Kar- und Ostertage 2020

ein wahrhaft besonderes Osterfest


Sie ist schuld!

Mittwoch, 8. April 2020

"Trump hatte der WHO unterstellt, es in der Coronavirus-Pandemie "wirklich vermasselt" zu haben. Bei der Pressekonferenz legte er nahe, dass die WHO "wahrscheinlich" zu Beginn der Pandemie mehr gewusst habe, als sie offenlegte."

So berichtet die Tagesschau. Es sind wieder einmal alle anderen Schuld. Das älteste Verhaltensmuster der Menschheit lässt sich auch in diesen Tagen wieder beobachten. Ablenken vom eigenen Versagen, das konnten Menschen schon immer besonders gut.

Die Bibel berichtet davon, wie Gott den Adam dabei ertappt, vom Baum der Erkenntnis gegessen zu haben, obschon er davor eindrücklich gewarnt worden war. Als der Mensch zur Rede gestellt wird, weist er alle Schuld von sich. "Die Frau wars! Sie ist schuld!"

Dieser Reflex scheint ganz tief im Menschen verankert zu sein. Schon kleine Kinder handeln danach. Wenn man erwischt wird, erstmal alles auf die anderen schieben. Es ist ein Zeichen von Reife, wenn Menschen dieses Verhaltensmuster durchbrechen, wenn sie zu dem stehen, was sie zu verantworten haben.

Ich kann das nicht immer. Manchmal falle ich genauso in dieses alte Verhalten zurück.

Politiker tun es sehr oft. Der politische Gegner schlachtet schließlich jeden kleinsten Fehler gnadenlos aus. Da bleibt kaum Raum dafür, Versäumnisse einzugestehen. Nicht selten würde das schließlich das das Ende der politischen Karriere bedeuten.

Nicht alle verweisen dann so plump auf vermeintlich Schuldige, wie das der derzeitige amerikanische Präsident tut. Aber so manche Aktion - wie etwa das Verbreiten von Anleitungen zum Selbernähen von Gesichtsmasken - soll ja auch bei uns letztlich darüber hinwegtäuschen, dass die Verantwortlichen es versäumt haben, gleich nach Bekanntwerden der Drohung, dass uns eine Pandemie bevorstehe, rechtzeitig die notwendigen Vorräte an Schutzkleidung anzulegen.

Bei Politikern kann ich solche Versuche der Ablenkung durchaus tolerieren. Dafür gibt es ja die Opposition und die Journalisten, die die Zusammenhänge dann herstellen und das Bild wieder gerade rücken. Wenn aber versucht wird, Schuld der anderen gleichsam zu konstruieren, um für sich selbst daraus Kapital zu schlagen, dann hört mein Verständnis ganz schnell auf.

Im Augenblick lassen sich solche Versuche schon deutlich beobachten. Gerade in den sogenannten sozialen Netzwerken macht sich ein Schuldzuweisen breit, das mir mehr als nur Sorgen bereitet: Es seien die Flüchtlinge gewesen, die das Virus eingeschleppt haben. Und letztlich stünden die Juden dahinter! Antisemiten und Rechtsradikale versuchen die Krise für ihre Verschwörungstheorien zu instrumentalisieren.

Wenn ein Donald Trump der Weltgesundheitsorganisation die Schuld für die Ausbreitung des Virus in die Schuhe schieben möchte, dann mag das noch kindisch klingen. Wenn Politiker von eigenen Versäumnissen ablenken wollen, dann ist das der Versuch, sich selbst vor dem politischen Untergang zu bewahren. Wenn die Pandemie dazu benutzt wird, Menschen zu diffamieren und Hass gegen andere zu schüren, dann ist das ein Verbrechen.

Jörg Sieger

Als sie Gott, den Herrn, im Garten gegen den Tagwind einherschreiten hörten, versteckten sich Adam und seine Frau vor Gott, dem Herrn, unter den Bäumen des Gartens. Gott, der Herr, rief Adam zu und sprach: Wo bist du? Er antwortete: Ich habe dich im Garten kommen hören; da geriet ich in Furcht, weil ich nackt bin, und versteckte mich. Darauf fragte er: Wer hat dir gesagt, dass du nackt bist? Hast du von dem Baum gegessen, von dem zu essen ich dir verboten habe? Adam antwortete: Die Frau, die du mir beigesellt hast, sie hat mir von dem Baum gegeben und so habe ich gegessen.

Genesis / 1. Buch Mose 3,8-12