Unser Gottesdienst

Verstehen, deuten, neue Wege beschreiten


Weiter-Button Zurück-Button "Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes" - zum Beginn der Messfeier

Warum läuten die Glocken? Warum Weihwasser? Vom Unterschied zwischen Zeichen und Magie. "Versammlung des wandernden Gottesvolkes" contra "rette deine Seele". Was soll die Inszenierung eines "großen Einzuges"?

Luxor in Ägypten. - Es ist Freitagmorgen. - Feiertag im islamischen Land.

Alles ist ruhig - bis plötzlich, kurz nach fünf Uhr in der Früh, die Stimme des Muezzin von allen Minaretten der Stadt die Stille der Dunkelheit durchbricht und zum Gebet aufruft.

Auch in Luxor pflegen die Menschen den Feiertag ruhig anzugehen. - Man stelle sich vor, was bei uns los wäre, wenn Sonntags Morgens um Viertel nach Fünf alle Glocken zu läuten begännen...

Glockenlärm

Glockengeläute wird bei uns mittlerweile vielerorts als Lärm empfunden. Und mit Geräuschpegelmessungen werden Kirchtürme daraufhin untersucht, ob der Lärm, den sie verursachen für die Anwohnerschaft noch tragbar ist.

Und Vielen fehlt absolut nichts, wenn Glocken - wje bei uns vor einigen Monaten geschehen - aufgrund von Sanierungsarbeiten über einen größeren Zeitraum hinweg abgeschaltet bleiben. Dann heißt es nur: Endlich stört nichts mehr, endlich ungestört ausschlafen können.

Stören Glocken denn nur noch?

Ich möchte keinen Umfrageergebnissen vorgreifen, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass sich ein Großteil der Bevölkerung wirklich nur gestört fühlt.

Glocken sind für unsere Ohren vielleicht noch um manches harmonischer und melodischer als der blecherne Ruf des Muezzin aus dem Lautsprecher, aber sie sind trotz allem laut - und für viele sind sie einfach nur laut.

Und es mag der Tag kommen, an dem sie auch bei uns unter die Lärmschutzverordnung fallen werden und das Läuten nur noch zu bestimmten Zeiten und unter ganz bestimmten Auflagen erlaubt sein wird.

Warum Glocken stören

Denn Glocken stören, und sie wollen das auch. Glocken sind dazu da, um zu stören. Es ist ihr Wesen, den einfach vor sich hin plätschernden Strom der Zeit zu stören und zu unterbrechen.

Deshalb läuten bei uns die Glocken - und ich meine jetzt nicht den Stundenschlag, der einfach mechanisch den Ablauf der Zeit und ihr Verstreichen anzeigt:

Ich meine das Geläute, das uns Morgens, Mittags und am Abend - zu Beginn, zur Mitte und zum Ende eines Tages - aus unserem Tun herausreißen, zum Innehalten und zum Gedenken an Gott ermahnen möchte.

Wie aus längst vergangenen Tagen

Eine Kollegin hat einmal davon erzählt, wie sie durchs Feld gegangen ist, und einen alten Mann antraf, der gebeugt über seiner Sense stand.

'Dem muss schlecht geworden sein', durchschoss es sie. Und sie eilte zu ihm hin, um zu fragen, ob er Hilfe brauche. Doch sie bekam lediglich die etwas ungehaltene Antwort: "Können Sie mich denn nicht in Ruhe beten lassen?"

Erst da bemerkte sie, dass die Glocken gerade den "Angelus" läuteten.

Das hört sich an, wie eine Geschichte aus längst vergangenen Tagen. Dass Menschen im konkreten Tun einfach innehalten und sich auf Gott besinnen, dem "ganz Anderen" Raum in meinem Leben geben, das ist weithin verloren gegangen.

Kaum jemand, der seine Arbeit noch unterbricht, um zu beten; kaum jemand, der während seiner Arbeit das Läuten der Glocken überhaupt noch wahr nimmt.

Glocken als Ärgernis

Und so läuten sie gemeinhin ins Leere, unsere Glocken, und ärgern eigentlich nur noch - vor allem diejenigen, die sich dessen bewusst sind, dass sie vor lauter Diesseitigkeit eine wichtige Dimension dieses Lebens einfach unterschlagen.

