Kar- und Ostertage 2020

ein wahrhaft besonderes Osterfest


... keinen Bestand haben

4. Ostersonntag, 3. Mai 2020

In jener Zeit sprach Jesus: Amen, amen, ich sage euch: Wer in den Schafstall nicht durch die Tür hineingeht, sondern anderswo einsteigt, der ist ein Dieb und ein Räuber. Wer aber durch die Tür hineingeht, ist der Hirt der Schafe. Ihm öffnet der Türhüter und die Schafe hören auf seine Stimme; er ruft die Schafe, die ihm gehören, einzeln beim Namen und führt sie hinaus. Wenn er alle seine Schafe hinausgetrieben hat, geht er ihnen voraus und die Schafe folgen ihm; denn sie kennen seine Stimme. Einem Fremden aber werden sie nicht folgen, sondern sie werden vor ihm fliehen, weil sie die Stimme der Fremden nicht kennen. Dieses Gleichnis erzählte ihnen Jesus; aber sie verstanden nicht den Sinn dessen, was er ihnen gesagt hatte. Weiter sagte Jesus zu ihnen: Amen, amen, ich sage euch: Ich bin die Tür zu den Schafen. Alle, die vor mir kamen, sind Diebe und Räuber; aber die Schafe haben nicht auf sie gehört. Ich bin die Tür; wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden; er wird ein- und ausgehen und Weide finden. Der Dieb kommt nur, um zu stehlen, zu schlachten und zu vernichten; ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben.

Evangelium nach Johannes 10, 1–10

Eine der eindrücklichsten Szenen des Alten Testamentes überliefert das siebte Kapitel des Jesajabuches. Juda ist in Gefahr. Eine gewaltige militärische Übermacht ist im Anmarsch. Der König inspiziert die Wasserversorgung der Stadt, denn ohne sie kann man keiner Belagerung standhalten. König Ahas bereitet alles minutiös vor. Nichts überlässt er dem Zufall.

Da begibt sich Jesaja mit seinem kleinen Sohn zu ihm aufs Walkerfeld, wo die militärischen Vorkehrungen für die Verteidigung getroffen werden. Jesaja bietet dem König ein Zeichen vom Herrn an. Der aber will davon nichts wissen. Daraufhin spricht Jesaja eines seiner berühmtesten Worte. Er macht dem König unmissverständlich klar, dass all sein Sorgen und Planen nichts fruchten wird, wenn er sich nicht in Gott festmacht. Ob der König und das Volk gerettet wird, hängt nämlich nicht an seinen Vorbereitungen und seiner Umsicht. Letztlich hängt es allein von Gott und seinem Willen ab.

dunkle Schlucht

Muss ich auch wandern
durch finstere Schlucht ...

Foto: Jörg Sieger

"Wenn Ihr keinen Stand nehmt in Gott, werdet Ihr keinen Bestand haben!"

lautet die wörtliche Übertragung des Satzes, den man im Deutschen oft mit

"Glaubt ihr nicht, so bleibt ihr nicht!" (Jesaja 7,9)

wiedergibt.

Was der Prophet seinem König entgegenschleudert, gilt zu allen Zeiten und in allen Situationen. Unser Planen ist wichtig. Ohne unser Tun geschieht nichts. Ohne dass Gott aber die Dinge so zusammenfügt, dass sie für uns wirklich zum Guten gereichen, ist all unser Planen und Sorgen von vorneherein nichtig.

In unserem Land läuft man selten Gefahr, zu wenig zu planen. Die wenigsten Menschen bei uns sind so gestrickt, dass sie die Hände länger in den Schoß legen. Wir zeichnen uns meist viel eher dadurch aus, dass wir es mit den Planungen und Ordnungen übertreiben. Und wir stehen deshalb sicher häufig in der Gefahr, es einem König Ahas gleichzutun.

"Hilf Dir selbst, dann hilft Dir Gott!"

ist nicht umsonst eines der geläufigeren Sprichworte.

Auf Gott aber kommt es nicht nur an, Gott will sogar für uns eintreten. Das macht das Evangelium des heutigen Sonntages ganz besonders deutlich. Wie ein Hirte ist dieser Gott, der für seine Herde eintritt. Er will dafür sorgen, dass wir das Leben haben. Ja sogar in Fülle sollen wir es haben.

Immer wieder wird gesagt, diese Fülle des Lebens sei eine Verheißung für das Jenseits. Es ginge vor allem um die jenseitige Glückseligkeit. Das ist falsch. Wer die Bibel als Ganzes betrachtet, wer nicht künstlich einen Graben zwischen Altem und Neuem Testament konstruiert, der wird leicht feststellen, dass Gottes Botschaft immer mit diesem Leben zu tun hat. Gottes Wegweisung dient dazu, dass wir uns in diesem Leben zurechtfinden und dass das Leben von Menschen auf dieser Erde glücken kann.

Ein Text wie Psalm 23 macht das ganz besonders deutlich. Der Hirt, von dem dort die Rede ist, geleitet die Menschen nicht in ein Jenseits. Er begleitet sie durch dieses Leben. Und er leitet sie durchaus durch glückliche Stunden. Aber vor allem ist er an ihrer Seite im Angesicht des Feindes und in jedem tiefen Tal.

Jörg Sieger

Der Herr ist mein Hirte, / nichts wird mir fehlen. Er lässt mich lagern auf grünen Auen / und führt mich zum Ruheplatz am Wasser. Er stillt mein Verlangen; / er leitet mich auf rechten Pfaden, treu seinem Namen. Muss ich auch wandern in finsterer Schlucht, / ich fürchte kein Unheil; denn du bist bei mir, / dein Stock und dein Stab geben mir Zuversicht. Du deckst mir den Tisch / vor den Augen meiner Feinde. Du salbst mein Haupt mit Öl, / du füllst mir reichlich den Becher. Lauter Güte und Huld werden mir folgen mein Leben lang / und im Haus des Herrn darf ich wohnen für lange Zeit.

Psalm 23,1b-6