Unser Gottesdienst

Verstehen, deuten, neue Wege beschreiten


Weiter-Button Zurück-Button "... eine Zeit zum Klage und eine Zeit für den Tanz..." (Koh 3,1. 4) - zur Bedeutung des Kirchenjahres

Der christliche Jahreskreis. Warum dauert Weihnachten nicht mehr bis zum 2. Februar? Von Festtagen, die keiner mehr kennt. Welche Bedeutung haben die verschiedenen Farben? Und welche Rolle spielt der Sonntag?

"Ein schönes Wochenende noch!",

das ist vielleicht der häufigste Gruß an einem Freitag. Samstag und Sonntag sind im allgemeinen Bewusstsein schon lange zum Wochenende geworden. Auch in meinem Kalender bilden diese beiden Tage - ganz einfach, weil es praktischer ist - die letzten Spalten in der Wochenübersicht. Und ich habe mir sagen lassen, dass es der internationale Flugverkehr gewesen sei, der letztlich dafür gesorgt hat, dass weltweit alle Kalender die Woche mittlerweile mit dem Montag beginnen und dem Sonntag schließen lassen.

Wenn der Donnerstag zum Mittwoch wird

Interessanterweise fällt den wenigsten dabei etwas auf. Im Blick auf diese Wocheneinteilung höre ich immer wieder, dass sie doch ganz normal sei. Schon in der Bibel stünde ja: 'Und am siebten Tage ruhte er!' Und der Ruhetag sei ja schließlich der Sonntag.

Und selbst die Kinder im Schülergottesdienst - wenn sie überhaupt noch eine Antwort auf diese Fragen wissen - sagen immer häufiger, dass wir deshalb den Sonntag feiern, weil das der Ruhetag sei und weil Gott am siebten Tag geruht hat.

Irgendwie eigenartig ist nur, dass in der Mitte der Woche dann der Donnerstag steht. Warum heißt der Donnerstag dann aber Donnerstag und nicht vielmehr Mittwoch? Und warum steht der Tag, der bezeichnender Weise den Namen der Mitte der Woche trägt, nicht in der Mitte, sondern an dritter Stelle?

Der Mittwoch ist schließlich nur dann wirklich Mitte der Woche, wenn er der vierte und der Sonntag dementsprechend der erste Tag der Woche ist!

Sozialrevolution Sabbat

Und das ist auch die ursprüngliche Ordnung der christlich - jüdisch - biblischen Woche. Der siebte Tag der Woche, den Gott nach biblischem Bericht zum Ruhetag erklärte und der für die Juden noch heute der heilige Tag schlechthin ist, das ist der Sabbat - und der Sabbat entspricht unserem Samstag.

Vermutlich ist er der älteste Heilige Tag, der bis heute Bestand hat, in der Geschichte der Menschheit überhaupt.

Und er ist darüber hinaus eine der bedeutendsten sozialen Errungenschaften die es in dieser Menschheitsgeschichte überhaupt gibt. Der Sabbat ist ein Ruhetag, und zwar ein Ruhetag für alle! Nicht nur diejenigen, die es sich leisten konnten, setzten sich an diesem Tag zur Ruhe, alle - Sklaven und Diener und Mägde, ja selbst das Vieh: die ganze Schöpfung - finden an diesem Tag Ruhe und Zeit zum Durchatmen.

Wir haben uns mittlerweile schon so an die Möglichkeit gewöhnt, dass es Freizeit für alle gibt, dass wir die Bedeutung eines solchen Tages kaum noch zu ermessen vermögen.

Vom Sabbat zum Sonntag

Der christliche Kalender hat diese jüdisch-biblische Zeiteinteilung übernommen.

Und die Psychologie bestätigt uns, wie wichtig solch eine Periodisierung des Zeitablaufes für uns Menschen ist. Der Wechsel von Zeit für die Arbeit und Zeit für Muse und Entspannung hat weit mehr als historische oder religiöse Bedeutung.

