Unser Gottesdienst

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Weiter-Button Zurück-Button "Wie der Herr selbst uns gelehrt hat" - Gloria, Credo, Vater unser und Agnus Dei

Vater unser und Glaubensbekenntnis. Wann beten wir Gloria und wann das Credo? Allerlei Besonderheiten um das Brechen des Brotes.

Vier Texte und ihr liturgisches Umfeld aus ganz unterschiedlichen Teilen der Messfeier stehen im Mittelpunkt des heutigen Nachdenkens.

Natürlich könnten wir uns über jeden dieser Texte, vor allem über Glaubensbekenntnis und Vater Unser, ohne weiteres alleine, und das auch über mehrere Abende hinweg austauschen, aber wir wollen hier ja vor allem die Verwendung und den Ort der einzelnen Teile in der Messfeier beleuchten. Das mag das Zusammennehmen dieser vier Texte an einem Abend rechtfertigen.

Wir beginnen mit dem Gloria.

Warum überhaupt ein Gloria?

Es folgt an Sonntagen außerhalb der Advents- und Fastenzeit, sowie an Hochfesten, Festen und anderen festlichen Gottesdiensten auf das Kyrie.

Nachdem die Kyrielitanei in der Geschichte verkürzt worden war, und ihren ursprünglichen Charakter als huldigende Akklamation immer mehr verloren hatte, ja schon zu einem Bußruf geworden war, benötigte man, vor allem an Festtagen, geradezu einen Ersatz, um der Festfreude Ausdruck zu geben.

Seit dem frühen Mittelalter ist die Verwendung an Sonn- und höheren Feiertagen, mit Ausnahme der Advents- und Fastenzeit in normalen Gemeindemessen belegt.

Der Aufbau

Das Gloria ist ein Hymnus der Gott Vater, Gott Sohn und Gott Heiligen Geist feierlich preist, wenn auch mit ganz unterschiedlicher Gewichtung.

Der erste Teil ist ein Lobspruch auf Gott, beginnend mit dem Engelsgesang aus dem Weihnachtsevangelium (Lk 2,14).

Dieses

"Ehre sei Gott in der Höhe - und Friede auf Erden den Menschen seiner Gnade."

galt neben dem dreimal Heilig (Jes 6,3) geradezu als der "authentische himmlische Lobgesang".

An den Gesang der Engel schließt sich nun, ähnlich wie beim Sanctus, der Lobpreis der Menschen an:

"Wir loben dich, wir preisen dich, wir beten dich an, wir rühmen dich und danken dir, denn groß ist deine Herrlichkeit."

Lobrufe solcher Art sind in der Liturgie sehr alt, und waren schon vorher im öffentlichen Kaiserkult gebräuchlich.

Diese allgemeinen Preisungen Gottes mündet nun ein in den speziellen Lobpreis der einzelnen göttlichen Personen - zunächst des Vaters:

"Herr und Gott, König des Himmels, Gott und Vater, Herrscher über das All."

Dann des Sohnes:

"Herr, eingeborener Sohn, Jesus Christus, Herr und Gott, Lamm Gottes, Sohn des Vaters."

Eigentlich würde man jetzt den Lobpreis des Heiligen Geistes erwarten.

Vermutlich hat die Bezeichnung Jesu als "Lamm Gottes" jetzt aber dazu geführt, vielleicht in Anlehnung an das "Agnus Dei" weiter auszuholen:

"Du nimmst hinweg die Sünde der Welt, erbarme dich unser;
du nimmst hinweg die Sünde der Welt, nimm an unser Gebet;
du sitzest zur Rechten des Vaters: erbarme dich unser."

Diese Anrufungen gehen dann sogar noch über in eine dreigliedrige Christusdoxologie:

"Denn du allein bist der Heilige, du allein der Herr, du allein der Höchste: Jesus Christus",

worauf dann das Schlusslob folgt.

"mit dem Heiligen Geist, zur Ehre Gottes des Vaters. Amen."

Erst in diesem Schlusslob wird nun der Heilige Geist genannt.