Denn all diejenigen werden von den Glocken ganz unsanft und immer wieder auf diese Dimension verwiesen, an Gott erinnert. - Und wer lässt sich schon gerne an etwas erinnern, von dem er eigentlich weiß, dass er es anders angehen sollte. - Und all die anderen stören sich nur noch daran, regen sich über die Lärmbelästigung auf und sorgen dafür, dass immer häufiger - wie bei uns bereits am Sonntagmorgen - das Geläute ganz unterbleibt.

Wenn Kinder mit dem Bad ausgeschüttet werden

Daran tragen wir nicht geringe Mitschuld. Denn auch die sogenannten praktizierenden Christen, gewinnen dem Geläute schließlich kaum noch etwas ab. Im Grunde genommen hält man doch eher aus Tradition daran fest, aus folkloristischen oder kulturellen Gründen. Aber eine konkrete Bedeutung für das eigene Leben hat das sogenannte Angelus-Läuten auch für die aktive christliche Gemeinde am Ort in aller Regel nicht mehr.

Das hängt vielleicht und zu einem ganz kleinen Teil damit zusammen, dass traditioneller Weise mit dem Läuten der Glocken das Angelus-Gebet verbunden war.

Hier ist jetzt nicht der Platz, auf die Bedeutung dieses Gebetes einzugehen Tatsache ist, dass es vielen Christen fremd geworden ist.

Schlimm ist nur, dass, wenn Form und Art eines Gebetes nicht mehr verstanden werden, dies zum Vorwand genommen wird, gleich die ganze Praxis über Bord zu werfen.

Es ist schließlich nicht wichtig, was wir beten. Es ist wichtig, dass wir beten.

Und wenn die Glocken läuten, sollten sie uns zumindest dazu bringen, einen Gedanken an Gott zu verschwenden - ganz egal in welcher Form.

Nicht etwa um der Glocken willen - nicht deshalb, damit Glocken auch in Zukunft noch läuten werden. Wenn sie keine Bedeutung mehr für uns haben, dann brauchen sie auch nicht mehr zu läuten. Aber es geht um uns: Es geht um unseren Tagesablauf, unsere Zeit und unser Leben.

Akzentuierte Zeit

Denn wir Menschen brauchen solche Störungen des Ablaufs der Zeit.. Wir brauchen etwas, das uns aufmerken lässt, das uns davor bewahrt, im alltäglichen Trott aufzugehen und uns von ihm treiben zu lassen.

Wir brauchen die Erinnerung daran, dass es mehr gibt, als nur die Aufgaben, die wir gerade erledigen: Signale, die unsere Zeit strukturieren und über diese Zeit hinausweisen - letztlich verweisen auf den, der unsere Zeit übersteigt und sie von daher erst garantiert.

Solche Störungen, solche Unterbrechungen der Zeit, sind nämlich wie die Markierungen, die im Hochschwarzwald im Winter an einer Landstraße stehen, Signale, die uns auch bei noch so viel Schnee deutlich machen, dass wir uns auf der Straße befinden und uns nicht einfach in der weiten Landschaft verirrt haben.

Solche Signalmaste in der Zeit wollen unsere Glocken sein.

Ruf zur Versammlung

Und sie wollen darüber hinaus auch daran erinnern, dass wir auf dieser Strasse durch die Zeit nicht allein sind, dass wir sie nicht alleine zu bewältigen haben.

Deshalb rufen unsere Glocken nicht nur zum Gebet, deshalb rufen sie auch zur gottesdienstlichen Versammlung - und das ganz besonders am Sonntag.

Hier machen sie deutlich, dass es nicht nur Strukturen in unserem Tagesablauf braucht, dass Leben also nach Gliederung der Zeit verlangt, sondern genauso, dass es nach dem anderen Menschen verlangt: Die Glocken rufen zur Versammlung, zu einer Gemeinschaft.

Und damit verweisen sie uns bereits auf einen Wesenszug des Sonntagsgottesdienstes überhaupt: Hier geht es nämlich nicht nur um mich allein.

Wenn wir uns zum Sonntagsgottesdienst treffen, dann geht es nicht zuerst, gemäß dem alten Schlagwort "Rette deine Seele" um mich und meine religiöse Pflichterfüllung Gott gegenüber. Das in der Folge des II. Vatikanischen Konzils geprägte Verständnis unseres gottesdienstlichen Feierns in der Eucharistie betont ganz bewusst den Gedanken der Versammlung des wandernden Gottesvolkes, den Gedanken der Gemeinschaft.

Während wir auf der Wanderschaft der Woche unseren alltäglichen Aufgaben nachgehen, kommen wir am Sonntag gleichsam zum Rasten zusammen, um uns neue Orientierung und Ausrichtung auf das Wesentliche unseres Lebens schenken zu lassen.

