Weckruf - Wegruf

Mit dem Propheten Amos auf dem Weg


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Weiter-Button Zurück-Button Mittwoch, 17. Juni (Amos 3,3-8)

Warum?

Masoretentext-Icon Septuaginta-Icon 3 Gehen zwei den gleichen Weg, / ohne dass sie sich verabredet haben? Masoretentext-Icon Septuaginta-Icon 4 Brüllt der Löwe im Wald / und er hat keine Beute? Gibt der junge Löwe Laut in seinem Versteck, / ohne dass er einen Fang getan hat? Masoretentext-Icon Septuaginta-Icon 5 Fällt ein Vogel zur Erde, / wenn niemand nach ihm geworfen hat? Springt die Klappfalle vom Boden auf, / wenn sie nichts gefangen hat? Masoretentext-Icon Septuaginta-Icon 6 Bläst in der Stadt jemand ins Horn, / ohne dass das Volk erschrickt? Geschieht ein Unglück in einer Stadt, / ohne dass der Herr es bewirkt hat? Masoretentext-Icon Septuaginta-Icon 7 Nichts tut Gott, der Herr, / ohne dass er seinen Knechten, den Propheten, / zuvor seinen Ratschluss offenbart hat. Masoretentext-Icon Septuaginta-Icon 8 Der Löwe brüllt - wer fürchtet sich nicht? / Gott, der Herr, spricht - / wer wird da nicht zum Propheten?

Wieso? Weshalb? Warum? ...

Die Fragen kommen aus der damaligen Lebenserfahrung der Menschen: alles hat eine Ursache. Für die Menschen damals war klar, dass hinter allem was geschieht, letztlich Gott steht.

Löwen gab es viele. Vers 8 ist Amos' Antwort auf die Frage, warum er Prophet ist: Er hat oft das Brüllen der Löwen gehört, auch der Tapferste zittert davor, ob er will oder nicht. Jahwes Wort hat ihn überfallen, er konnte nichts dagegen tun, er musste Prophet werden.

Vor- und nachgedacht...

Alles geht auf Gott zurück? Auch das Unglück? Will Gott dann auch all die Katastrophen? Für unsere Art zu denken führen solche Überlegungen ganz schnell in Sackgassen. Der Hebräer denkt anders. Ihm ist allein wichtig, dass alles seinen Ursprung in Gott hat. Unser Sprechen von "Schicksal" könnte er so nicht teilen. Dies macht folgender Abschnitt deutlich:

Auch der Mensch der Bibel kennt die Vorstellung, dass der Mensch für die Konsequenzen seines Handelns voll verantwortlich ist, aber die Konsequenzen des menschlichen Handelns sind für den Menschen des Alten Testamentes nicht etwa irgendein unbarmherziges Schicksal, das sich weit weg von Gott befindet und in das der Mensch ohne Gott dann einfach hinstürzen würde.

Für den Hebräer wäre das ungeheuer grausam. Da kommt plötzlich ein unabwendbares Schicksal, das den Menschen, der sich von Gott abgewandt hat, gleichsam auffrisst. Und Gott kann für diesen Menschen, weil er seine Freiheit respektiert, nichts mehr tun. Da stürzt der Verlorene dann in ein ewiges Verderben. Wir müssen uns auch einmal vor Augen führen, wie grausam wir da denken.

Für Israel ist das undenkbar. Israel führt selbst die Katastrophe auf Gott zurück. Der liebende Partner schlägt in seiner Eifersucht zu. Und er ist eifersüchtig, weil er eben liebt, weil er Gefühle hat, weil er kein regungsloses Selbst, kein gefühlloses ewiges höchstes Wesen, sondern ein personales ewiges Du ist.

Er schlägt. Aber weil er es ist, der schlägt, deshalb fällt der Mensch in der Vorstellung Israels auch nicht in ein unbarmherziges Schicksal. Weil Gott schlägt, deshalb fällt der Mensch auch in Gottes Hand.

Hier ist das 2. Samuelbuch äußerst instruktiv. Der Prophet Gad begibt sich nach der Volkszählung, die als schwere Sünde gilt, zu David und kündigt das Gericht an. Er sagt:

"Sollen dir zur Strafe drei Jahre Hungersnot über dein Land kommen? Oder willst du drei Monate vor deinem Feinde fliehen, während er dich verfolgt? Oder soll drei Tage lang Pest in deinem Lande sein?" (2. Buch Samuel 24,13)

David antwortet darauf:

"Mir ist sehr bange. Wir wollen lieber in die Hände Jahwes fallen; denn groß ist sein Erbarmen. In die Hände von Menschen dagegen möchte ich nicht fallen." (2. Buch Samuel 24,24)

So wählt David die Pest, die als Strafe Gottes galt. Und tatsächlich scheut Gott vor der letzten Konsequenz zurück. Bevor Jerusalem von der Pest erfasst wird, lässt er Gnade vor Recht ergehen.

