Predigten aus der Praxis

Ansprachen für Sonn- und Festtage


3. Sonntag der Fastenzeit - Lesejahr C (Lk 13,1-9)

Zu jener Zeit kamen einige Leute zu Jesus und berichteten ihm von den Galiläern, die Pilatus beim Opfern umbringen ließ, so dass sich ihr Blut mit dem ihrer Opfertiere vermischte. Da sagte er zu ihnen: Meint ihr, dass nur diese Galiläer Sünder waren, weil das mit ihnen geschehen ist, alle anderen Galiläer aber nicht? Nein, im Gegenteil: Ihr alle werdet genauso umkommen, wenn ihr euch nicht bekehrt. Oder jene achtzehn Menschen, die beim Einsturz des Turms von Schiloach erschlagen wurden - meint ihr, dass nur sie Schuld auf sich geladen hatten, alle anderen Einwohner von Jerusalem aber nicht? Nein, im Gegenteil: Ihr alle werdet genauso umkommen, wenn ihr euch nicht bekehrt. Und er erzählte ihnen dieses Gleichnis: Ein Mann hatte in seinem Weinberg einen Feigenbaum; und als er kam und nachsah, ob er Früchte trug, fand er keine. Da sagte er zu seinem Weingärtner: Jetzt komme ich schon drei Jahre und sehe nach, ob dieser Feigenbaum Früchte trägt, und finde nichts. Hau ihn um! Was soll er weiter dem Boden seine Kraft nehmen? Der Weingärtner erwiderte: Herr, lass ihn dieses Jahr noch stehen; ich will den Boden um ihn herum aufgraben und düngen. Vielleicht trägt er doch noch Früchte; wenn nicht, dann lass ihn umhauen. (Lk 13,1-9)

Schlimm die Sache mit Griechenland, nicht wahr! Da drohen die doch wegen ihrer Verschuldung den ganzen Euro-Raum in Mitleidenschaft zu ziehen. Zuerst erschleicht man sich mit falschen Zahlen die Erfüllung der Euro-Kriterien, dann werden die Haushaltszahlen jahrelang frisiert und am Ende sperrt sich dann auch noch die Bevölkerung mit Generalstreiks gegen die erforderlichen Maßnahmen! Und wenn man bedenkt, dass da andere Mitgliedsstaaten auch nicht viel besser sind, kurz vor dem Staatsbankrott stehen und ihre Hausaufgaben nicht gemacht bekommen - man kann eigentlich nur noch den Kopf schütteln über so viel Unverstand und Verantwortungslosigkeit.

Liebe Schwestern und Brüder,

die Medien überschlagen sich ja dieser Tage mit der Aufzählung all der Versäumnisse, die da rings umher in den verschiedensten Staaten plötzlich ans Tageslicht gezerrt werden. Und man zeigt mit ausgestreckten Fingern auf sie, auf all die, die uns schon jetzt in Mitleidenschaft ziehen und zukünftig wohl auch noch von uns Steuermillionen verschlingen werden. Und man hört sie gerne, die Berichte vom Fehlverhalten der anderen, weil sie doch so wunderbar davon ablenken, dass es bei uns kaum besser aussieht.

Wer jenseits aller Aufregung die nüchternen Zahlen betrachtet, der wird sich sehr schnell eingestehen müssen, dass dort nur offensichtlich wird, was bei uns im Verborgenen gar nicht so viel anders ist. Und Politik und Gesellschaft würden gut daran tun, angesichts der in Griechenland voll ausgebrochenen Krankheit, deutlich zu erkennen, dass man die gleichen Symptome bereits am eigenen Leibe trägt.

Wie würde es Jesus formulieren?

Im heutigen Evangelium sagt er es sehr deutlich - und er sagt es so deutlich, dass es kaum Mühe macht, sein Wort in unsere Gegenwart zu übersetzen: Meint ihr nur die anderen haben über Ihre Verhältnisse gelebt? Meint ihr nur bei denen werden Bilanzen frisiert und Zahlen getürkt? Meint ihr nur sie stehen vor dem absoluten Zusammenbruch? Nein, im Gegenteil: auch hier wird alles zusammenbrechen, wenn Ihr euch nicht bekehrt.

Und diese Aktualisierung macht sehr deutlich, was Bekehrung bei Jesus eigentlich meint. Viel zu häufig denken wir bei Umkehr und Bekehrung nämlich an einen frommen Gesinnungswandel. Wir denken an Bußgottesdienst und Beichte oder darum, dass Menschen wieder regelmäßiger in den Gottesdienst kommen. Und viel zu oft verkommt das Wort Bekehrung dabei im Alltag unserer christlichen Gemeinden zum frommen Gesülze.

Viel zu oft lässt es absolut nicht mehr durchblicken, welch handfesten Charakter dieses Wort in Jesu Sprachgebrauch hat. Umkehr ist keine Frömmigkeitsübung, kein Ritus im Jahreskreis. Umkehr ist Neuorientierung des ganzen Lebens, wirkliche Veränderung. Und sie ist notwendig, solch eine Umkehr ist notwendig, damit wir den Karren nicht an die Wand fahren.

Wenn Jesus von Umkehr spricht, dann geht es ihm nicht nur um eine innere Neuausrichtung, um spirituelle Weichenstellungen. Es geht ganz handfest darum, dass wir zugrunde gehen werden: Wir werden zugrunde gehen, wenn wir uns nicht mehr unserer Grenzen bewusst sind, wenn wir Raubbau treiben mit den Ressourcen, die uns geschenkt sind, wenn wir nicht endlich aufhören so zu tun, als könnten wir das Geld mit vollen Händen ausgeben, wenn wir nicht damit aufhören eine verlogene, nur auf kurzfristige Wahlerfolge schielende Politik zu dulden, wenn wir nicht endlich damit anfangen unseren wirklichen Verhältnissen entsprechend, in wirklicher Verantwortung vor Gott und voreinander zu leben und nicht so zu tun, als könnten wir uns alles leisten - auf Kosten der anderen und auf Kosten der nächsten Generationen.

Schluss mit dem Auflisten dessen, was andere falsch machen. Es geht darum dass wir uns ändern müssen, wirklich etwas zu verändern, das eigene Leben, die eigenen Ansprüche und unsere Gesellschaft von Grund auf zu erneuern.

Denn so spricht der Herr, Ihr werdet alle genauso umkommen, wenn Ihr euch nicht bekehrt - und zwar wirklich bekehrt, nicht mit frommen Worten, sondern in Tat und Wahrheit.

Amen.

Download-ButtonDownload-ButtonDownload-Button(gehalten am 7. März 2010 in der Peters- und Pauluskirche, Bruchsal)