Die Christen verlagerten den Akzent allerdings sehr früh auf einen anderen Wochentag: auf den Sonntag. Und es wundert mich immer wieder, dass der Grund dafür so selten richtig benannt wird - auch von regelmäßigen Kirchgängern nicht - obwohl in der Messe, an ganz herausragender Stelle - unmittelbar vor der Wandlung nämlich - die Begründung für die Feier dieses Tages an jedem Sonntag messerscharf angegeben wird.

Ich zitiere nur den Text, wie er im zweiten Hochgebet formuliert ist:

"Darum kommen wir vor dein Angesicht und feiern in Gemeinschaft mit der ganzen Kirche den ersten Tag der Woche als den Tag, an dem Christus von den Toten erstanden ist."

Nach biblischer Überlieferung ist nämlich der erste Tag der Woche, der später so genannte Sonntag, der Tag, an dem der Gekreuzigte auferstanden ist. Es ist der Auferstehungstag, der Ostertag.

Versammlung am ersten Tag der Woche

Und schon die biblischen Texte berichten davon, dass man sich genau an diesem Tag zum Herrenmahl, zum Brechen des Brotes getroffen hat.

Als die Jünger am Abend des ersten Tages der Woche versammelt waren, berichtet das Johannes-Evangelium (Joh 20), dass Jesus in ihre Mitte kam. Und acht Tage später, wieder am ersten Tag der Woche, waren sie wieder zusammen.

Die Versammlung am Sonntag ist so alt wie die Kirche selbst. Damit, dass sich Christen am ersten Tag der Woche treffen, damit beginnt eigentlich Kirche.

Vom Unsinn einer Sonntagspflicht

Deshalb fällt es mir nicht nur schwer, sondern tut mir auch immer wieder weh, wenn auch heute noch von einer Sonntagspflicht gesprochen wird.

Das klingt für mich, als würde man in die Statuten eines Kaninchenzüchtervereins hineinschreiben, dass die Mitglieder verpflichtet sind, Kaninchen zu züchten. Ein Kaninchenzüchterverein, der keine Kaninchen züchtet, ist alles, nur kein Kaninchenzüchterverein.

Und Kirche oder Gemeinde, die nicht zusammenkommt, um ihren Glauben am Sonntag miteinander zu feiern, ist genauso wenig Kirche, wie ein Fußballverein Fußballverein ist, der alles tut, nur nicht Fußball zu spielen.

So kann Sonntagspflicht im besten Falle noch als positive Selbstverpflichtung umschrieben werden. Wie ein Fußballbegeisterter in einen Verein eintritt, um mit anderen zusammen Fußball zu spielen, so macht sich ein von Jesus Christus ergriffener auf, um mit anderen Menschen zusammen Nachfolge Christi nicht nur zu leben sondern auch gemeinsam zu feiern.

52 Mal Ostern feiern

So prägt der Sonntag auch das Erscheinungsbild von Kirche von Anfang an. Er ist die älteste Einteilung des Kirchenjahres überhaupt.

Im Grunde genommen geht es darum, jede Woche aufs Neue den Ursprung unseres Glaubens und den Inbegriff unserer Erlösung, nämlich Ostern zu feiern.

Ein besonderes Osterfest

Offenbar hat aber sehr rasch nicht nur der wöchentliche Ostertag, sondern auch das Jahresgedächtnis des Auferstehungstages die Aufmerksamkeit der Christen auf sich gezogen.

Dabei war offensichtlich anfangs der Termin für ein solches Jahresgedächtnis nicht ganz unumstritten. Das jüdische Paschafest, der 14. Nisan, setzte einen Akzent im Blick auf den Jahrestag, aber dieser Tag war natürlich in den seltensten Fällen ein Sonntag. Und weiten Kreisen war der erste Wochentag als Tag der Auferstehung offenbar sehr wichtig. Auch geisterte im zweiten und dritten Jahrhundert das Datum des 25. März als vermeintlicher Todestag Jesu durch die christliche Überlieferung, so dass mancherorts dieser Termin - in Gallien noch bis ins 6. Jahrhundert - als unbewegliches Osterdatum festgehalten wurde.

