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Weiter-ButtonZurück-Button Neuere Modifizierungen der Theorie Martin Noths

Die These Marthin Noths von einem umfassenden Deuteronomistischen Geschichtswerk ist in der Folge bestimmend geworden.

Selbstverständlich gibt es eine Fülle von Für und Wider und auch eine umfassende Diskussion über diesen Ansatz. Zumindest einige Korrekturen scheinen auf jeden Fall notwendig zu sein.

1. Parallele Wachstumsschichten im DtrG

Martin Noth ging - wie wir sahen - davon aus, dass ein einziger Verfasser dieses ganze Werk geschaffen habe.

a. Martin Noths Deuteronomist

Dieser Deuteronomist hätte bereits ein relativ geschlossenes Deuteronomium vorgefunden, das etwa unserem heutigen Dtn 4,44-30,20 entsprechen würde.

Diesem Buch Deuteronomium hätte er also nur noch die Moserede Dtn 1-4,43 voranstellen und die Abschiedsrede des Mose anfügen müssen. Und das wäre dann für ihn der Auftakt für die weiteren Bücher seines Geschichtswerkes gewesen.

Diese weiteren Bücher hätte er nun einfach dem so erweiterten Deuteronomium folgen lassen.

b. Verschiedene Schichten nach R. Smend jr.

Sowohl im Buch Deuteronomium - das haben wir bereits ja gesehen - als auch im Deuteronomistischen Geschichtswerk als Ganzem kann man allerdings verschieden Schichten herauslösen.

Ich erinnere beim Deuteronomium beispielsweise an die "Du"- und "Ihr"-Stücke in den Gesetzespassagen, die wir schon zur Unterscheidung von deuteronomischen und deuteronomistischen Passagen herangezogen haben. Darüber hinaus lassen sich aber allem Anschein nach noch weitere ähnliche Unterscheidungen von Schichten im DtrG festmachen.

Es scheinen also parallele Wachstumsschichten vorzuliegen, Schichten also, die man wohl auf verschiedene Hände zurückführen muss.

R. Smend jr. z. B. unterscheidet bei seinen Untersuchungen des Deuteronomistischen Geschichtswerkes im Ganzen drei verschiedene Schichten:

  • Er spricht von einer grundlegenden Konzeption des Geschichtswerkes, die er "DtrH" nennt. "H" steht dabei für "Historiker".
  • Desweiteren unterscheidet er eine Bearbeitungsschicht, die vor allem prophetische Texte einträgt. Er nennt sie "DtrP" ("P" für "Prophet")
  • Und dazu kommt nach ihm dann noch eine dritte Schicht, deren Hauptinteresse dem Gesetz gilt (DtrN) ("N" für "nomos" [= Gesetz]). Wobei mit Gesetz in diesem Fall das mosaische Gesetz gemeint ist. ⋅1⋅

Dies mag zur ersten Orientierung einfach einmal genügen. Es sei nur darauf verwiesen, dass beispielsweise Norbert Lohfink, aber auch andere, noch weitere Bearbeitungen annehmen.

c. "Deuteronomistische Schule" anstelle von "Deuteronomist"

Die einzelnen Schichten des Deuteronomistischen Geschichtswerkes sind allerdings weit weniger unterschiedlich als etwa die Pentateuchschichten. Wir haben also nicht mit völlig unabhängig voneinander arbeitenden Autoren zu tun, sondern mit Verfassern, die sich sowohl was die theologischen Aussagen angeht, als auch was ihren Stil angeht, auf dem gleichen Boden bewegen.

Man spricht daher von der "deuteronomistischen Schule" bzw. den Deuteronomisten.
Wir können uns die Schichten des DtrG bzw. die Deuteronomisten ähnlich denken wie den Aufbau der Priesterschrift und die priesterschriftliche Schule.

2. Ein großes Deuteronomistisches Geschichtswerk ("großes DtrG")?

Eine weiterführende Hypothese, die auf Erich Zenger zurückgeht, sei hier nur kurz erwähnt.

Nach Erich Zenger wurde dem Deuteronomistischen Geschichtswerk das jahwistisch/elohistische Geschichtswerk ganz einfach vorangestellt. Jahwistisch/elohistisches Geschichtswerk und Deutero­nomistisches Geschichtswerk würden dadurch eine Einheit bilden, eine umfassende Geschichtsdarstellung von der Schöpfung bis hin zur Zerstörung Jerusalems und dem Exil (Gen 2,4b-2; Kön 25).

Mit Erich Zenger spricht man in diesem Zusammenhang daher auch von einem "großen Deu­tero­nomistischen Geschichtswerk (großen DtrG)".

Durch diese Hypothese könnte man auch erklären, warum man im Buch Exodus beispielsweise Spuren einer deuteronomistischen Bearbeitung findet. Das jahwistisch/elohstische Geschichstwerk wäre dann nämlich von den deuteronomistischen Redaktoren insgesamt noch einmal überarbeit worden, als es dem DtrG vorangestellt wurde.

Ein Hinweis auf die Schlüssigkeit der Zenger'schen Hypothese scheint auch zu sein, dass die große Moserede in Dtn 1-3, die ja unmittelbar von den Deuteronomisten gestaltet wurde, die Kenntnis des jahwi­stisch/elo­histischen Werkes voraussetzt. ⋅2⋅

Hier scheinen also tatsächlich Beziehungen zwischen jahwistisch/elohistischem Geschichtswerk und Deuteronomistischem Geschichtswerk vorzuliegen.
Diese These wird augenblicklich jedoch unterschiedlich diskutiert.

Weiter-ButtonZurück-Button Anmerkungen

1 Vgl.: R. Smend, Entstehung des AT (1. Auflage 1978) 123. Zur Anmerkung Button

2 M. Rose behauptet hier allerdings das Gegenteil. Er sagt Dtn 1-3 habe zuerst bestanden. Das jahwistisch/elohistische Werk sei von Dtn 1-3 abhängig. Hierbei handelt es sich um eine extreme Position. Zur Anmerkung Button