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Marieluise Gallinat-Schneider

Gemeindereferentin in Bruchsal

Einkehrtag, 28. Oktober 2017, St. Peter, Bruchsal

Ablauf: Begrüßung 10 Uhr

Morgenlob: (10.05-10.20 Uhr)

Herr öffne meine Lippen

Bibelstelle: Moses am brennenden Dornbusch, Ex 3, 1-14

Gedanken

Lied Und ein neuer Morgen GL 707

Hinführung zur Bibelstelle

Wo das geschieht, gibt es nicht mehr Griechen oder Juden, Beschnittene oder Unbeschnittene, Fremde, Skythen, Sklaven oder Freie, sondern Christus ist alles und in allen. Ihr seid von Gott geliebt, seid seine auserwählten Heiligen. Darum bekleidet euch mit aufrichtigem Erbarmen, mit Güte, Demut, Milde, Geduld! Ertragt euch gegenseitig, und vergebt einander, wenn einer dem andern etwas vorzuwerfen hat. Wie der Herr euch vergeben hat, so vergebt auch ihr! Vor allem aber liebt einander, denn die Liebe ist das Band, das alles zusammenhält und vollkommen macht. In eurem Herzen herrsche der Friede Christi; dazu seid ihr berufen als Glieder des einen Leibes. Seid dankbar! Das Wort Christi wohne mit seinem ganzen Reichtum bei euch. Belehrt und ermahnt einander in aller Weisheit! Singt Gott in eurem Herzen Psalmen, Hymnen und Lieder, wie sie der Geist eingibt, denn ihr seid in Gottes Gnade. Alles, was ihr in Worten und Werken tut, geschehe im Namen Jesu, des Herrn. Durch ihn dankt Gott, dem Vater! (Kol 3, 11-17)

Einige exegetische Erläuterungen, Einordnung in Kontext, Stelle ist nicht paulinisch, sondern von Schüler, aber der bedient sich vieler Stilmittel und der Theologie des Paulus, Erklärung zu Kolossai, einer Stadt in der Nähe von Ephesus an der kleinasiatischen Küste, Hintergrund ist wohl eine Bedrohung durch Irrlehren

Gemeinsame Beschäftigung mit Bibeltext: (10.30-11.15)

Sitzen im Stuhlkreis, gestaltetet Mitte mit Kerze, Christusikone und ausgewählten Doppelkarten aus der Reihe "Portäts engagierter Christen"

Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage Seelsorgeamt Freiburg

Bibelteilen

zunächst wird er Zeile für Zeile abwechselnd reihum von einigen Teilnehmenden vorgelesen, dann beschäftigt sich in einer Zeit der Stille jeder und jede alleine damit, danach wird die Stelle noch einmal im Ganzen laut vorgelesen. Danach können alle die wichtigsten Worte und Sätze für sich laut sagen, ohne Kommentar. Im Anschluss erfolgt ein Austausch über die Bibelstelle, aber ohne das die einzelnen sich gegenseitig wiedersprechen, die Gedanken bleiben so stehen.

Kurze Pause, danach Einstimmung mit Lied Ein Danklied sei dem Herrn GL 382

Impulsreferat zum Thema: Alle sind zur Heiligkeit berufen

(10.30-11.15 Uhr)

Alle sind zur Heiligkeit berufen, was will uns das sagen?

Wenn wir diesen Begriff ganz eng fassen, dann ist "heilig" eigentlich nur einer: der Heilige nämlich, Gott selbst. - im Hebräischen "qadosch", was vom Wort her vielleicht ursprünglich so etwas wie "getrennt" oder "gesondert" bedeutet. Die Heilige Schrift verwendet dieses Wort, weil sie damit zum Ausdruck bringen möchte, dass Gott ganz anders ist - ganz anders als alles, was wir sonst in dieser Welt erleben.

So drückt es auch eine Bibelstelle aus: "Wir sind heilig, weil wir zum Heiligen gehören: Denn ich bin Gott, nicht ein Mensch, der Heilige in deiner Mitte." (Hosea, 11,9)

Gott ist kein Mensch, wird hier betont, damit soll deutlich werden, er, der Heilige ist der ganz Andere. Er ist zwar in dieser Welt anwesend, er begegnet uns immer wieder, aber er gehört nicht zu dieser Welt, er übersteigt sie. Er ist "transzendent", wie die Theologen sagen.