Alles in Allem hat sich der Sonntag nach dem jüdischen Paschafest als christlicher Ostertermin durchgesetzt. Es ist dies der erste Sonntag nach dem ersten Vollmond im Frühling.

Die drei österlichen Tage

Seiner Bedeutung entsprechend geht es dabei allerdings nicht so sehr um einen einzelnen Tag, sondern um das gesamte Geschehen von Leiden, Tod und Auferstehung Jesu Christi.

Dem gemäß sind es genau genommen auch drei Tage, die das Osterfest prägen: die so genannten drei österlichen Tage beginnend mit der Abendmahlsfeier am Abend des Gründonnerstages, über den Karfreitag mit dem Gedächtnis an Jesu Sterben und Tod, bis hin zur Auferstehungsfeier in der Osternacht.

Die Liturgiereform hat bei der Neuordnung des Kalenders diese Zeit wieder neu ins Bewusstsein gehoben und die einzelnen gottesdienstlichen Feiern an diesen Tagen zu einer Einheit werden lassen. So ist wieder neu deutlich geworden, dass Tod und Auferstehung Christi zusammengehören und gemeinsam das Grunddatum unserer Erlösung sind.

Die peinliche Situation, dass evangelische Christen vor allem den Karfreitag und Katholiken den Ostersonntag betonten und damit beide Ereignisse in ihrer Bedeutung schon fast gegeneinander ausgespielt wurden, ist damit Gottlob überwunden.

Die Osterwoche

Was uns heute normalerweise abgeht, nämlich eine Ausdauer im Feiern - wir bereiten uns Ewigkeiten vor, aber die Feier selbst wird dann ganz rasch abgehakt - das war in der Vergangenheit offenbar noch ganz anders.

Ein solch bedeutendes Fest wie der Ostertag, wurde selbstverständlich nicht nur an einem Tag gefeiert. Es kam zur Ausbildung einer eigenen Osteroktav. Das heißt: die ganze Woche hindurch ist Ostern. Jeder Tag der Osterwoche, bis zum Sonntag nach Ostern einschließlich, wird Ostern gefeiert.

Von daher wird schon deutlich, dass unser Ostermontag als zweiter Feiertag etwas komisch anmutet. Er hat jetzt eigentlich zu große Bedeutung, oder der Rest der Woche zu wenig. Der Ostermontag ist genauso wie der Osterdienstag und -mittwoch, ein Tag der Osteroktav und damit gleich wichtig wie die folgenden Tage der Osterwoche.

Eine ganze Osterzeit

Und damit nicht genug: die ganze auf den Ostersonntag folgende Zeit, fünfzig Tage lang, beherrscht der Ostergedanke den Jahresablauf.

Da die Apostelgeschichte davon berichtet dass Jesus den Aposteln "vierzig Tage hindurch" erschienen sei und vom Reich Gottes gesprochen habe (Apg 1,3), dann aber zu seinem Vater in den Himmel heimgekehrt sei, feiern wir nach vierzig Tagen das Fest Christi Himmelfahrt.

Pfingsten

Und zehn Tage darauf, am sogenannten fünfzigsten Tag - und nichts anderes besagt der Name Pfingsten, Pentekostæ, der fünfzigste (Tag) nämlich - endet die Osterzeit mit dem sogenannten Pfingstfest, das an die Aussendung des Geistes auf die Jünger, die an diesem alten ursprünglich Erntedankfest zum Abschluss der Getreideernte wieder in Jerusalem versammelt waren, erinnert.

Man darf den Pfingsttag dabei nicht überbewerten. Er ist nicht das dritte große Fest neben Ostern und Weihnachten, und erst recht nicht, wie man es ab und an hören kann, das Geistfest, nachdem Ostern so etwas wie das Fest des Vaters und Weihnachten das Fest des Sohnes sei. Es gibt demnach auch keinen eigenen Pfingstfestkreis. Pfingsten ist einfach der Abschluss des Osterfestkreises.

Und der Pfingstmontag, um den vor allem Vereine und Gewerkschaften, als es um den Erhalt des Feiertages ging, gekämpft haben, kommt im kirchlichen Festkalender schon gar nicht mehr vor.