Gottesdienst als gemeinsame Feier, als Rast und Orientierung für den nächsten Wegabschnitt, das sind wichtige Schlaglichter zur Umschreibung der Dimensionen, die dieses Geschehen prägen.

Das einigende Band

Natürlich hört sich das sehr theoretisch an. Was soll das denn für eine Gemeinschaft sein, die da zusammenkommt? Was verbindet uns denn wirklich, mit den anderen, die auch zum Gottesdienst kommen? Keiner hat sich den anderen ausgesucht. Und kaum einmal wird es zutreffen, dass wir die anderen wirklich lieben, die sich jetzt im gleichen Raum befinden. Bestenfalls sind sie uns relativ gleichgültig. Denn je besser wir sie kennen, desto mehr Krach gibt es oft zwischen uns. Von wirklicher Gemeinschaft kann doch gerade in traditionellen Ortsgemeinden absolut nicht die Rede sein.

Gemeinschaft sind wir aber nicht erst dann, wenn wir uns lieben, ja wir brauchen uns dazu nicht einmal verstehen. Es geht vielmehr um das Bewusstsein, dass wir zusammengehören, ob wir das wollen oder nicht.

Das ist ganz ähnlich wie in einer Familie: Ob sich die Menschen dort lieben oder nicht, ändert nichts an der Tatsache, dass sie zusammengehören.

Und genauso wie in einer Familie, genauso gehören auch Christen zusammen. Die Beziehung zu Gott, die für mich und mein Leben wichtig geworden ist, bringt mich - ob ich das will oder nicht - ganz automatisch auch in Beziehung zu allen Menschen, für die dieser Gott in gleicher Weise wie ein guter Vater oder eine liebende Mutter ist.

Erinnerung an die Taufe

Dafür gibt es ein Zeichen: Dass wir zusammengehören, miteinander verbunden sind, das symbolisiert nicht zuletzt die Taufe.

Die Taufe, mit der wir unsere Beziehung zu Gott feiern, ist nämlich nie nur als Symbol dafür verstanden worden, dass ich mit Gott in unmittelbarer Verbindung stehe. Sie hat immer auch die Bedeutung einer Aufnahme in die Gemeinschaft der Kirche gehabt.

Und interessanterweise gibt es in unserer Tradition ja genau die Erinnerung an dieses Zeichen, an das Sakrament der Taufe, am Beginn unserer Zusammenkunft im Gottesdienst.

Denn wenn wir den Kirchenraum betreten, nehmen die meisten von uns noch vom Weihwasser, das sich am Eingang findet, und zeichnen damit ein Kreuz über sich.

Das ist Erinnerung daran, dass ich getauft bin - und zwar im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Das Weihwasser ist Erinnerung an die Taufe, die meine Verbindung mit Gott und mit all den anderen Menschen, die zu ihm gehören, in den Blick bringt.

Zu keinem anderen Zweck ist Weihwasser im übrigen da. Auch wenn das Wasser über uns ausgesprengt wird, hat es keine andere Bedeutung, als uns an die Taufe zu erinnern: so wie es etwa bei der Krankensalbung heißt, wenn die Aussprengung des Wassers mit den Worten begleitet wird:

"Dieses Wasser erinnere uns an den Empfang der Taufe und an Jesus Christus, der uns durch sein Leiden und seine Auferstehung erlöst hat."

Magische Missverständnisse

Das möchte ich in aller Deutlichkeit betonen, denn mit Weihwasser wird viel Schindluder getrieben: Weihwasser ist nie und nirgendwo ein Zauberwasser. Und das gilt es immer wieder herauszustellen.

Wir Menschen neigen nämlich dazu, uns nach Techniken zu sehnen, mittels derer wir uns des Heiligen versichern können. Magie nennt man so etwas: Wenn ich den Zauber kenne, dann kann ich damit das Leben sichern, die Zukunft beeinflussen, und alle Mächte dazu zwingen, die Dinge so anzugehen, wie ich es gern haben möchte.

Das hat mit Glaube nichts zu tun. Das hat mit Aberglaube zu tun und mit der aberwitzigen Vorstellung, dass ich die Mittel in Händen halten könnte, um das Schicksal zu lenken. Wer danach verlangt, sucht die Macht über das Schicksal zu gewinnen. Er braucht die Technik, den Zauber. Gott braucht er eigentlich nicht.

Weihwasser als Zauberwasser

Gerade das Weihwasser stand und steht in der Gefahr, solch magischen Missbräuchen Tür und Tor zu öffnen.