Wenn die Bibel auch Orte "heilig" nennt, dann tut sie es deswegen, weil Menschen an diesen Orten die Gegenwart Gottes erlebt haben. Ein Ort ist dann heilig, wenn dort eine Gottesbegegnung stattfand. Wir haben heute schon die Bibelstelle vom brennenden Dornbusch gehört. Ebenso gilt es für die Berge, auf denen Gott dem Mose begegnet, wie am Sinai. Solche Orte waren heilige Orte.

Menschen hat man wohl erst später heilig genannt. Zunächst waren das ganz wenige, die in einer besonderen Beziehung zu Gott standen.

Diese Männer und Frauen waren absolut keine weltfremden Sonderlinge, sie schwebten nicht Zentimeter über dem Boden und sie waren auch keine Verstorbenen. Heilig nannte man jemanden, der ganz offensichtlich zu Gott gehört.

So begann sich auch Israel als heilig zu betrachten - als auserwähltes Volk, als Gottesvolk und damit eben als heilig, weil zum Heiligen gehörig. Neben dem Volk war auch der Tempel heilig, vor allem der heilige Bezirk mit der Bundeslade im Inneren. Deswegen betreten gläubige Juden den heutigen Tempelberg auch nicht. Seit den Zerstörungen in römischer Zeit, erst 70/71 im jüdischen Krieg durch die Flavier und dann endgültig 136 n.Chr. unter Kaiser Hadrian steht nur noch die Westmauer, die sogenannte Klagemauer. Wo der genaue heilige Bereich war, weiß man nicht. Nur Nachfahren der Priesterfamilien, also der Levi und Cohen dürfen diesen Teil betreten. Daneben ist die Tora, das Wort Gottes Offenbarung und damit heilig. Die Tora darf nur auf ganz bestimmtem Pergament, mit spezieller Tinte geschrieben werden und das fehlerfrei. Die Rollen werden mit Zeigestab, nicht mit bloßen Fingern gelesen und bekommen Krönchen als Schmuck. Sie werden in Schränken aufbewahrt und halten oft mehrere Jahrhunderte. Wenn sie zu zerfallen drohen, werden sie bestattet und nicht einfach weggeschmissen, da sie das Wort Gottes sind.

Im NT wird der griechische Begriff hagios für heilig verwendet. Ein Heiliger ist für Gott abgesondert. Er ist heilig durch seine Berufung. Heilig genannt wird, wer getauft ist.

Warum kann Paulus alle Heilige nennen?

Für Paulus sind alle Menschen, die zu Christus gehören Heilige. Er schreibt an die "Heiligen in Korinth", an die "Heiligen in ganz Achaia". Und er meint damit, alle Menschen, die dort leben und zu Christus gehören.

Weil Christus Mensch geworden, für uns gestorben ist und von Gott auferweckt wurde, deshalb wissen wir Menschen endgültig, dass wir alle zur Welt Gottes gehören, zu seinem Reich. Wir gehören zu Gott, der der Heilige schlechthin ist. Und deshalb sind wir Heilige. Wir alle sind heilig.

Ich will dies an einem Beispiel verdeutlichen. Ich habe hier eine Creme mitgebracht und gebe jetzt, wenn Sie einverstanden sind, einigen einen Tupfer auf die Hand, den Sie mit ihrem Nachbarn/der Nachbarin teilen können. Wenn Sie die Creme weitergeben, färbt sie gewissermaßen auf die anderen ab. So meint Paulus das mit den Heiligen, wir haben als Getaufte Anteil am Heiligen, an Gott und damit sind wir heilig.

Wir alle kennen die Formulierung aus dem Glaubensbekenntnis: "Gemeinschaft der Heiligen". Die Kirche ist heilig, sie ist das Ursakrament. Im Katechismus heißt es: Die Kirche wird Wirklichkeit durch Wort des Evangeliums, durch die Sakramente und durch den gemeinsamen Dienst der Liebe.