Die Österliche Bußzeit

Neben dieser ausgiebigen Festzeit prägt den Osterfestkreis auch eine Vorbereitungszeit, die sogenannte Österliche Bußzeit.

Dies ist eine Zeit, die ganz besonders durch Neuorientierung des Menschen, durch Umkehr, Gebet und Werke der Liebe gekennzeichnet sein soll. Verzicht und Fasten sind nur ein Akzent dieser meist so genannten "Fastenzeit".

Vierzig Tage lang dauert sie - wobei jeder, der einen Kalender zur Hand nimmt, gleich feststellen wird, dass die Zeit vom Aschermittwoch, mit dem dieser Abschnitt beginnt, bis zum Ostersonntag, weit mehr als vierzig Tage umfasst. Das hängt damit zusammen, dass die Sonntage seit jeher vom Gedanken des Buße-Tuns und Fastens ausgenommen waren. Sie gehören streng genommen nicht zu den vierzig Tagen dazu.

Da einige Mönchsgemeinschaften im Mittelalter das Fasten übertrieben haben, sah sich eine Synode sogar dazu veranlasst, Fasten am Sonntag ausdrücklich zu verbieten! Das bezieht sich wohlgemerkt auf das Fasten, und Fasten ist etwas anderes als ein gesunder Verzicht. Wenn sich also jemand für die Fastenzeit etwa den Vorsatz nimmt, auf Alkohol oder Rauchen zu verzichten, dann darf er das selbst im Sinne jener Synode selbstverständlich auch am Sonntag tun.

Die Adventszeit

Eine ganz ähnliche Vorbereitungszeit gibt es im zweiten großen Festkreis des Kirchenjahres, nämlich die Adventszeit. Die vier Wochen vor Weihnachten sind der Vorbereitung auf das Fest der Geburt Christi gewidmet.

Weihnachten

Das Weihnachtsfest selbst, das im Bewusstsein der Menschen oftmals größere Wertschätzung erfährt als das Osterfest, rangiert tatsächlich in seiner Bedeutung nach Ostern. Es ist dementsprechend auch später entstanden.

Selbstverständlich ist es historisch nicht mehr nachprüfbar, wann genau Jesus geboren wurde. Es gibt darüber keinerlei Aufzeichnungen.

Bisher wurde häufig die Theorie vertreten, dass der 25. Dezember in Rom im 3. Jahrhundert einfach als Gegensatz zum Mithras-Mythos oder auch als christliche Antwort auf den Kult der unbesiegten Sonne geformt wurde. Diese Ansicht scheint sich heute nicht mehr halten zu lassen. Im dritten Jahrhundert begann man vermutlich vielmehr den vermeintlichen Todestag Christi, den 25. März mit dem Tag seiner Empfängnis gleichzusetzen [Vgl. Josef Ratzinger, Der Geist der Liturgie (Freiburg - Basel - Wien 2000) 93-94]. An diesem Tag feierte man fortan offensichtlich den Tag der Verkündigung der Geburt Jesu durch den Engel und neun Monate später wurde dann folgerichtig die Geburt selbst gefeiert.

Ein zweites Weihnachtsfest

Im Ostkirchlichen Bereich wird demgegenüber - vermutlich ursprünglich aufgrund einer Kalenderdifferenz - das Weihnachtsfest am 6. Januar gefeiert. Dieser Tag erinnert auch bei uns noch durch seine Bezeichnung "Erscheinung des Herrn" an diesen eigentlichen Festinhalt. Erst später wuchs ihm bei uns, durch die Verbindung mit dem Gedanken an den Besuch der Weisen aus dem Morgenland ein etwas anderer Gehalt zu.

Die Weihnachtszeit

Auch das Weihnachtsfest hat eine Entfaltung in einer regelrechten Weihnachtszeit erhalten.