Als Zauberwasser, mit dem Vampire und Dämonen gebannt werden, ist es aus Horrorfilmen nicht mehr wegzudenken. Und als Heilwasser zum Einnehmen und Einreiben nimmt es in Plastikflaschen in Mariengestalt mit abschraubbarer Krone als Flaschenverschluss schon groteske Formen an.

Eher spaßige Züge trägt da eine Anekdote die von dem Brauch berichtet, dass die Menschen am Eingang der Kirche das Weihwasser auf die Erde sprengten. Sie glaubten damit, die Leiden der "Armen Seelen" im Fegfeuer zu lindern.

Ein neuer Pfarrer, der diesen Brauch offenbar nicht kannte, wetterte nun dagegen, dass der Eingang der Kirche immer vollgetropft sei und richtige Pfützen auf dem Boden ständen.

Da soll dann eine alte Frau am Ende des Gottesdienstes mit vollen Händen aus dem Weihwasserbecken das Wasser auf den Boden geschaufelt haben, und zwar mit den Worten:

"Saufts ihr Armen Seelen, der Pfarrer vergunnt es euch nicht!"

So leid es mir auch für diese alte Frau tun mag, die sogenannten "Armen Seelen" haben vom Versprengen des Weihwassers leider nichts. Es handelt sich nämlich um ganz normales Wasser - Wasser dem keinerlei besondere Kraft innewohnt.

Warum geweihtes Wasser?

Die Weihe des Wassers besagt nämlich lediglich und nichts anderes, als dass wir dieses Wasser dem profanen Gebrauch entziehen.

Es soll eben nicht mehr zum Zähneputzen oder Kaffeekochen verwendet werden, sondern es soll dazu dienen, mit diesem Wasser zu taufen oder uns an die Taufe zu erinnern.

Und genau das soll es auch beim Eintritt in den Kirchenraum tun: Es erinnert uns daran, dass wir als getaufte Christen zum dreifaltigen Gott gehören und dass dieser Glaube uns verbindet, verbindet zu einer Gemeinschaft, die nun aus dem Alltag aufgebrochen ist, um hier, im gemeinsamen Gottesdienst, zur Ruhe zu kommen, zu Rasten und dabei neue Kraft zu schöpfen.

Der Einzug

Und gleich noch ein Zeichen bringt dies zu Beginn der Messe zum Ausdruck: Der Einzug der Zelebranten nämlich.

Ich mag sie sehr, die Gottesdienste, die wir im kleinen Kreis feiern, und bei denen wir ohne großen Aufwand, von Anfang an beisammen sitzen und ganz intensiv Gemeinschaft erleben. Aber nicht minder haben unsere feierlichen Gottesdienste mit all ihren Riten und Symbolen ihren Sinn und ihre tiefe Berechtigung - und hier schon die feierliche Prozession der verschiedenen Dienste, der Ministranten mit Kerzen, und ab und an auch Kreuz und Fahnen und Weihrauch.

Dieser feierliche Einzug ist ein Bild für das ganze Volk Gottes, das unterwegs ist, in dem jeder unterschiedliche Dienste und Aufgaben hat, das von Christus, symbolisiert durch die Kerzen, begleitet wird und in dem er in seinem Wort, dem mitgetragenen Evangelienbuch, anwesend ist.

Das Kreuz, das vorausgetragen wird, ist Zeichen dafür, dass wir unser Kreuz auf uns nehmen müssen und der Weg selbst, den wir zurücklegen, ein Kreuzweg ist. Es ist aber auch Zeichen dafür, dass Christus am Kreuz für uns alle bereits den Sieg davongetragen hat und eigentlich gar nichts mehr schief gehen kann.

Gemeinsames Tun

Was hier Priester, Ministranten - und eigentlich auch Kommunionspender und Lektoren - tun, das darf nicht zur Inszenierung verkommen. Wir spielen hier nicht einen Einzug vor. Es soll ein Symbol sein für unser gemeinsames Tun.

Diejenigen, die jetzt einziehen tun es stellvertretend für alle, die jetzt versammelt sind. Denn alle haben sich ja auf ihre Weise aufgemacht und haben den Weg hierher zurückgelegt.

Und die Liturgie unterstreicht das noch einmal, indem der Einzug durch gemeinsamen Gesang begleitet wird. Leider wird das nur ganz selten deutlich, denn in aller Regel ist der Einzug schon vorüber, bevor das Gemeindelied überhaupt erst beginnt.

