Kar- und Ostertage 2020

ein wahrhaft besonderes Osterfest


Keine Ansteckungsgefahr?

Montag, 30. März 2020

"Evangelikale Priester wie Guillermo Maldonado verbreiten: Im Hause Gottes könne man sich nicht mit dem Virus anstecken!",

so wurde gestern Abend in den Tagesthemen berichtet. Es ging dabei um die Situation in den USA und um den Unmut bei ultrareligiösen Christen, die sich mit dem Verbot von Gottesdiensten nicht abfinden wollen.

Das erinnert mich auf unangenehme Weise an einen Kollegen, der einer an Zöliakie erkrankten Frau vor einigen Jahren erklärte, dass sie ohne weiteres zur Kommunion gehen könne, denn durch die Wandlung würden der Hostie alle Giftstoffe entzogen, so dass ihr das darin enthaltene Gluten absolut nicht schaden könne.

Christsein und Dummheit schließen sich offenbar nicht aus. Auch für den Christen bleibt ein Virus ein Virus und die Ansteckung eine reale Gefahr - auf der Straße, im Kirchengebäude und selbst beim Gottesdienst. Und Gluten-Unverträglichkeit wird durch keine Wandlung beseitigt.

Brücke über eine Schlucht

Unsicherer Pfad

Foto: Jörg Sieger

Ich weiß, manche unterstellen mir da einfach, dass ich eben zu wenig glauben würde. Wer richtig glaube, dem könnten eben all diese Gefahren nicht wirklich etwas anhaben. Wer richtig glaubt, der ist gesund, der ist erfolgreich und dem geht es gut. Dementsprechend hat vor einigen Jahren auch einmal ein Fernsehprediger den Satz gesagt:

"Und wenn Du wirklich glaubst, dann haben Deine Kinder gute Zensuren!"

Wie kann man Menschen so unter Druck setzen! Letztlich bedeutet eine solche Aussage doch lediglich, dass alle, die keine klugen Kinder haben, nicht erfolgreich sind oder gar vom Schicksal geprügelt wurden, nur nicht genügend glauben würden. Sie seien dementsprechend am Ende ihr Unglück sogar selbst schuld.

Dabei geht eine solche Vorstellung an der Botschaft Jesu völlig vorbei. Glaube bedeutet nämlich nicht, von allem Übel verschont zu werden. Am gestrigen Sonntag haben wir unserer Tradition nach die Passionszeit begonnen. Sie erinnert uns an das Leiden Jesu. Der Rabbi aus Nazareth macht uns dabei deutlich, was es mit diesem Leben auf sich hat. Und er ist somit das beste Gegenbeispiel zu all den Annahmen, dass diejenigen, die sich an Gott halten würden, vor allen Unannehmlichkeiten verschont blieben. Ganz bewusst hat er das Kreuz getragen und ist auf Golgotha elendiglich krepiert. Er hat uns damit deutlich gemacht, dass Leid und Schmerz und Tod zum Leben des Menschen dazugehören. Und vor allem macht er uns klar, dass um den Tod und das Leiden kein Weg herumführt. Glaube heißt nicht vor dem Leiden bewahrt zu werden. Glauben bedeutet, darauf zu vertrauen, auf all den Leidenswegen, die es in dieser Welt gibt, nicht alleine zu sein - darauf zu vertrauen, dass Gott mich auf diesen Wegen begleitet und mich am Ende sogar hindurchträgt, durch Leiden und den Tod hindurch.

Gläubige Menschen sind demnach nicht anders als andere Menschen, nicht weniger verletzlich und nicht weniger anfällig. Sie schweben nicht über dem Grund. Wer wirklich glaubt, steht mit beiden Beinen auf dem Boden.

Jörg Sieger

Euer Herz lasse sich nicht verwirren. Glaubt an Gott und glaubt an mich! Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen. Wenn es nicht so wäre, hätte ich euch dann gesagt: Ich gehe, um einen Platz für euch vorzubereiten? Wenn ich gegangen bin und einen Platz für euch vorbereitet habe, komme ich wieder und werde euch zu mir holen, damit auch ihr dort seid, wo ich bin. Und wohin ich gehe - den Weg dorthin kennt ihr. Thomas sagte zu ihm: Herr, wir wissen nicht, wohin du gehst. Wie sollen wir dann den Weg kennen? Jesus sagte zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich.

(Evangelium nach Johannes 14,1-4)