So grausam das Strafgericht Gottes im Augenblick auch sein mag, so hart es den Menschen trifft, in die Hand eines liebenden Gottes zu fallen ist für Israel immer noch weniger grausam, als einem unbarmherzigen, gefühllosen Schicksal zu erliegen.

Es zeugt für Israel nicht etwa von Gottes Lieblosigkeit, wenn dieser selbst den Menschen straft. Die Strafe ist ja schließlich berechtigt. Das Volk bzw. seine Repräsentanten haben Schuld auf sich geladen. So ist Strafe Gottes für Israel kein Problem, ganz im Gegenteil. Beim liebenden Gott, der im Augenblick eifersüchtig straft, bei ihm darf man nämlich auch darauf hoffen, dass er sich wieder erbarmt, dass seine Liebe letztlich über die Strafe siegt.

Jörg Sieger

Geschieht etwas, ohne dass Gott es bewirkt hat?

[Leicht abgewandelt aus: www.joerg-sieger.de - Die Bibel, Versuch einer Einführung - Zentrale Themen - Der Gott des Alten Testamentes]

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Was wirklich hilft

"Ich weiß, dass mein Erlöser lebt" - klar, dabei denkt man sofort an Christus, der von den Toten auferstanden ist.

Aber dieser Satz hat ursprünglich mit Jesus gar nichts zu tun. Er stammt aus dem alttestamentlichen Buch Ijob (19,25) und handelt vom unerschütterlichen Vertrauen eines Menschen in seinen Gott.

Ijob hatte alles verloren: Besitz, Kinder, Gesundheit. Und seine Frau und Freunde stellten sich jetzt auch noch gegen ihn. Er blieb allein - vor allem mit der Frage nach dem Warum. In dieser Situation prägt er diesen Satz.

Einfacher Trotz! Er trotzt seinem Geschick und zwar in unerschütterlichem Vertrauen auf den lebendigen Gott, der das Leben will und nicht den Tod und der jeden, der sich an ihn hält, nicht im Stich lassen wird - egal, was alle anderen sagen; und selbst egal ob ich jetzt etwas davon spüre oder nicht. Und er hofft, wider alle Hoffnung.

Das beantwortet ihm keine seiner Fragen. Aber vielleicht ist es das einzige, was wirklich hilft!

Jörg Sieger, aus: Lichtblick im Alltag

Noch mehr Infos

In diesem Abschnitt liegt ein Disput zwischen Amos und seinen Zuhörern vor. Wir haben nur die Reaktion des Propheten vor uns und müssen von ihr her auf die Anfragen und Vorwürfe der Zuhörer zurückschließen. Vermutlich fand dieser Disput in Samaria statt. Ihm musste bereits eine längere Prophetentätigkeit des Amos vorausgegangen sein. Amos verteidigt nämlich sein Prophetenamt vor Leuten, die ihm seine Beauftragung durch Jahwe absprechen wollen.

Zunächst stellt Amos seinen Zuhörer und Zuhörerinnen Fragen, die sie vernünftigerweise nur mit einem zustimmenden Ja beantworten können. Logisch, zwei Wanderer können nur dann miteinander einen Weg gehen, wenn sie sich zuvor getroffen haben! Und jeder Hirte weiß, dass Löwen auf Beutefang leise sind und erst nach dem Fang brüllen. Und kein Jäger oder Hirte auf Vogel- und Kleintierjagd wird behaupten, Vögel fielen "einfach so" vom Himmel oder Klappfallen sprängen von alleine zu. Auch die Städter werden nicht leugnen, dass sie beim Klang des Schofarhorns erschrecken, weil es Gefahr signalisiert. Mit dieser langen Fragereihe heischt Amos die Zustimmung seiner Zuhörer. Im Höhepunkt dieser Argumentation greift er noch einmal das Bild des brüllenden Löwen auf. Diesmal bedroht der Löwe nicht mehr andere Tiere wie in Vers 4, diesmal bedroht der Löwe den Menschen. Parallel zum Löwen führt Amos zuletzt Jahwe an. Wenn der Löwe brüllt, fürchten sich die Menschen. Wenn Jahwe zum Menschen spricht, wird der Mensch Prophet. Umgekehrt gilt: Wenn Amos als Prophet spricht, kann er das nur tun - und muss es tun -, weil Gott zuvor zu ihm gesprochen hat. Wer immer Amos bis hierher zugehört hatte, musste zugestehen, dass Amos nur deswegen Prophet sein konnte, weil er von Jahwe beauftragt war.

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