Die Bibel

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Weiter-ButtonZurück-Button Antiochien als Missionszentrum ⋅1⋅

Antiochien war wohl das bedeutendste Zentrum in der Frühzeit der Kirche. Diese Rolle konnte die Stadt aufgrund der starken Missionsbewegung der jungen Christenheit einige Jahrhunderte lang bewahren. In dieser Stadt finden wir Persönlichkeiten wie Ignatius von Antiochien und Chrysostomos, um nur einige Beispiele zu nennen.

Die Bedeutung Antiochiens war sicher größer als es die Apostelgeschichte Glauben machen möchte. Lukas hat die Tendenz, Jerusalem in den Mittelpunkt der Darstellung zu rücken. Deshalb tritt Antiochien bei ihm in den Hintergrund.

Dass die Christen in Antiochien eine schon zahlenmäßig große Gruppe waren, aber auch, dass dort in größerer Zahl Heiden zu Christen geworden sind, macht auch die Tatsache deutlich, dass gerade in Antiochien der neue Namen dieser Religionsgemeinschaft entsteht und die Anhänger dieser Glaubensgemeinschaft nun deutlich von den Juden unterschieden werden. Dies lässt sich selbst durch die Darstellung der Apostelgeschichte hindurch feststellen. Apg 11,26 berichtet, dass man in Antiochien die Anhänger des neuen Weges erstmals Χριστιανοί ["Christianoí"], also Christen, nannte.

Die Bezeichnung "Christen" zeigt auch, dass "Christus" zu dieser Zeit schon als Name und nicht mehr als Titel Jesu verstanden wurde.

Obschon die antiochenische Gemeinde die bedeutendste gewesen sein dürfte, hat auch sie an einer Bindung nach Jerusalem deutlich festgehalten, genauso wie sie von Jerusalem aus auch wesentliche Impulse empfangen hat. Dies ist schon aus der Tatsache zu entnehmen, dass Barnabas von Jerusalem aus nach Antiochien entsandt wurde.

Die missionarische Ausrichtung der antiochenischen Gemeinde zeigt sich darin, dass Paulus - dessen Engagement in Antiochien anscheinend bekannt war - von Barnabas dafür gewonnen wurde, nach Antiochien zu kommen, um in die Heidenmission einzusteigen.

In Apg 13 wird uns eine Liste der führenden Leute in Antiochia überliefert. Diese Liste scheint auch eine Rangordnung wiederzugeben. Barnabas wird darin an erster, Paulus an letzter Stelle genannt. Das dürfte ein Hinweise einmal auf die bedeutende Rolle des Barnabas sein, aber auch darauf, dass Paulus als letzter hinzugekommen ist. Er scheint dementsprechend ganz einfach an den bestehenden Katalog von Namen angereiht worden zu sein.

Barnabas und Paulus nehmen dann in der Folge gemeinsam eine Sonderstellung in Antiochien ein. Nach Apg 13 waren sie zusammen auf Missionsreise. Anschließend werden sie als Delegation der Antiochenischen Gemeinde gemeinsam zum sogenannten "Apostelkonzil" geschickt.

Aus Antiochien könnte - wie bereits erwähnt - auch das Matthäus-Evangelium stammen. Die Quellen, die Lukas für die Apostelgeschichte benutzt, wurden wohl auch wohl über Antiochien vermittelt.

Dies wäre nicht verwunderlich. Es ist schließlich naheliegend, dass Menschen, die aus ihrer Heimat fliehen mussten aber ausdrücklich den Kontakt zu ihr halten wollten, dort, wo sie sich dann neu niederlassen konnten, die Zeit der Anfänge mit größerem Interesse überlieferten, als diejenigen, die in der Heimat in unmittelbarer Kontinuität mit dem Geschehen und den entsprechenden Personen stehen.

1. Paulus

Ich habe nun bereits mehrfach den Namen des Apostels Paulus erwähnt. Im Zusammenhang mit seinen Briefen werde ich noch einmal ausführlichst auf diese wohl wichtigste Gestalt des frühen Christentums zurückkommen müssen. Hier seien aber schon einmal einige wesentliche Punkte zusammengetragen.

Paulus taucht in Apg 8 erstmalig auf und zwar als Verfolger der hellenistischen Gemeinde (vgl. 1 Kor 15,9; Gal 1,13).

Er sagt von sich selbst, dass er ein Pharisäer der strengsten Observanz gewesen sei. Dies erklärt, warum er die gerade in der Gesetzesbefolgung laxeren Hellenisten als Gegner betrachtete.

Paulus wird mit seiner Bekehrung, als aus der Diaspora gekommener Jude, aber selbst zum hellenistischen Christen und setzt somit an dem theologisch weiterentwickelten Teil der Urgemeinde an.

Gerade auf dem Gebiet der Gesetzesbefolgung, die für ihn ja zuvor Anlass der Verfolgung gewesen ist, klärt sich nun seine eigene Position. Die neue Einsicht, dass Jesus Christus der Sohn Gottes ist, bringt für ihn die eminente Konsequenz mit sich, dass mit diesem Jesus Christus auch das Ende des Gesetzes gekommen sei.