Durch die Gnade des Heiligen Geistes werden wir in der Taufe zu Söhnen (und Töchtern) Gottes gemacht wir werden in Familie geboren, ohne was dafür zu können, wir müssen nichts dafür tun, so wie wir auch Gesalbte (also zu Christos dem Gesalbten gehörige sind) In dem Fall müssen wir für die Heiligkeit zunächst nichts tun, wir erhalten sie. Damit will ich natürlich nicht sagen, dass wir uns ein Leben lang darauf ausruhen dürfen, unser Christsein nicht ein Anspruch an uns ist. Aber darum geht es bei der Frage der Heiligkeit zunächst nicht. Es ist wie das Hineingeborenwerden in eine Familie. Oder die Taufe ist wie der Nachname, den einige von uns durch die Heirat mit ihrem Mann bekamen.

In den Anfängen des Christentums war das mit der Heiligenverehrung recht einfach, es gab Menschen, die für ihren Glauben starben, als Märtyrer verehrt wurden und daher auch als heilig galten. Über ihren Gräbern entstanden oft kleine sogenannte Cellae Memoriae, also Erinnerungszellen, aus denen vielfach im Laufe der Zeit immer größere Kirchen der Heiligen wurden, wenn wir z.B. an Petrus und Paulus denken. Die Gräber der Verstorbenen lagen in der Römerzeit außerhalb der Städte, was am Beispiel des Paulus sehr gut zu sehen ist, denn die Kirche, in der seine Grab ist, heißt St. Paul vor den Mauern. Daher können wir davon ausgehen, dass an dieser Stelle von Anfang an eine Verehrung einer Grabstätte erfolgte. Oftmals wurden in der Zeit der Völkerwanderung die Gebeine von Märtyrern auch aus den Gräbern geholt und in Kirchen beigesetzt. Am Anfang wurden nur Märtyrer zur Ehre der Altäre erhoben, in der Zeit der Christenverfolgung im römischen Reich waren ja auch viele Menschen aufgrund ihres Glaubens gestorben. Als Kaiser Konstantin die Kirche aus diesem Stadium befreite, kam die Frage auf, ob auch Menschen, die von den Gläubigen aufgrund ihres heiligen Lebens verehrt wurden, unter den Altären von Kirchen beigesetzt wurden. Damit begann das Ringen um die Prozesse der Heiligsprechung. Im Mittelalter wurde eine Kommission eingesetzt mit dem Advocatus Diaboli, dem Gegenrichter, der Argumente gegen die Heiligsprechung vorbringen musste. Ein Wunder wurde nun auch als Zeichen verlangt.

Im Mittelalter haben die Menschen einen Kult um Reliquien gemacht, sie waren anders religiös als viele aufgeklärte Menschen heute, die Dinge hatten einen anderen Stellenwert. So waren Gegenstände von Heiligen eben auch heilig und man musste etwas von ihnen besitzen, um Anteil an der Gnade zu erlangen.

Zu Beginn der Kirchengeschichte entschied das Volk, wen es verehrte. Als dies Auswüchse annahm und eine Heiligeninflation drohte, hat man im Vatikan eine Kommission eingesetzt, die genau prüft, ob jemand im Gottesdienst als heilig genannt werden darf, ob er der Verehrung würdig ist. Aber letztendlich entscheidet der Papst. Da die Gegenstände des Heiligen eben auch wichtig waren, war Heiligsprechung im Mittelalter und der frühen Neuzeit ein riesiges Geschäft.

Ein schönes Beispiel ist Maria Magdalena, die laut der Heiligenlegenden in der Krypta der Basilika Sainte-Marie-Madeleine in Vézelay im französischen Burgund liegen soll.