Ähnlichkeit zum Aufbau des Apostolischen Glaubensbekenntnisses

Hierin ähnelt das Gloria im Aufbau ein wenig dem Apostolischen Glaubensbekenntnis: Auch dort sind die Prädikate, mit denen der Vater bezeichnet wird, relativ knapp gehalten, und die Heilsgeheimnisse um den Sohn sehr ausführlich dargestellt, während der Heilige Geist lediglich genannt wird.

Grundsätzlich Gemeindepart

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass das Gloria Volksteil ist. Deshalb sollte es auch nicht vom Priester angestimmt werden. Wenn es etwa aus kirchenmusikalischen Gründen angestimmt werden muss, sollte es viel eher der Kantor etwa als Vertreter der Gemeinde intonieren.

Sinnvolle Gestaltung des Hymnus

Zur Gestaltung im konkreten Gottesdienst sagt das Messbuch:

"Das Gloria wird gemeinsam gesungen oder im Wechsel von Gemeinde und Sängerchor oder von diesem allein. (Allgemeine Einleitung ins Messbuch, 87)"

Dies lässt eigentlich alle Möglichkeiten offen.

Natürlich geht das Messbuch dabei davon aus, dass es auch genau der Text des Gloria ist, entweder auf Latein oder eben in der Übersetzung, der zum Vortrag kommt. Das ist mittlerweile in den seltensten Fällen der Fall und hängt ein wenig damit zusammen, dass es - von den lateinischen Messgesängen in unserem "Gotteslob" einmal abgesehen - kaum mit der Gemeinde singbare Fassungen dieses Hymnus gibt - und schon gar nicht auf Deutsch. Da ist es vielleicht dann doch am sinnvollsten, den Hymnus, durch ein entsprechendes Loblied zu ersetzen, auch wenn sich den Liturgen dabei alles verkrampft.

Beten sollte man das Gloria in unserer Messfeier wirklich nur in Ausnahmefällen, oder vielleicht ab und an mit der Absicht, dadurch den Text selbst wieder einmal in Erinnerung zu rufen.

Das Credo

Damit kommen wir zum zweiten Text in unserem Zusammenhang, oder genauer genommen gleich zu zwei Texten: zum sogenannten "Apostolischen Glaubensbekenntnis" genauso wie zum Nicaeno Constantionopolitanum, oder einfacher zum "Großen Glaubensbekenntnis". Beide Texte finden sich in der Tradition unserer Gottesdienste.

Ursprünglich Element der Tauffeier

Dabei ist der heutige Platz zwischen Predigt und Fürbitten erst in zweiter Linie Ort des Glaubensbekenntnisses. Das Credo ist ursprünglich Element der Tauffeier.

Die Taufbewerber hatten es auswendig zu lernen und in einer Art Prüfung dem Bischof aufzusagen. Als persönliches Bekenntnis ist es daher auch in der Ich-Form abgefasst, was schon allein darauf hinweist, dass es ursprünglich gar nicht für das gemeinsame Beten im Gottesdienst gedacht war

Großes oder Apostolisches Glaubensbekenntnis

Das lateinische Messbuch betrachtet das große Glaubensbekenntnis als obligatorisch, während das deutsche Messbuch das Apostolische Glaubensbekenntnis ausdrücklich gestattet.

Das ist auch sinnvoll. Nicht weil das sogenannte Apostolicum etwa auf die Apostel zurückgehen würde. Das ist eine Legende. Aber die dogmatischen Erweiterungen, des großen Glaubensbekenntnisses vor allem der gleichsam gefrorene theologische Extrakt der trinitarischen Kämpfe der Frühzeit haben - erst recht beim Gebet in der Landessprache - weit weniger ansprechende und auch verkündigende Wirkung als die eher knapp aber sehr präzise gehaltenen Glaubenssätze des Credo in der Form des Apostolicums.

Was nicht bedeutet, dass man nicht ausreichend Sorge dafür tragen sollte, dass das Große Glaubensbekenntnis nicht in Vergessenheit gerät.