Hier ist zunächst die "Weihnachtswoche", die sogenannte Weihnachtsoktav zu nennen. Diese endet mit dem 1. Januar, der von daher - kirchlich betrachtet - wenig mit Neujahr zu tun hat, sondern als Oktavtag von Weihnachten zum Fest der Gottesmutter Maria erkoren worden ist. Das hängt auch damit zusammen, dass Neujahr im kirchlichen Kalender gar nicht vorkommt, sondern das Kirchenjahr bereits mit dem ersten Advent beginnt.

Und was ist mit "Mariä Lichtmess"?

Und dies alles ist eingebettet in eine Weihnachtszeit, die - im Vergleich zur Osterzeit - recht kurz ist.

Auch das ist eine Folge der Kalenderreform in der Folge des II. Vatikanischen Konzils. Die früher einmal bis zum Fest der "Darstellung des Herrn", oder - wie man früher sagte - "Mariä Lichtmess", reichende Weihnachtszeit, die dadurch 40 Tage dauerte, hat man mit der Einführung des erneuerten kirchlichen Kalenders stark verkürzt.

So heißt es im Messbuch kurz und knapp: "Die Weihnachtszeit reicht von der ersten Vesper der Geburt des Herrn bis zum Sonntag nach Erscheinung des Herrn bzw. dem Sonntag nach dem 6. Januar einschließlich." Dieser Sonntag, das Fest der "Taufe des Herrn", beschließt heute den Weihnachtsfestkreis.

Auch dadurch wird die unterschiedliche Bedeutung von Ostern mit seiner ausgeprägten Festzeit und dem Weihnachtsfest mit der deutlich kürzeren Weihnachtszeit noch einmal unterstrichen.

Hochfest, Fest, Gedenktag

Neben diesen beiden großen Festtagen gibt es nun im Verlauf des Kirchenjahres eine verwirrende Fülle weiterer Feiertage, die darüber hinaus auch noch mit den eigenartigen Klassifikationen "Hochfest", "Fest" und "Gedenktag" umschrieben werden.

Diese Unterscheidung ist eigentlich ganz einfach. Hochfeste sind Feiertage, die wichtige Glaubensinhalte in den Blick nehmen. Sie beginnen in aller Regel bereits am Abend zuvor und sind so wichtig, dass sie auch dann gefeiert werden, wenn sie auf einen Sonntag fallen. An Hochfesten wird in der Messe übrigens immer das Gloria und auch das Glaubensbekenntnis gebetet.

Feste sind Feiertage, die beispielsweise den Aposteln gewidmet sind. Sie sind besonders hervorgehoben, so dass beispielsweise in der Messe am Festtag auch das Gloria gesungen wird. Wenn sie auf einen Sonntag treffen, entfallen sie im entsprechenden Jahr jedoch.

Und Gedenktage sind einfach Tage des Jahres, die dem Gedächtnis beispielsweise eines Heiligen gewidmet sind.

Vorgeschriebene Feiern

Nicht alle dieser Gedenktage müssen dabei gefeiert werden. Die meisten Heiligengedenktage kennzeichnen einfach den Todestag des entsprechenden Menschen, der nach unserer Glaubensüberzeugung nun so etwas wie der Geburtstag für den Himmel darstellt.

Dort, wo die Verehrung der entsprechenden Person größere Bedeutung hat, wird man nun stärker auf ihn eingehen, andernorts eben weniger. Darüber hinaus kann es natürlich auch sinnvoll sein, sich mit eher unbekannten Gestalten wieder neu auseinanderzusetzen, und ihre Bedeutung auch für die eigene Glaubenspraxis wieder neu zu entdecken.

Die liturgischen Farben

Werfen wir noch einen Blick auf die verschiedenen Farben, die uns im Gottesdienst begegnen. Auch sie haben selbstverständlich ihre Bedeutung.

Hierbei müssen wir uns daran erinnern, wie schwer es in der Antike war, Stoffe zu färben. Deshalb waren farbige Stoffe auch so ungeheuer teuer.

Die Amtstracht im römischen Reich wurde zum Beispiel mittels des Sekrets der Purpurschnecke gefärbt. Und all unsere liturgischen Farben sind deshalb im Grunde auch Purpurfarben.

