe. Er will Gotteserkenntnis, keine Brand- und keine Schlachtopfer, Liebe will er, keine Pflichterfüllung.

Schauen wir einfach hin, wo sie zu solcher verkommen ist, unsere Beziehung zu Gott, wo von wirklichem Gefühl kaum mehr etwas zu spüren ist. Und gehen wir notfalls dagegen an. Notfalls den Kurs korrigieren. Es lohnt sich - und nicht nur im Blick auf Gott...

Download-ButtonDownload-ButtonDownload-Button(gehalten am 5. Juni 2005 in der Paulus- und Antoniuskirche, Bruchsal)