Wann und wer

Das Credo wird nach Auskunft des Messbuches nur an Sonntagen und Hochfesten gebetet. Bei feierlichen Anlässen, oder wann immer es sonst sinnvoll ist, kann es jedoch ebenfalls vorgesehen werden.

Auch das Credo gehört zu den Teilen, die dem Volk zustehen. Es ist Antwort des Glaubens der ganzen Gemeinde, auch wenn es im Singular abgefasst ist.

Natürlich betet es auch der Priester mit, was unterstreicht, dass auch er nichts anderes, sondern einfach Teil des Volkes Gottes ist. Anstimmen sollte er es allerdings nicht - ist vom Messbuch her auch nicht vorgesehen, wohl aber, dass er es mit entsprechenden Worten einführt.

Besonderheit an Weihnachten

Einen Hinweis wert ist die Stelle:

"hat Fleisch angenommen durch den Heiligen Geist von der Jungfrau Maria und ist Mensch geworden."

im großen Glaubensbekenntnis. Hier ist es vorgesehen, dass sich bei diesen Worten alle verneigen und an Weihnachten, sowie am Fest der Verkündigung des Herrn niederknien; ein Brauch, der verdeutlicht, dass neben Tod und Auferstehung, auch die Menschwerdung zu den entscheidenden Heilsereignissen gehört.

Eigene Glaubensbekenntnisse?

Im Zusammenhang vor allem mit Jugendgottesdiensten taucht immer wieder die Frage auf, ob man denn immer dieselben "altbackenen" Formulierungen nehmen müsse.

Natürlich, streng genommen gibt es keine Alternativen zu den beiden liturgischen Texten. Aber es gab auch in der Vergangenheit schon andere Glaubensbekenntnisse, die durchaus präzise und theologisch stringent waren. Auch wenn sie in der Liturgie nie in Gebrauch waren, sind sie doch Hinweis darauf, dass es durchaus sinnvoll sein kann, durch eigene Formulierungen oder Übernahme anderer Gedanken, die alten Inhalte zu verdeutlichen und zu übersetzen.

Dies kann - meines Erachtens - auch durchaus einmal in einem Gottesdienst der Fall sein, insbesondere, wenn es sich um Gruppengottesdienste handelt, die nicht am Sonntag stattfinden. In diesen Gottesdiensten wäre dann ja eigentlich gar kein Glaubensbekenntnis vorgesehen, und demnach würde auch nichts weggelassen, was eigentlich obligatorisch wäre.

Fragen müsste man sich dabei nur, ob der Anstoß zum Neuformulieren des Textes, einer Ablehnung der hinter den Formulierungen stehenden Inhalte entspringt, oder zum Anliegen hat, diese Inhalte neu zu sagen und verständlich zu machen.

Das Vater Unser

Nach Gabenbereitung und eucharistischem Hochgebet eröffnet den dritten Abschnitt der Eucharistiefeier das Vater Unser. Wegen der zentralen Bitte:

"Unser tägliches Brot gibt uns heute"

gilt es gleichsam als Tischgebet vor der Kommunion. Und nach der Liturgiereform ist es nun auch wieder gemeinsames Tischgebet aller Versammelten und nicht mehr Gebet allein des Priesters.

Wie Jesus uns gelehrt hat

Ich hoffe, es fällt niemand vom Glauben ab, wenn ich hier in den Raum stelle, dass die Einladung,

"Lasst uns Beten, wie der Herr selbst uns zu Beten gelehrt hat",

nicht sagen möchte, dass Jesus uns dieses Gebet genau in dieser Form wortwörtlich hinerlassen hat. Dagegen steht schon der Umstand, dass es uns bekanntermaßen zweimal überliefert wurde: in der bekannten Form bei Matthäus und deutlich kürzer, bei Lukas. Dort heißt es:

"Da sagte er zu ihnen: Wenn ihr betet, so sprecht: Vater, dein Name werde geheiligt. Dein Reich komme Gib uns täglich das Brot, das wir brauchen. Und erlass uns unsere Sünden; denn auch wir erlassen jedem, was er uns schuldig ist. Und führe uns nicht in Versuchung." (Lk 11,2-4)

Es gibt Exegeten, die meinen, dass diese Form des Textes dem Gebet, das Jesus mit seinen Jüngern gesprochen hat, viel näher sei. als die umfangreichere Matthäusfassung. Wobei man dann noch einmal bedenken muss, dass Jesus den Text mit seinen Jüngern sicher auf Aramäisch gebetet hat. Wie es auch sei, mit einer Übersetzung seiner Worte haben wir es demnach auf jeden Fall zu tun.

