Predigten aus der Praxis

Ansprachen für Sonn- und Festtage


27. Sonntag im Jahreskreis - Lesejahr B (Gen 2,18-24)

Dann sprach Gott, der Herr: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein bleibt. Ich will ihm eine Hilfe machen, die ihm entspricht. Gott, der Herr, formte aus dem Ackerboden alle Tiere des Feldes und alle Vögel des Himmels und führte sie dem Menschen zu, um zu sehen, wie er sie benennen würde. Und wie der Mensch jedes lebendige Wesen benannte, so sollte es heißen. Der Mensch gab Namen allem Vieh, den Vögeln des Himmels und allen Tieren des Feldes. Aber eine Hilfe, die dem Menschen entsprach, fand er nicht. Da ließ Gott, der Herr, einen tiefen Schlaf auf den Menschen fallen, so dass er einschlief, nahm eine seiner Rippen und verschloss ihre Stelle mit Fleisch. Gott, der Herr, baute aus der Rippe, die er vom Menschen genommen hatte, eine Frau und führte sie dem Menschen zu. Und der Mensch sprach: Das endlich ist Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch. Frau soll sie heißen; denn vom Mann ist sie genommen. Darum verlässt der Mann Vater und Mutter und bindet sich an seine Frau, und sie werden ein Fleisch. (Gen 2,18-24)

"Wann wird's mal wieder richtig Sommer, ein Sommer wie er früher einmal war - ja, mit Sonnenschein von Juni bis September und nicht so nass und so sibirisch wie im letzten Jahr"

Liebe Schwestern und Brüder,

die Älteren von Ihnen werden an dieses Lied von Rudi Carrell noch erinnern. Als ich vergangenen Sommer die unterschiedlichen Wetterberichte gehört habe, musste ich immer wieder an ihn denken: ein verregneter, nasskalter Sommer.

Und wenn es dann einmal nicht regnet, wenn dann beständig schönes Wetter angesagt ist, dann klettern die Temperaturen gleich auf weit über 30 Grad und es ist in den Wohnungen kaum noch auszuhalten. Von den Unwetterkatastrophen mit Millionenschäden und Toten ganz zu schweigen.

Und nach allen Prognosen wird das nicht besser werden, wir werden mit Wetterkapriolen, mit Überschwemmungen, Stürmen, Hitze und Dürre leben müssen. Und wir sind selbst schuld daran. Unser Raubbau an der Natur, unser Umgang mit unserer Umwelt, unsere Rücksichtslosigkeit all unseren natürlichen Ressourcen gegenüber... all das rächt sich jetzt - und zwar so, dass es auch wirklich der Letzte nicht mehr übersehen kann!

Wir haben uns versündigt und wir versündigen uns immer weiter. Und nicht nur an der Natur! Unsere Welt ist Gottes Schöpfung und ihm gehört sie auch. Uns ist sie nur anvertraut und wir sollen sie nicht nur hegen und pflegen wir sollen sie mit Gott zusammen zur Vollendung führen.

Seit Jahrhunderten hätten wir das schon in der Schrift lesen können. Von wegen, macht euch die Erde untertan! Einseitiger konnte man die Bibel gar nicht auslegen.

Stellen wie die, die wir in der heutigen Lesung gehört haben, sprechen nämlich eine ganz andere Sprache.

Da werden schließlich nicht nur Namen an Tiere verliehen! Namensgebung bei den Orientalen ist immer etwas ganz Besonderes. Wenn man jemandem einen Namen gibt, dann gibt man ihm nicht nur eine Bezeichnung. Für den Orientalen ist der Name die Umschreibung des ganzen Wesens. Der Name eines Tieres ist nicht nur ein Etikett zur Unterscheidung. Mit dem Namen wird seine Bedeutung umschrieben, beschrieben, welche Rolle es spielen soll.

In der Lesung, die wir eben gehört haben, passiert deshalb weit mehr, als dass Tiere einen Namen erhalten. Der jeweilige Platz eines Geschöpfes in Gottes Schöpfung wird hier festgelegt.

Und Gott tut das mit dem Menschen gemeinsam. Das ist eine ungeheure Aussage. Gott macht den Menschen zum "Concreator", zum "Mitschöpfer". Er baut die Schöpfung gleichsam mit dem Menschen zu Ende.

So wie ein Vater etwa aus Holzklötzchen mit seinem Kind eine Burg baut. Und wir, wir benehmen uns dabei, wie jene Rotznasen, die nicht mitbauen, sondern einfach alles wieder über den Haufen werfen.

So etwas geht aber nur mit Bauklötzchen einigermaßen gut - nicht mit einer Welt, auf deren Funktionieren wir selbst angewiesen sind.

Gott hat uns in die Verantwortung genommen und das mit gutem Grund. Es ist nämlich nicht nur seine, es ist auch unsere Welt - eine, die wir mitgestalten können, die so sein soll, dass wir uns darin wohl fühlen. Und die auch so sein kann, wenn wir in Verantwortung vor Gott die Welt nicht beherrschen, sondern hegen und pflegen als ein hohes Gut, das uns von Gott selbst anvertraut worden ist.

Der heutige Tag, der Erntedanktag, will uns das wieder ganz besonders in Erinnerung rufen.

Voller Dankbarkeit stehen wir heute vor all dem, was uns geschenkt wurde. Und wir stehen voller Entsetzen vor all dem, was wir schon kaputtgeschlagen haben.

Aber wir stehen hier nicht ohne Hoffnung. Wir stehen hier auch voller Vertrauen darauf, dass wir mit Gott gemeinsam die schon bestehenden Wunden der Schöpfung zu heilen in der Lage sind.

Wenn jeder nur auf sich sieht, wird es nicht gelingen.

Wenn all die Staatsmänner, die ansonsten Gott oder derzeit auch das Wort Demut so gerne im Munde führen, dann, wenn es um unsere Umwelt geht, nur eigene Interessen und wirtschaftliche Überlegungen gelten lassen, dann ist es schon verloren.

Wenn wir uns aber wirklich unserer Verantwortung bewusst werden und mit Gott und vor Gottes Angesicht umsichtig ans Werk gehen, dann ist vielleicht noch etwas zu retten.

Und wer weiß, vielleicht wird's dann wirklich wieder einmal Sommer, ein Sommer, wie er früher einmal war, mit Schauern, die nicht gleich die Keller überfluten, mit Winden, die nicht gleich die Bäume entwurzeln und vor allem mit Sonnenschein von Juni bis September, Sonnenschein, den unsere Kinder auch ohne gleich Angst vor Ozonloch und Hautkrebs haben zu müssen, wirklich genießen können.

Amen.

Download-ButtonDownload-ButtonDownload-Button(gehalten am 2./3. Oktober 2021 in der Kirche St. Nikolaus, Ettenheim-Altdorf und St. Landelin, Ettenheim-Ettenheimmünster)