Wenn man Purpur nämlich mit Naturfarben mischte, dann ergab dies einen grünen Ton. Er stellt noch die günstigste Purpurfarbe dar und von daher verwendet man eben im Jahreskreis, wenn nichts besonderes war, noch bis heute die grüne Farbe.

Nimmt man nur Purpurschnecken, dann erhält man rot. Von der Farbassoziation zu Blut her bietet sich diese Farbe schon für Märtyrerfeste und auch für das Pfingstfest mit seinen roten Feuerzungen an.

Wenn man noch mehr Purpurschnecken zum Färben verwendet, dann erhält man das satte Violett. Und diese Farbe wurde schon früh für die beiden wertvollen Vorbereitungszeiten, die Advents- und die österliche Bußzeit verwendet.

Nur der Einsatz von fast unendlich vielen Purpurschnecken ergibt nun einen Farbton, der annähernd schwarz entspricht - die Farbe, die man am Schwersten herstellen konnte. Sie war so kostbar, dass lediglich ein Mann im römischen Imperium ein wirklich schwarzes Gewand hatte: und das war der Kaiser - und er trug es auch nur einmal im Jahr.

Von daher klar, dass "schwarz" sich in fast allen Kulturen zur Festtagsfarbe, zur wertvollsten Farbe entwickelt hat. Und ausgerechnet diese Farbe, holt die Liturgie zur Beerdigung hervor, die Festtagsfarbe. Das Trauergewand bestand überall sonst aus ungefärbtem, einfachem Stoff.

Wenn die Christen bei der Beerdigung die schwarzen Gewänder hervorholen, dann einzig und allein, um damit zum Ausdruck zu bringen, dass trotz des Schmerzes für den Christen auch im Tod nicht die Trostlosigkeit obsiegt.

Jetzt gibt es eigentlich nur noch eine Farbe, die noch kostbarer ist, und diese Farbe ist schon keine Farbe mehr, es ist das Metall Gold. Und die goldbestickten Gewänder oder der mit Goldfäden durchwirkte Stoff ziert nun die Christus- und Heiligenfeste des Jahreskreises sowie die großen Festzeiten Weihnachten und Ostern, die uns die großen Ereignisse der Geschichte Gottes mit uns Menschen wieder neu vor Augen führen.


Abschließend wieder ein paar Thesen.

These 1

Mir fällt auf, dass immer häufiger - vor allem in den Medien - die Woche zwischen Palmsonntag und Ostern als Osterwoche bezeichnet wird.

Das ist völliger Blödsinn und eine Unsitte, die - wenn wir es überhaupt noch verhindern können - weiter dazu führen wird, den Charakter der Karwoche als Passionswoche ganz aus dem Bewusstsein zu verdrängen. Zumindest wir sollten Wert darauf legen, dass die Osterwoche die Woche nach Ostern ist. Die Woche davor heißt immer noch Karwoche.

These 2

Ganz im Unterschied dazu hatte der Oktavtag von Weihnachten auch im Empfinden der Christen noch nie besonders viel mit einem Marienfeiertag zu tun.

Wenn die Lebenswirklichkeit der Gemeinden ernst genommen werden soll, dann muss man - Maria wird dies verzeihen - redlicherweise an diesem Tag auch dem Jahresanfang den ihn im Bewusstsein der Menschen gebührenden Platz einräumen.

These 3

Kirchlicher Kalender ist das eine, und Brauchtum manchmal etwas anderes.

Auch wenn die Weihnachtszeit mit dem Fest der "Taufe des Herrn" bereits endet, bedeutet das ja nicht, dass der Christbaum und vor allem die Weihnachtskrippe, die ja gerade wenige Tage zuvor erst um die "Drei Könige" komplettiert wurde, bereits wieder aus Kirchen und Wohnungen verschwinden müssen.

These 4

Ein besonderes Anliegen muss uns der Sonntag sein, der in den letzten Jahren seinen langsamen und weithin unbeachteten Tod stirbt. Hier sind die Christen ganz besonders gefragt.

(Dr. Jörg Sieger)

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