Beten in abgeschwächter Form

Wichtig ist auch, dass unsere liturgische Fassung deutlich abgeschwächt ist. Wie eben in der lukanischen Fassung gehört, beten wir eigentlich darum, dass Gott uns vergeben möge, weil auch wir unseren Schuldnern vergeben. Und Matthäus überliefert dies eigentlich so:

"Und erlass uns unsere Schulden, wie auch wir sie unseren Schuldnern erlassen haben." (Mt 6,12) -

Wohlgemerkt, bereits erlassen haben.

Ich weiß nicht, ob uns dieses Gebet in dieser Form so leicht über die Lippen ginge.

Der Embolismus

Nach dem Text des eigentlichen "Vater Unseres" folgt ein Einschub, der sogenannte Embolismus.

Er stammt aus jüngerer Zeit, und wurde vor der Reform vom Priester still gebetet. Auch heute gehört er nicht zum Volksteil, wird aber vom Priester laut vorgetragen.

Vom Inhalt her setzt er einfach die letzte Vaterunserbitte fort und nimmt den Friedensgedanken bereits auf.

Eigentlich gehört er obligatorisch dazu, wobei es sich manchmal durchaus empfehlen kann, diesen Teil einfach ausfallen zu lassen.

Die Akklamation

Die Gemeinde fährt auf jeden Fall mit der Akklamation

"Denn dein ist das Reich, und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen."

fort.

Dieser Teil gehört zwar nicht mehr unmittelbar zum Vater Unser, stammt aber aus der allerältesten Liturgie und ist von daher sogar noch in manche Bibelhandschriften als Glosse eingedrungen. Vor allem in den Kirchen der Reformation ist er geradezu Kennzeichen des "evangelischen Vaterunsers".

Seit 1968 ist die Akklamation als ökumenische Geste auch bei den Katholiken obligatorisch. In der Messe wird dieses Zeichen, durch den Einschub allerdings etwas gemindert.

Der Friedensgruß

Unmittelbar nach dem Vater Unser folgt der Friedensgruß. Dabei ist er an dieser Stelle etwas eigen platziert. Müsste man den Mitfeiernden den Frieden nicht schon ganz am Anfang wünschen? Warum denn erst jetzt, wo der Gottesdienst ja schon bald wieder zu Ende ist?

Das hängt vermutlich damit zusammen, dass der Friedensgruß eigentlich gar kein Friedensgruß gewesen ist. Die regelmäßige Kommunion in jeder Messe war schon im späten Altertum aus der Übung gekommen. Wenn man aber nicht zu Kommunion ging, empfand man es als unpassend noch weiter anwesend zu sein. Man ging deshalb schon nach dem Vater Unser. Damit dies nicht ohne Segen geschehen musste, wurde jetzt denen, die die Kirche verließen ein "Segen zur Entlassung" gespendet, der dann auch als gewisser Ersatz für die Kommunion empfunden wurde.

Nach der Neuordnung der Liturgie ist der Friedensgruß in seiner jetzigen Form im Bewusstsein der meisten Mitfeiernden zu einem nicht mehr wegzudenkenden und liebgewordenen Bestandteil geworden. Nach dem Friedensgebet, wird er mit der feierlichen Formel:

"Der Friede des Herrn sei allezeit mit euch",

zum Ausdruck gebracht. Worauf die Gemeinde antwortet:

"Und mit deinem Geiste."

