Predigten aus der Praxis

Ansprachen für Sonn- und Festtage


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11. Sonntag im Jahreskreis - Lesejahr B (Ez 17,22-24)
Patrozinium St. Anton

So spricht Gott, der Herr: Ich selbst nehme ein Stück vom hohen Wipfel der Zeder und pflanze es ein. Einen zarten Zweig aus den obersten Ästen breche ich ab, ich pflanze ihn auf einen hoch aufragenden Berg. Auf die Höhe von Israels Bergland pflanze ich ihn. Dort treibt er dann Zweige, er trägt Früchte und wird zur prächtigen Zeder. Allerlei Vögel wohnen darin; alles, was Flügel hat, wohnt im Schatten ihrer Zweige. Dann werden alle Bäume auf den Feldern erkennen, dass ich der Herr bin. Ich mache den hohen Baum niedrig, den niedrigen mache ich hoch. Ich lasse den grünenden Baum verdorren, den verdorrten erblühen. Ich, der Herr, habe gesprochen, und ich führe es aus. (Ez 17,22-24)

Wir hatten im Haus einen Osterstrauß - ist schon einige Jahre her.

Sie kennen solche Sträuße: Zweige, an die man die ausgeblasenen und bunt bemalten Eier hängt. Solche Sträuße sind schön, aber wenn die Osterzeit zu Ende ist, dann haben sie wieder für ein Jahr ausgedient. Die Eier wandern zurück in die Schachtel, und die Zweige in den Müll oder auf den Kompost.

Liebe Schwestern und Brüder,

bei dem Osterstrauß, an den ich heute denke, war in jenem Jahr allerdings eines anders. Er landete nicht komplett auf dem Kompost. Als die Osterdekorationen abgeräumt, und die Eier verpackt waren, gab es einen Zweig, der in den Wochen der Osterzeit deutlich sichtbar an seinem unteren Ende ein paar Wurzeln angesetzt hatte.

"Ist ja spaßig", dachte ich, und steckte ihn - ohne größere Anstalten - draußen neben der Treppe einfach in die Erde. Sie ahnen, was geschehen ist: Nach wenigen Wochen hatte er neue Blätter bekommen. Und dann hat er zu wachsen begonnen. Und nach recht kurzer Zeit war er schon mehrere Zentimeter größer geworden und hatte sogar neue Äste getrieben.

Ich habe ihn daraufhin wieder aus dem Boden genommen und in den Pfarrgarten gepflanzt. Und mittlerweile, nach nur ganz wenigen Jahren, ist der Zweig von damals weit über fünf Meter hoch. Er ist ein wahrhaft mächtiger Baum geworden. Und all die teuren, und mit viel Aufwand gepflanzten anderen Bäumchen im Pfarrgarten sind dagegen richtig mickrig, und schauen in seinem Schatten ganz schön dürftig aus.

An diesen Baum musste ich bei der Lesung aus dem Ezechielbuch, die wir heute gehört haben, denken. Gott nimmt solch einen kleinen Zweig und pflanzt ihn neu ein. Und er treibt und er wird größer. Er wird zu einem mächtigen Baum.

Und was unseren Baum im Garten mit dem Baum des Propheten Ezechiel verbindet, das ist der Umstand, dass wir gar nichts dazu beigetragen haben. Das geht wie von selbst. Gott macht das ganz allein. Da braucht es keine Planungen, keine Konzeptionen und auch keine langen Überlegungen. Man muss nur wachsen lassen.

Den Zweig auszureißen und wegzuwerfen oder gar nicht erst Wurzeln schlagen zu lassen, das wäre fatal. Das aber ist das einzige, was man wirklich tun muss: Man muss im rechten Augenblick, nur einfach wachsen lassen. Und dann entsteht ein Baum, der größer wird, als alles, was man sich vorstellen kann.

Das ist eine großartige Verheißung, die wir da bei Ezechiel finden. Der Prophet gibt sie einem Volk in der Verbannung, Menschen die gesehen hatten, wie alles den Bach runter ging. Sie waren in die Hand der Feinde gefallen, verschleppt worden, die Heimat war vernichtet und selbst der Tempel ein Raub der Flammen geworden.

Diesen Menschen gibt Gott die Verheißung vom mächtigen Baum, den er aus dem kleinen Reiß wieder erwachsen lässt. Er verheißt, dass selbst da, wo alles zum Ende gekommen zu sein scheint, dass es selbst da weiter geht! Gott selbst sorgt dafür, dass es weitergeht.

Das haben die Menschen in Bruchsal auch schon erfahren, damals, als hier die Stadt in Trümmern lag. Das haben all diejenigen erfahren, die ihre Heimat verloren haben und verschleppt wurden. Und das werden Menschen auch weiterhin erfahren! Es ist nicht zuletzt biblische Verheißung.

Heute, wo viele wieder nur darauf schauen, dass so vieles zu Ende geht, wo viele wieder nur den Zusammenbruch sehen und dass so vieles nicht mehr ist und es vor allem nie mehr so sein wird, wie es früher einmal war, genau heute bekommt diese Verheißung wieder ganz neue Bedeutung. Und eigentlich müsste sie uns eine ganz gehörige Portion Mut machen - und vor allem Vertrauen.

Wir bekommen da nämlich ein Versprechen: Gott wird nicht locker lassen. Selbst da, wo nach unserem Dafürhalten alles zu Ende gekommen ist, selbst da lässt er wachsen. Mögen auch noch so viele Kirchtürme auf Zukunft hin fallen, Gott pflanzt schon jetzt seine Zweige in die Erde und die Bäume werden sprießen, sie werden wie neue Türme in den Himmel wachsen. Und in ihren Ästen werden die Vögel des Himmels nisten und die Kinder werden in ihrem Schatten spielen.

Der Prophet Ezechiel verheißt es uns.

Und der Heilige Antonius, er bitte für uns.

Amen.

Download-ButtonDownload-ButtonDownload-Button(gehalten am 13./14 Juni 2009 in der Peters- und Antoniuskirche, Bruchsal)