Krypta mit Heiligenschrein

Dorthin kamen die Pilger, um ihre Gebeine zu verehren. Diese Kirche ist wichtig, da sie am Jakobsweg liegt und von dort aus zu mehreren Kreuzzügen aufgerufen wurde und zwar von so bedeutenden Menschen wie Bernhard von Clairvaux und Richard Löwenherz. Aber es gab Streit um die Reliquien: In Südfrankreich gab es eine Grotte oder Höhle, die als Wohnort von Maria Magdalena galt. Dort in der Nähe ist auch eine Kirche, St-Maximin-la-Sainte-Baume. Dort steht die gotische Basilika Sainte-Madeleine. In einer Gruft unter der Kirche soll sich das Grab Maria Magdalenas befinden. Maria sei zwar erst in Südfrankreich begraben, ihre Gebeine jedoch von einem gewissen Abt Odo nach Vézelay gebracht worden. Im 13. Jahrhundert untersuchte Karl II. von Anjou, Graf der Provence, die verschiedenen Reliquien Maria Magdalenas und stellte fest, dass nur die Abtei Saint-Maximin eine Urkunde besaß, die die Echtheit ihrer Reliquien bestätigte. 1295 schließlich entschied Papst Bonifatius VIII., dass die Gebeine in Saint-Maximin-la-Sainte-Baume die einzig echten sind. Vézelay wurde damit zu einem wirtschaftlich unbedeutenden Ort, nachdem die Gebeine dort nicht mehr als die echten galten. Dies zeigt, wie wichtig diese Dinge im Mittelalter waren. An Patrozinien gab es Märkte, die wichtig für die Wirtschaft waren, ebenso wie die Pilger, die den Konsum ankurbelten. Vézelay wurde erst wieder kirchlich wichtig, als die Menschen anfingen, auf den Jakobsweg zu pilgern, auf dem er liegt. Daher gibt es dort nun auch wieder eine Ordensgemeinschaft und er ist wieder Anziehungspunkt für Gläubige. Für mich ist die spätromanische Basilika dennoch ein heiliger Ort, eine der für mich schönsten Kirchen in ihrer architektonischen Strahlkraft.

Unter den letzten Päpsten ist die Anzahl der Heiligsprechungen wieder sprunghaft gestiegen. Papst Johannes Paul II. nahm in seiner eigenen Amtszeit 1338 Selig- und 482 Heiligsprechungen vor. In den 400 Jahren davor sind insgesamt nur etwa halb so viele Personen heiliggesprochen. Johannes Paul II. reformierte das Heiligsprechungsverfahren und ersetzte 1983 den "Advocatus Diaboli" genannten Kirchenanwalt durch den "Promotor Iustitiae", der aber weiterhin die Aufgabe hat, die Gegenargumente zu einer Heiligsprechung zu referieren. Seine eigene Selig- und Heiligsprechung fanden in Rekordzeit statt. Papst Benedikt XVI. setzte für die Seligsprechung die kirchenrechtlichen Bestimmungen außer Kraft, nach denen ein Prozess erst fünf Jahre nach dem Tod eines Kandidaten eröffnet werden soll. Nur neun Jahre nach seinem Tod wurde Johannes Paul II. im Jahr 2014 selbst heiliggesprochen.

Selige - Heilige

Es gibt eine regionale bischöfliche Seligsprechung und die päpstliche Heiligsprechung. Selige haben regionale Bedeutung, wie z.B. Bernhard von Baden, Heilige werden in der ganzen Welt verehrt. Im Prozess wird ein Verfahren für eine Heiligsprechung angemeldet, z.B. über einen Orden. Dann wird nach Wundern geforscht, die für bedeutende Persönlichkeiten oder Märtyrer aber nicht zwingend sind. Geld kostet dieser Heiligsprechungsprozess auch. Besonders Heiligenverliebt sind die Italiener, sie haben die meisten und ich denke, bei ihnen ist deren Bedeutung auch noch höher anzusetzen, als in Deutschland.