Dann geben sich die einzelnen ein Zeichen dieses Friedens, so wie es ihnen entspricht. Dazu ist meist schon keinerlei Aufforderung mehr notwendig, was nur unterstreicht, wie sehr dieses Zeichen den meisten Mitfeiernden entgegenkommt und als organischer Teil des Ganzen erfahren wird.

Noch in den sechziger Jahren hat Pfarrer Anton Menzer in St. Paul den Friedensgruß mit den Worten eingeleitet:

"Gebt einander ein Zeichen des Friedens und der Versöhnung. Verheiratete und die, die sich gern haben, dürfen sich auch küssen."

Auch wenn damals Leute aus Protest die Kirche verlassen haben, kann Menzers Einladung eigentlich bis heute richtungsweisend sein.

Schön ist übrigens, dass heute die wenigsten den Friedensgruß als Ende des Gottesdienstes betrachten und anschließend bereits die Kirche verlassen.

Das Brechen des Brotes

Unmittelbar auf den Friedensgruß folgt nun das Brechen des Brotes.

Diese Brotbrechung war so lange notwendig, als ein Brotlaib konsekriert wurde, der nun zur Austeilung entsprechend der Zahl der Kommunikanten, geteilt wurde. Das Aufkommen der kleinen münzengroßen Hostien hätte an sich diesen Ritus überflüssig gemacht. Das funktional notwendige Brechen des einen Brotes bekam nun aber symbolische Bedeutung. Das verdeutlicht auch die Allgemeine Einleitung ins Messbuch:

"Das Brechen des Brotes hat nicht nur eine praktische Bedeutung, sondern zeigt, dass wir alle in der Kommunion von dem einen Brot des Lebens essen, das Christus ist, und dadurch ein Leib werden (1 Kor 10,17) (Allgemeine Einleitung ins Messbuch, 56c)".

Besonders bei Brautmessen oder Eucharistiefeiern im kleinen Kreis empfiehlt es sich, dieses Brechen des Brotes in seiner Symbolik miterlebbar zu machen. Dies wird auch dadurch erreicht, dass die große Hostie, die der Priester bricht, mit den Lektoren, Kommunionhelfern und Ministranten etwa geteilt wird.

Ein solches Zeichen ist übrigens erst nach der Liturgiereform möglich geworden. Früher musste der Priester die sogenannte Priesterhostie nämlich tatsächlich allein konsumieren.

Von einiger Bedeutung ist auch der Hinweis, dass auch wirklich das Brot ausgeteilt werden soll, das in dieser Feier konsekriert wurde und die Austeilung von Hostien, die im Tabernakel aufbewahrt worden sind, eine Ausnahme bleiben sollte.

So sinnvoll dies sein mag, ist es allerdings kaum ganz leicht umzusetzen. Wichtig aber ist, darauf zu achten, dass nicht nur aus dem Tabernakel ausgeteilt wird. Sonst würde ja die konkrete Feier von dem im Gottesdienst ausgeteilten Sakrament geradezu abgekoppelt.

Ein Wort zur Vermischung

Noch ein kurzes Wort zu einem etwas eigenartigen Ritus, dass nämlich der Priester nach der Brechung, die früher über dem Kelch erfolgte, einen Teil der Hostie in den Kelch einsenken soll.

Dieser Ritus hat eine verwickelte und vielschichtige Tradition. Seinen Ursprung hat er wohl darin, dass bei der Krankenkommunion die mittlerweile oft hart gewordenen konsekrierten Brotteile in Wein getaucht wurden, um sie wieder aufzuweichen.

Und auch eine römische Gewohnheit scheint hier ihre Spuren hinterlassen zu haben. Der Papst sandte nämlich seinen Titelpriestern in Rom jeweils ein kleines Stück des in der Papstmesse gewandelten Brotes, das von jenen dann als Zeichen der Einheit vor der Kommunion in den Kelch eingesenkt wurde.

Johannes Emminghaus tut sich schwer, dem Gestus der Vermischung in seiner heutigen Form noch einen Sinn abzugewinnen und auch das Messbuch schweigt sich über die Bedeutung aus und erwähnt den Ritus nur noch. So dürfte es kaum ein Verlust sein, wenn diese Mischung einfach unterbleibt.

