Kar- und Ostertage 2020

ein wahrhaft besonderes Osterfest


Abschied und Vermächtnis

Montag, 6. April 2020

Liebe Mitchristen,

eigentlich findet am Montag in der Karwoche in Bruchsal immer eine Agapefeier statt - seit drei Jahren in ökumenischem Miteinander.

In diesem Jahr muss diese - wie so Vieles - durch die Beschränkungen aufgrund der Coronakrise ausfallen.

"Abschied und Vermächtnis"

So wäre sie überschrieben gewesen.

Wir haben im Vorbereitungsgespräch darüber nachgedacht, was für uns Abschied bedeutet. Inzwischen würde ich dies anders buchstabieren als im Februar. Abschied bedeutet momentan, keine Fluchten im Alltag zu haben. Ich bin enttäuscht, weil ich mich verabschieden musste, von so vielen Plänen, von dem Ausflug nach Frankfurt und dem Besuch der Ausstellung "Fantastische Frauen", von einigen Konzert- und Opernbesuchen.

Was natürlich viel existentieller ist, ich darf wie sicherlich fast alle, einige Familienangehörige nicht sehen, weil sie zur Risikogruppe gehören oder in Quarantäne sind, mir fehlen menschliche Kontakte, Besuche, mir fehlt Nähe. Wenn ich mir vorstelle, dass wir noch nicht einmal an Ostern alle gemeinsam an der Kaffeetafel sitzen dürfen, als Familie vereint, schmerzt das sehr. Von all diesen Dingen musste ich mich verabschieden.

Auch vom Besuch der Gottesdienste musste ich mich verabschieden. Es ist unvorstellbar, wie es Ostern werden soll ohne die gelebte Karwoche, ohne die Einheit von Abendmahl am Gründonnerstag, danach der Ölbergwache mit der Aufforderung Jesu: "Bleibet hier und wachet mit mir, wachet und betet", gefolgt von Grabesruhe, dem Karfreitag mit seinem feierlichen, aber auch ernsten Gottesdienst und dann am Karsamstag die Osternacht, die durch das Dunkel hindurch zum Licht führt, zum Osterhalleluja.

Wie wird es werden, Grund zum wirklichen Jubel gibt es dieses Jahr nicht.

Zu Beginn der Woche werde ich die Agape vermissen, die Gemeinschaft, den Austausch, das Singen von Liedern, das gemeinsame Gebet, aber auch das Mahl.

Agape, das Liebesmahl ist immer Abschied und Vermächtnis. Es ist das letzte Abendmahl Jesu, ein Mahl, bei dem sicher auch gefeiert wurde. Aber Jesus wusste, danach kommt die Einsamkeit, die Todesangst, die Verhaftung. Es ist für ihn also eine Feier mit Abschiedsschmerz.

Für uns jedoch, ist sie Vermächtnis. Der Satz "Tut dies zu meinem Gedächtnis" ist unser Auftrag, dieses Mahl immer wieder zu feiern. Aus dem Grund feiern wir auch ökumenisch miteinander Agape. So kann aus der Trauer Freude werden.

Im Johannesevangelium finden sich zwischen dem Bericht über das letzte Abendmahl und der Passion die Abschiedsreden. Jesus wendet sich noch einmal an seine Jünger, er gibt ihnen sein Vermächtnis mit. Er sichert ihnen für die Zeit seiner Abwesenheit den Geist als Beistand zu.

In der momentanen Situation habe ich das Gefühl, mein Herz ist sehr beunruhigt, ich fühle mich sehr verzagt. Ich frage mich, wann ist es endlich vorbei? Wann besteht das Leben nicht mehr aus Abschieden, sondern wieder aus Neuanfängen, aus Aufbrüchen?

Wie wird es sein, wenn wir wieder zur Normalität zurückkehren? Wird sich dann das Gefühl einer Auferstehung, eines Osterjubels einstellen?

Vor allem aber habe ich Sorgen um den Frieden. Wird es weiterhin friedlich bleiben? Werden die Menschen als Vermächtnis aus der Krise einen friedlichen Umgang mitnehmen? Wie lange bleibt es in der Krise noch so?

Die Politik hat unsere Grundreche auf Freiheit entscheidend beschnitten. Manche Menschen treibt die Sorge um, dass eine Situation wie die jetzige ausgenutzt werden könnte.

Es bleibt als Vermächtnis das Mahl, die Liebe Jesu, sein Erscheinen bei den Jüngern nach Ostern mit der Zusage: "Der Friede sei mit euch". Es bleibt die Gemeinschaft, die sich im Mahl versammelt, die darin Stärkung und Zuspruch bekommt, die sich deswegen auch immer wieder neu versammelt, weil Jesus gesagt hat: "Tut dies zu meinem Gedächtnis". Ich verspüre eine Vorfreude auf den Moment, in dem wir wieder gemeinsam zum Abendmahl, zur Agape, zur Eucharistie, also Danksagung versammelt sind. Darin wird uns Trost gespendet, darin bietet Jesus sich in seiner Liebe an: Abschied und Vermächtnis zugleich.

Marieluise Gallinat-Schneider

Der Beistand aber, der Heilige Geist, den der Vater in meinem Namen senden wird, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe. Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch; nicht, wie die Welt ihn gibt, gebe ich ihn euch. Euer Herz beunruhige sich nicht und verzage nicht.

(Evangelium nach Johannes 14,26-27)