Wie ich schon ausführte, wurde in letzter Zeit wieder eine höhere Anzahl von Menschen heiliggesprochen. Eine für mich interessante Dimension des Themas Heiligkeit habe ich für mich diesen Sommer erfahren. Ich war im Sommerurlaub in St. Petersburg und habe dort von unserer Reiseleiterin über den Streit mit dem Film Mathilde berichtet bekommen. Vielleicht habt ihr in den Nachrichten auch den Bericht darüber mitbekommen. Mathilde ist eine polnische Balletttänzerin und Geliebte des letzten Zaren in jungen Jahren, bevor er verheiratet war. Da aber die Romanows heiliggesprochen wurden, was mir erst bewusst wurde, als ich an ihrem Grab in der Peter-und-Paulfestung stand, sind sie über jeden Makel erhaben. Da Heilige eben auch ein heiligmäßiges Leben führen, darf Nikolaus keine Affäre mit einer Balletttänzerin nachgesagt werden, obwohl diese historisch verbürgt ist. In Rußland gibt es Mahnwachen von orthodoxen Gläubigen vor den Kinos, die das Andenken des letzten Zaren und seiner Familie retten wollen. Ich hätte nicht gedacht, dass so etwas im 21. Jahrhundert noch auf diese Weise die Gemüter erhitzen kann. Es ist für mich auch ein Anlass für die Frage, was macht einen Heiligen aus? Sind Menschen dann heilig, wenn sie ohne Sünde sind? Können Menschen das überhaupt? Ist es nicht vielmehr so, dass Heilige auf besondere Weise mit Gott verbunden sind? Und, wie am Beispiel der Creme, weil Gott heilig ist, sind sie, wenn sie tot sind und in Gottes Wirklichkeit leben, daher auch heilig. Die letzten Romanows sind ermordet worden, die Kirche in Rußland wurde danach gegen den Kommunismus ersetzt. Ist das, was die Heiligsprechung des letzten Zaren ausmacht, daher durch eine Balletttänzerin angreifbar? Macht ihn das weniger heilig? So sind wir wieder bei den Überlegungen zu Beginn meiner Ausführungen.Der holländischer Katechismus sagt, es macht die Heiligkeit der Kirche aus, zu wissen, wie unzulänglich wir sind.

Wenn wir Allerheiligen feiern oder im Glaubensbekenntnis von der Gemeinschaft der Heiligen sprechen, dann denken wir daran, dass diejenigen, die uns vorangegangen sind, das tun, was sie in ihrem Leben auch getan haben: Sie denken an andere und sie beten für sie. Denn die Verstorbenen sind ja nicht einfach weg, sie leben bei Gott. Die Gemeinschaft der Heiligen ist eine Gemeinschaft von Lebenden und Toten, wir sind miteiander verbunden über den Tod hinaus. Die Heiligen leben bei Gott. DenGeburtstag der Heiligen feiert man daher i.d.R. am Todestag.

Kunst:

Werfen wir noch einen Blick auf die Darstellung von Heiligen. Voraus geht die Frage nach der Darstellung des Göttlichen. Die ersten Christen fragten sich dies. Denken wir nur an den Dekalog, die 10 Gebote. Dort heißt es:

Du sollst dir kein Gottesbildnis machen, das irgend etwas darstellt am Himmel droben, auf der Erde unten oder im Wasser unter der Erde. (Dtn 5,8)

Dies galt und gilt im Judentum. Dies gilt auch für den Islam. Jetzt stellen wir uns die Situation des frühen Christentums, der Urkirche vor. Wir haben eben in den Ausführungen zur Einordnung unserer Bibelstelle schon von Kolossai gehört. Dort gab es Einflüsse von ägyptischen Gottheiten wie Isis und Semiramis, dort gab es wie im nahe gelegenen Ephesus die Verehrung der Artemis/Kybele und anderer griechisch-römischer Gottheiten. Wenn wir uns dies vor Augen halten, Tempel, Bilder, Götterstatuen waren überall präsent. Die Christen wollten sich natürlich davon absetzen. Sie fragten sich daher: darf man sich ein Bild von heiligen Dingen machen? Sie haben irgendwann ihren Weg gefunden zwischen dem Bilderverbot der Juden und den Götzenbildern des heidnischen Polytheismus. Dieser Weg war in Ost-und Westrom jedoch unterschiedlich. In Byzanz entschied man sich nach abwechselnden Phasen von Bildersturm und Bilderverehrung im 8. Jahrhundert endgültig für die Verehrung der Bilder, allerdings mit scharfen Beschränkungen des Bildtyps, letztendlich dem, was wir als Ikone kennen. Sie alle wissen, diese haben einen Goldhintergrund, einen goldenen Nimbus (Heiligenschein). Sie sind damit dem Irdischen entzogen.

Gold und Edelsteine waren nicht nur von großer Leuchtkraft, sie waren auch ein Hinweis auf die himmlische Stadt, das himmlische Jerusalem mit seinen Toren aus 12 Perlen und seinem Gold. Gold dient daher als Darstellung von Heiligkeit

Diese Schilderung stammt aus dem letzten Buch der Bibel, der Offenbarung des Johannes. Dort heißt es in Kapitel 21 unter der Überschrift Das neue Jerusalem: Ihre Mauer ist aus Jaspis gebaut, und die Stadt ist aus reinem Gold, wie aus reinem Glas. 19 Die Grundsteine der Stadtmauer sind mit edlen Steinen aller Art geschmückt...Die zwölf Tore sind zwölf Perlen; jedes der Tore besteht aus einer einzigen Perle. Die Straße der Stadt ist aus reinem Gold, wie aus klarem Glas.