Und mit deinem Geiste

Wenn nun die Prozession am Altar angelangt ist, fallen in der Regel die ersten Worte im Verlauf dieser Feier. Und sie weisen uns darauf hin, wer jetzt eigentlich wichtig ist. Wir beginnen nämlich "Im Namen des Vaters, und des Sohnes und des Heiligen Geistes."

Dies spricht zwar in aller Regel der Zelebrant, aber es ist gemeinsamer Beginn, was auch das von allen gesprochene "Amen" bekräftigt.

Nachdem das erste Wort auf Gott verwies, lenkt gleich das zweite den Blick auf uns. Denn jetzt folgt der wechselseitige Gruß, der noch einmal verdeutlichen möchte, dass es sich hier nicht um eine Inszenierung oder eine Aufführung einiger weniger handelt, sondern um eine wirklich gemeinsame Feier, ein gemeinsames Tun.

So begrüßen wir uns zu Beginn auch gegenseitig. Dem biblischen Gruß des Zelebranten "Der Herr sei mit euch", antwortet die Gemeinde normalerweise mit den Worten "Und mit deinem Geiste."

Ich weiß, das ist unheimlich gestelzt, und wahrscheinlich wäre die einfache Erwiderung "Und auch mit dir" sehr viel näher und damit auch angebrachter. Andererseits ist dieses Wechselgespräch eingespielt. Und für das Zeichen ist es weit wichtiger, dass es eine Erwiderung gibt, als wie genau sie aussieht.

Denn wie sehr solche Antworten deutlich machen, dass es sich um eine gemeinsame Feier handelt, zeigen mir persönlich viele Gottesdienste, in denen solche Antworten eben ausbleiben, weil man nicht mehr um sie weiß.

Wenn ich beispielsweise manche Hochzeit mit den Worten beginne, "Der Herr sei mit euch", und mangels Erwiderung dann fortfahre "und auch mit mir!", dann kann ich mich des Eindrucks häufig nicht erwehren, nicht gemeinsam mit Menschen zu feiern, sondern zum bloßen Zeremonienmeister zu verkommen, der allem vorsteht, nur nicht einem gemeinsamen Innehalten, das Kraft schenken soll, für den nächsten Abschnitt des Weges, der nun vor uns liegt.


Damit kommen wir aber zum Abschluss - und das heißt, wieder zu ein paar Thesen, die noch einmal unterstreichen sollen, was mir wesentlich erscheint und welcher Handlungsbedarf besteht.

Erste These

So scheint mir noch einmal wichtig zu untersteichen, dass Gottesdienst bereits mit der Versammlung beginnt. Schon das durch die Glocken symbolisierte Aufbrechen gehört zum Geschehen dazu.

Die Zeit vor dem Beginn der Messe ist daher keine leere Zeit, die möglichst knapp gehalten werden soll, am Besten dadurch, dass man sie noch verkürzt, indem man erst nach dem Eingangslied eintrifft.

Hier ist Zeit für Stille und persönliche Betrachtung, Elemente, die von Vielen im weiteren Ablauf der Messfeier vermisst werden. Deshalb gilt es diese Zeit zu füllen, damit sie als wertvolle Zeit deutlich werden kann.

Hier müssen wir miteinander überlegen, was hier hilfreich ist und was nicht.

Zweite These

Das Kreuzzeichen beim Eintritt in die Kirche darf nicht zum leeren Ritus verkommen. Und das Weihwasser muss vor magischem Missbrauch und entsprechender Missdeutung bewahrt werden.

Auch hier gilt es zu überlegen, wie entsprechendes Bewusstsein neu geweckt werden kann.

Dritte These

Und wenn das Lied zu Beginn der Messe etwas mit dem Einzug zu tun haben soll, dann müssen wir den Zusammenhang auch wieder deutlich machen.

Das Einzugsgeschehen ist weithin abgekoppelt vom Lied und das Eingangslied einfach zu einem ersten Lied verkommen, das nichts mehr mit dem liturgischen Einzug zu tun hat.

Es braucht wahrscheinlich nur wenig, um hier die Zusammenhänge wieder viel deutlicher herauszustreichen und das Bewusstsein zu schärfen, dass es nicht die Messe des Priesters ist, die hier beginnt und auch kein Geschehen weit weg von den Menschen ist, das jetzt seinen Ausgang nimmt, sondern unsere gemeinsame Feier, gemeinsame Feier unsers Glaubens.

(Dr. Jörg Sieger)

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