Predigten aus der Praxis

Ansprachen für Sonn- und Festtage


22. Sonntag im Jahreskreis - Lesejahr C (Lk 14,1. 7-14)

Als Jesus an einem Sabbat in das Haus eines führenden Pharisäers zum Essen kam, beobachtete man ihn genau. Als er bemerkte, wie sich die Gäste die Ehrenplätze aussuchten, nahm er das zum Anlass, ihnen eine Lehre zu erteilen. Er sagte zu ihnen: Wenn du zu einer Hochzeit eingeladen bist, such dir nicht den Ehrenplatz aus. Denn es könnte ein anderer eingeladen sein, der vornehmer ist als du, und dann würde der Gastgeber, der dich und ihn eingeladen hat, kommen und zu dir sagen: Mach diesem hier Platz! Du aber wärst beschämt und müsstest den untersten Platz einnehmen. Wenn du also eingeladen bist, setz dich lieber, wenn du hinkommst, auf den untersten Platz; dann wird der Gastgeber zu dir kommen und sagen: Mein Freund, rück weiter hinauf! Das wird für dich eine Ehre sein vor allen anderen Gästen. Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden. Dann sagte er zu dem Gastgeber: Wenn du mittags oder abends ein Essen gibst, so lade nicht deine Freunde oder deine Brüder, deine Verwandten oder reiche Nachbarn ein; sonst laden auch sie dich ein, und damit ist dir wieder alles vergolten. Nein, wenn du ein Essen gibst, dann lade Arme, Krüppel, Lahme und Blinde ein. Du wirst selig sein, denn sie können es dir nicht vergelten; es wird dir vergolten werden bei der Auferstehung der Gerechten. (Lk 14,1. 7-14)

Furchtbare Bilder gingen da in den letzten Tagen um die Welt. Bilder von grausam ermordeten Menschen, unzählige Männer, Frauen und Kinder.

Was da in Syrien passiert ist unbeschreiblich.

Und dann gibt es ja noch die anderen Bilder. Bilder von Lebenden, von Überlebenden. Bilder von Kindern. Kinder, die leben, die aber keine Eltern mehr haben, deren Eltern im Giftgas ums Leben kamen und die jetzt zurückgeblieben sind, mutterseelenallein.

Liebe Schwestern und Brüder,

es sind immer wieder die Kinder, die mit all den Auseinandersetzungen, um die es letztlich geht, am wenigsten zu tun haben, die die Last solcher Gräueltaten aber am härtesten zu spüren bekommen. Es sind zu allen Zeiten der Menschheitsgeschichte, solche Kinder, Waisen, die dann auf Gedeih und Verderb darauf angewiesen sind, dass sich andere Menschen ihrer annehmen, die alleine ansonsten keine, aber auch absolut keine Chance auf Leben mehr haben.

Nicht umsonst sind genau sie im biblischen Sprachgebrauch der Inbegriff der Ärmsten der Armen.

Sie und die Witwen, mit denen sie meist in einem Atemzug genannt werden. Witwen waren damals - mit den Waisen zusammen - diejenigen, die durch alle sozialen Raster fielen. Und allem voran diejenigen Frauen, deren Kinder noch klein waren oder diejenigen, die gar kinderlos waren und dementsprechend auch keine Altersversorgung hatten. Denn Kinder waren die einzige Altersversicherung, die eine Frau damals wirklich hatte.

Viele der Frauen, die damals nicht wussten, wie sie ihre Kinder ernähren sollten, waren letztlich gezwungen, sich zu prostituieren. Die fromme Gottesdienstgemeinde verachtete solche Frauen als stadtbekannte Sünderinnen. Nimmt es wirklich Wunder, dass sich Jesus von Nazareth mehr in der Gesellschaft dieser "Sünderinnen", als in der Gesellschaft der sogenannten Frommen aufhielt?

Sie waren seine Gemeinde, die Witwen, die Waisen und dann die, mit denen er im heutigen Evangelium den Kreis der Armen weiter abrundet: Krüppel, Lahme und Blinde.

Wer beim Christsein zuerst an Gottesdienst, feierliche Prozessionen und Riten und Bräuche denkt, der geht an Jesu Anliegen vorbei.

Wer bei Christentum vor allem an Ämter, Ehrentitel, Exzellenzen und Eminenzen denkt, der hat diesen Jesus von Nazareth absolut nicht verstanden.

Witwen und Waisen, Krüppel, Lahme und Blinde, sie sind es, um die sich die wahre Kirche Jesu Christi dreht.

Drei Millionen syrischer Kinder befinden sich mittlerweile auf der Flucht. 500.000 Menschen sollen allein in die Türkei geflohen sein. In Jordanien gibt es Camps von denen eines allein mehr als 100.000 Flüchtlinge umfasst - viele davon Frauen und Kinder.

"Wenn Du ein Essen gibst, dann lade Arme, Krüppel, Lahme und Blinde ein. Du wirst selig sein."

5000 Flüchtlinge - doch so viele - will unser nicht ganz so armes Land, unsere christliche und von christlichen Werten geführte Gesellschaft jetzt doch aufnehmen.

Millionen Menschen sind mittlerweile schon auf der Flucht. Für 5000 haben wir jetzt doch einen Platz.

Wir können wirklich stolz darauf sein...

Download-ButtonDownload-ButtonDownload-Button(gehalten am 31. August / 1. September 2013 in den Kirchen der Pfarrei St. Peter, Bruchsal)