Wenn Sie mal in ein Museum, eine Gemäldegalerie kommen, achten Sie darauf, die frühen mittelalterlichen Darstellungen sind immer Sakralkunst, also Darstellung von Christus, Maria, den Heiligen, sind Altarbilder oder ähnliches. Auch im Westen haben diese im Mittelalter zunächst noch einen goldenen Hintergrund, goldene Heiligenscheine oder ähnliches. Gehen Sie ruhig mal in Karlsruhe in die Kunsthalle, um dies zu überprüfen.

Aufgrund meiner eigenen Herkunft denke ich da sofort an die Essener Madonna, diese goldglänzende Statue mit ihren Augen aus Edelsteinen. Sie ist die älteste erhaltene vollplastische Marienfigur der abendländischen Kunst. Sie wurde für das Essener Damenstift vermutlich in Köln gefertigt und ist ca 980 n.Chr. in ottonischere Zeit entstanden.

Ebenso gab es im Westen im Mittelalter die Verehrung von Reliquien. Dazu muss man wissen, dass die Heiligen eine Art Doppelexistenz führten. Nach mittelalterlichem Verständnis blieben ihre irdischen Körper auf der Erde zurück, aber ihre Seelen weilten bereits bei Gott. Dessen war man sich bei den Heiligen sicher, bei den Lebenden war die Angst, selbst in der Verdammnis zu enden, sicher noch weitaus größer als heute. Auch wenn wir nicht wissen, was mit uns nach dem Ende unseres irdischen Lebens geschieht, haben wir sicher größeres Vertrauen in Gottes Liebe. Ihr seid von Gott geliebt, so haben wir heute den Tag überschrieben. Im Mittelalter war die Fürsprache der Heiligen bei Gott für die Lebenden noch wichtiger. Da man glaubte, dass diese Wirkmacht noch größer war, wo sich ihr Leib, also ihr Grab oder Teile von ihnen befanden, blühte der Reliqienhandel und -kult. Man musste diese berühren und sie waren darin ganz präsent und konnten damit eben ihr Wirkmacht entfalten.

Wenn wir nun vom Mittelalter in die Neuzeit gehen, denken wir daran, es hat einen zweiten Bildersturm bei uns gegeben, wir sind zeitlich heute nahe am 31. Oktober, dem Gedenktag an 500 Jahre Reformation. Luther hat die Heiligenverehrung, den Reliquienkult beendet. In Deutschland ist daher der Umgang damit auch in der katholischen Kirche sicher ein anderer geworden. Im weiteren Verlauf haben sich die Menschen immer mehr gefragt, gibt es Menschen, die auf anderen Stufen stehen, als die anderen. Für uns heute, die wir in einer demokratischen Gesellschaft leben, sind diese Fragen sehr wichtig. Als das 2. Vatikanische Konzil begann, stellte man sich den Anforderungen des 20. Jh. In der Kirchenkonstitution "Lumen gentium (LG)" ging es auch um die Frage der Heiligkeit:

Es wird gefragt, wenn es heißt, Ihr seid zur Heiligkeit berufen, was bedeutet das in Bezug auf Hierarchie?

Die Kirche ist eine hierarchische Gemeinschaft, weil es Ämter in der Kirche gibt, aber entscheidender Gesichtspunkt des Glaubensbekenntnisses ist, dass an der Gemeinschaft alle, das ganze Volk Gottes, teilhaben. Es geht um die Gemeinschaft mit Jesus Christus, dem Heiligen Geist, mit Vater und Sohn, aber auch eine Gemeinschaft im Leiden, sie umfasst Gläubige aller Völker und Zeiten. Damit ist sie Gemeinschaft der Lebenden und Toten (Katechismus)