Der Gesang des Agnus Dei

Begleitet wird die Brechung des Brotes durch den Gesang des Agnus Dei.

Der Wortlaut entstammt dem auf Jesus hinweisenden Wort Johannes des Täufers:

"Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt. (Joh 1,29)"

In seiner heutigen Gestalt ist der Gesang griechisch-syrischen Ursprungs. Viele akklamatorische und hymnische Elemente sind Erbe der Ostkirche, die - ohne Sprachbarrieren - stets eine größere Beteiligung des Volkes an der Messe kannte.

Das Agnus Dei ist im übrigen ausgesprochener Volksteil. Der Priester sollte daher Gesang oder Rezitation weder intonieren noch mitsingen oder -sprechen. Da es sich um einen Begleitgesang handelt, hat er eigentlich in der Zwischenzeit auch anderes zu tun.

Das Agnus Dei dreimal zu wiederholen, ist seit dem 12. Jahrhundert üblich. Beim dritten Mal wird dabei der dem Kyrie eleison vergleichbare Erbarmensruf in einen Friedensruf variiert.

Das ist auch in unserem Messbuch als Regel vorgesehen, aber nicht Vorschrift. Man kann den Gesang - wie in der griechischen Jakobusliturgie Syriens - auch jetzt sooft wiederholen, bis die Brechung beendet ist. Allerdings bleibt diese Möglichkeit meist Theorie, denn häufig, vor allem, wenn nur eine große Hostie gebrochen wird, sind schon drei Wiederholungen des Agnus Dei weit mehr als ausreichend.


These 1

Das führt auch schon zur ersten These:

Die Praxis, an dieser Stelle ein entsprechendes Lied zu singen, ist durchaus im Messbuch vorgesehen. Allerdings sollten die Organisten dabei beachten, dass es sich wirklich um einen Begleitgesang handelt. Wenn das Vorspiel zum Agnus-Dei-Lied so lange dauert, dass die Brechung schon längst vorüber ist, bevor der Gesang eigentlich einsetzt verliert das Lied seine eigentliche Bedeutung.

These 2

Auch sei darauf hingewiesen, dass der lange übliche Brauch, sich jeweils bei den Schlussbitten des Agnus Dei an die Brust zu klopfen, nicht mehr vorgesehen ist. Das an die Brust klopfen, wird heute als Bußgestus verstanden, und hat von daher beim Agnus Dei eigentlich keinen Platz. Ursprünglich war dieses Klopfen an die Brust allerdings wohl lediglich ein verstärkender Hinweis auf das "unser" bzw. "uns".

These 3

Noch ein Wort zum sogenannten Embolismus, also zum Einschub beim Vater Unser. Er ist häufig Anlass zu größerer Verwirrung. Wenn er nicht ständig gebetet, sondern auch einmal ausgelassen wird, verlangt es von der Gemeinde eine gewisse Sensibilität ob es nun "Durchzubeten" oder innezuhalten gilt. Das führt manchmal zu recht eigenen Situationen.

These 4

Andererseits stellt sich die Frage, ob die Praxis, wie ich sie in St. Anton angetroffen habe, dass der Embolismus nämlich nie gebetet wird, und die Gemeinde schon gar nicht mehr zu bremsen ist, der Weisheit letzter Schluss sein kann. Manchmal spüre ich nämlich tatsächlich das Bedürfnis, diesen gerade in unseren Tagen ungeheuer aktuellen Bitten an dieser bedeutenden Stelle im Gottesdienst ihren Raum zu geben:

"Erlöse uns, Herr, allmächtiger Vater, von allem Bösen und gibt Frieden in unseren Tagen. Komm uns zu Hilfe mit deinem Erbarmen, und bewahre uns vor Verwirrung und Sünde, damit wir voll Zuversicht, das Kommen unseres Erlösers Jesus Christus erwarten."

(Dr. Jörg Sieger)

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