Die Bibel

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Weiter-ButtonZurück-Button Landnahme und Entwicklung Israels im größeren Zusammenhang ⋅1⋅

1. Der zeitliche Rahmen der Landnahme

Können wir unsere Eingangsvermutung aufrecht erhalten, dass diese Ereignisse im Zusammenhang mit der zweiten aramäischen Wanderwelle zu sehen sind? Das heißt, stimmt unsere anfängliche Vermutung, dass der zeitliche Rahmen dieser Ereignisse das 14. bzw. 13. Jahrhundert gewesen sein muss?

Neben den Hinweisen, die sich im Laufe unserer Überlegungen bereits erschlossen haben, gibt es hierfür noch eine Reihe weiterer Indizien:

  • Die Amarnabriefe lassen erkennen, dass im 14. Jahrhundert v. Chr. Betlehem noch zum Gebiet des kanaanäischen Stadtstaates Jerusalem gehörte. Im Verlauf der Landnahme wird Betlehem aber Hauptstadt Judas. Diese Ereignisse müssen sich dann also nach dem 14. Jahrhundert v. Chr. abgespielt haben.
  • Auch die Verhältnisse, die Voraussetzung für die Landnahme des Stammes Issachar um die Stadt Schunem herum waren, sind erst im 14. Jahrhundert entstanden.
  • Andererseits muss der Vorgang allerspätestens 100 Jahre vor der Königserhebung Sauls (um 1000 v. Chr.) zum Abschluss gekommen sein. Ansonsten würde nicht genügend Spielraum für die im Richterbuch berichteten Ereignisse der vorstaatlichen Zeit und vor allem für die Aufeinanderfolge der sogenannten kleinen Richter (Ri 10,1-5; 12,7-15) bleiben.

Wenn wir diesen Hinweisen noch die Regierungszeit Ramses II. (1301-1234 v. Chr.) hinzufügen, den wir ja als Pharao der ägyptischen Unterdrückung ausgemacht haben, dann können wir tatsächlich davon ausgehen, dass das Sesshaftwerden der prae-israelitischen Stämme im Laufe des 13. vorchristlichen Jahrhunderts zum Abschluss gekommen sein muss.

2. Die Landnahme der Prae-Israeliten im Zusammenhang der aramäischen Wanderung

Dabei möchte ich abschließend noch einmal daran erinnern, dass diese Landnahme der Prae-Israeliten kein singulärer Vorgang war. Er vollzog sich ja, wie bereits mehrfach erwähnt, im Rahmen der großen aramäischen Wanderung.

Eine ganze Reihe weiterer aramäisch sprechender Halbnomadengruppen, die mit unseren prae-israelitischen Gruppen verwandt sind, drangen in ihrem Verlauf, wahrscheinlich aus der syrisch-arabischen Wüste kommend, nach Norden vor und setzten sich schließlich an den Rändern des Kulturlandes fest.

All diese Gruppen spielen später in der Geschichte Israels eine große Rolle.

  • Am weitesten südlich, nämlich südlich des Toten Meeres, wurden die Edomiter sesshaft.
  • Etwas weiter nördlich, und zwar östlich des Toten Meeres, südlich des Arnon, setzten sich die Moabiter fest.
  • Die Ammoniter siedelten sich am Oberlauf des Jabbok, im Umkreis des heutigen Ammann, an, worin der Name der einstigen Ammoniterhauptstadt Rabbat Ammon weiterlebt.

Der Name "Aramäer" erlitt in der Folgezeit eine Einengung. Er wurde letztendlich auf die Gruppen der aramäischen Wanderung beschränkt, die am weitesten nach Norden vordrangen und im Gebiet des heutigen Syrien, also östlich des Antilibanon bis hin zum Eufrat, ansässig wurden. Dort bildeten diese Gruppen mehrere Staaten.

Der Aramäerstaat von Damaskus gewann als unmittelbarer Nachbar Israels in unserem Zusammenhang besondere Bedeutung.

Die Edomiter, Moabiter, Ammoniter und Israeliten gaben nach der Landnahme ihre angestammte Sprache, das Aramäische, auf. Sie nahmen "die Sprache Kanaans", d. h. die Sprache der im Land ansässigen Bevölkerung, an. Die in Syrien sesshaft gewordenen Gruppen hingegen behielten das Aramäische bei und wurden darum auch als "Aramäer" im engeren Sinn bezeichnet.

3. Der Einbruch der Seevölker

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Anker.

Foto-Button© Katholisches Bibelwerk Linz, Kapuzinerstr. 84, A-4020 Linz

Etwa gleichzeitig mit der Landnahme der Israe­li­ten und der anderen aramäischen Gruppen erfolgte der Einbruch der Seevölker in den Vor­deren Orient.

Im Laufe des 13. Jahrhunderts v. Chr. stießen Seevölker im Zuge der sogenannten ägäischen Wanderung vom Balkan oder der Ägäis her auf dem Seewege über Kreta ⋅2⋅ und auf dem Landweg über Kleinasien vor.

Sie zerstörten dabei die kretisch-mykenische Kultur, zerschlugen das Großreich der Hetiter, zogen an der syrisch-palästinensischen Küste entlang nach Süden und bedrohten Ägypten.

Nachdem sie Ramses III. zu Beginn des 12. Jahrhunderts v. Chr. in einer großen Land- und Seeschlacht besiegt hatte und ihnen damit der Weg nach Ägypten versperrt war, setzten sie sich an der palästinensischen Küstenebene fest.

Ein Teil von ihnen, in ägyptischen Texten mit den Konsonanten "tkr" bezeichnet, wurde südlich des Karmelvorsprunges ansässig. Eine andere Gruppe siedelte sich westlich des judäischen Gebirges an. Dies waren die aus dem Alten Testament bekannten Philister. Sie gründeten hier die Stadtstaaten Gaza, Aschkelon, Aschdod, Ekron und Gat.

Das für den Orientalen Fremdartige dieser Völkergruppen kommt in der verächtlichen Bezeichnung "die Unbeschnittenen" zum Ausdruck. Die Beschneidung war im Alten Orient ein weit verbreiteter und keineswegs auf Israel festgelegter Brauch. Ihn kannten die Philister nicht.

In der Folgezeit waren die Seevölker ständig bestrebt, ihren Landbesitz nach Osten hin zu erweitern. Dadurch wurden sie längere Zeit zur gefährlichsten Bedrohung für die Israeliten.

Weiter-ButtonZurück-Button Anmerkungen

1 Vgl.: Martin Metzger, Grundriß der Geschichte Israels (Neukirchen 5. Auflage 1979) 39-48. Zur Anmerkung Button

2 Kreta wird im Alten Testament Kaftor genannt (Gen 10,14; Dtn 2,23; Am 9,7). Zur Anmerkung Button