Hier 2 Auszüge aus Lumen Gentium

Eines ist also das auserwählte Volk Gottes: "Ein Herr, ein Glaube, eine Taufe" (Eph 4,5); gemeinsam die Würde der Glieder aus ihrer Wiedergeburt in Christus, gemeinsam die Gnade der Kindschaft, gemeinsam die Berufung zur Vollkommenheit, eines ist das Heil, eine die Hoffnung und ungeteilt die Liebe. Es ist also in Christus und in der Kirche keine Ungleichheit aufgrund von Rasse und Volkszugehörigkeit, sozialer Stellung oder Geschlecht; denn "es gilt nicht mehr Jude und Grieche, nicht Sklave und Freier, nicht Mann und Frau; denn alle seid ihr einer in Christus Jesus" (Gal 3,28 griech.; vgl. Kol 3,11). Wenn also in der Kirche nicht alle denselben Weg gehen, so sind doch alle zur Heiligkeit berufen und haben den gleichen Glauben erlangt in Gottes Gerechtigkeit (vgl. 2 Petr 1,1). (LG)

In den verschiedenen Verhältnissen und Aufgaben des Lebens wird die eine Heiligkeit von allen entfaltet, die sich vom Geist Gottes leiten lassen…(LG)

LG 42. "Gott ist die Liebe, und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm" (1 Joh 4,16). Gott aber gießt seine Liebe in unseren Herzen aus durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist (vgl. Röm 5,5). Daher ist die erste und notwendigste Gabe die Liebe, durch die wir Gott über alles und den Nächsten um Gottes willen lieben. Damit aber die Liebe wie ein guter Same in der Seele wachse und Frucht bringe, muß jeder Gläubige das Wort Gottes bereitwillig hören und seinen Willen mit Hilfe seiner Gnade in der Tat erfüllen, an den Sakramenten, vor allem der Eucharistie, und an den gottesdienstlichen Handlungen häufig teilnehmen und sich standhaft dem Gebet, der Selbstverleugnung, dem tatkräftigen Bruderdienst und der Übung aller Tugenden widmen. Denn die Liebe als Band der Vollkommenheit und Fülle des Gesetzes (vgl. Kol 3,14; Röm 13,10) leitet und beseelt alle Mittel der Heiligung und führt sie zum Ziel. Daher ist die Liebe zu Gott wie zum Nächsten das Siegel des wahren Jüngers Christi.

Taube mit Blick auf Garten der Religionen

Gott gießt seine Liebe durch den Heiligen Geist in uns aus, heißt es hier. Mit einem Bild des Heiligen Geistes, symbolisiert durch die Taube, aus dem Karlsruher Garten der Religionen, in dem einige von uns im Sommer gemeinsam waren, will ich nun diesen Vortrag beenden. In unserem biblischen Zitat gibt es zwei Pole, wir sind von Gott geliebt, wir sind seine Heiligen. Die Liebe Gottes zu uns, die Liebe untereinander ist elementar wichtig. Auch Heilige, die nicht zeigen, dass sie Liebe zu Gott und den Menschen verspüren, wirken für uns oft unglaubwürdig. Liebe ist das, was uns als Christen immer wieder antreiben und durchdringen muss.

Im Anschluss Mittagspause von 12.30 - 13.30

Danach Information zu den Kleingruppen: Beginn mit Lied Suchen und fragen GL 457

verschiedene Gruppen - verschiedene Gestaltungselemente Teil I 13.40-14.20 Uhr

Gruppe 1: Heilige Räume

Gruppe 2: Mein heiliger Ort - Faszination von Wallfahrten am Beispiel Assisi

  • Ich habe mir ja auch schon mehrfach zu dem Thema Gedanken gemacht, z.B. im Vortrag "Heilige Orte und ihre Bedeutung"
  • Lied zum Abschluss: Ubi caritas et amor GL 445

    Meditatives Element 14.30 Uhr - 14.45 Uhr

    Körperübung auf den Liedruf: Herr, mach mich zu einem Werkzeug deines Friedens, italienisch gesungen

    verschiedene Gruppen - verschiedene Gestaltungselemente Teil II 14.40 Uhr - 15.20 Uhr

    Gruppe 3: Heilige Vorbilder (Frère Roger, Mutter Teresa, Madeleine Delbrêl)

    Gruppe 4: Was sind Zeichen von Gottes Liebe zu mir?