Er geht daraufhin zunächst in die Arabia, also nach Syrien bzw. Jordanien, nach Jerusalem und Tarsus und wird dann nach Antiochien gerufen. Hier beginnt er mit Barnabas zusammen sein Missionswerk. Paulus hat anscheinend zu dieser Zeit bereits beschneidungsfrei missioniert.

Bis zu diesem Zeitpunkt ist die Biographie des Paulus einigermaßen gesichert. Nun aber treten Differenzen zwischen der eigenen Darstellung Pauli im Galaterbrief und der Schilderung der Apostelgeschichte auf. Während Paulus sich selbst in seinem Brief in den Vordergrund stellt, spricht die Apostelgeschichte mehrfach in der Antiochenischen Rangfolge von "Barnabas und Paulus".

Aber gerade durch Paulus scheint die antiochenische Mission ihre enorme Stoßkraft gewonnen zu haben. Er formuliert die theologischen Ansätze neu aus. Und es scheint in der damaligen Zeit im Bereich des jungen Christentums keinen ebenso begabten Theologen wie ihn gegeben zu haben.

Das äußert sich nicht zuletzt in der Kompliziertheit seiner Gedanken. Ein Umstand, der anscheinend auch schon der frühen Kirche Kopfzerbrechen bereitete. So heißt es etwa in 2 Petr 3,15-17:

"Seid überzeugt, dass die Geduld unseres Herrn eure Rettung ist. Das hat euch auch unser geliebter Bruder Paulus mit der ihm geschenkten Weisheit geschrieben; es steht in allen seinen Briefen, in denen er davon spricht. In ihnen ist manches schwer zu verstehen, und die Unwisssenden verdrehen diese Stellen ebenso wie die übrigen Schriften zu ihrem eigenen Verderben." (2 Petr 3,15-17.)

Nichtsdestoweniger ist Pauli Theologie ein wesentliches Fundament für die Weiterentwicklung und für eine konsequentere Praxis des Christentums.

2. Das Jerusalemer Abkommen oder Apostelkonzil

Nun scheinen Leute aus Jerusalem, etwa judenchristliche Reisende oder Missionare, in Antiochien aufgetreten zu sein. Diese Leute waren anscheinend konservative Judenchristen, die die Jesusbewegung ganz auf dem Boden der Geschichte Israels als zentripetale Bewegung verstanden haben. Sie forderten daher auch von den Heiden, und wahrscheinlich selbst von denen, die in Antiochien die Taufe bereits empfangen hatten, die Beschneidung und volle Gesetzesobservanz. ⋅2⋅ In Antiochien kommt es daraufhin zu Unruhen.

Hätten die Antiochnischen Missionare wieder eine Beschneidung der Bekehrten fordern müssen, wäre der ganze Missionsimpetus der Gemeinde ganz erheblich gebremst worden. Die Missionserfolge unter den Gottesfürchtigen, die dann ja auch wieder die "Nachteile" des Judentums hätten auf sich nehmen müssen, wären schlagartig weggefallen.

In dieser Situation wurden nun Paulus und Barnabas nach Jerusalem gesandt. Als antiochenische Delegation sollten sie die Beschneidungsfrage mit den Autoritäten der Jerusalemer Gemeinde klären.

Was nun genau geschehen ist, lässt sich nur noch sehr schwer eruieren. Die Berichte über die sich anschließenden Verhandlungen differieren nämlich in entscheidenden Punkten. Als Bericht liegt uns in Gal 2 einmal die Darstellung Pauli selbst und zum anderen die Schilderung der Apostelgeschichte in Apg 15 vor.

Dass es in Jerusalem zu Gesprächen kam ist keine Frage. Paulus berichtet aber davon, dass er lediglich mit den von ihm so bezeichneten "Säulen", also mit Jakobus, Petrus und Johannes verhandelt habe. Die Apostelgeschichte schildert dagegen eine Verhandlung vor dem Zwölferkollegium und der ganzen Jerusalemer Gemeinde. Diese Versammlung ist als "Apostelkonzil" in die Geschichte der Kirche eingegangen. Die Darstellung des Paulus hat hier aber wohl die größere historische Wahrscheinlichkeit für sich.

Paulus erwähnt im übrigen, dass er demonstrativ Titus mitgenommen hätte, einen Christen aus der Antiochenischen Gemeinde, der unbeschnitten war. Dies war offensichtlich ein geschickter Schachzug. Die Jerusalemer Gemeinde hat diesen Titus nämlich, wie jeden anderen Christen aufgenommen. Das heißt: via facti, schon dadurch, dass sie den unbeschnittenen Titus bei sich aufnahm und nicht nach jüdischen Vorschriften auf einer Separierung bestand, schon dadurch hat sie bereits die beschneidungsfreie Mission anerkannt.

Im Laufe der Verhandlungen gelang den Antiochenern anscheinend folgender Kompromiss. Die Jerusalemer Gemeinde fühlte sich weiterhin zu den Juden gesandt und missionierte lediglich unter ihnen. Den Antiochenern hingegen wurde eine Zuständigkeit für die Heidenmission zugesprochen. ⋅3⋅

Vermutlich gingen die Größen in Jerusalem davon aus, dass die Antiochener beabsichtigen würden, eigene, heidenchristliche Gemeinden zu gründen. Nur so hätte ein Konflikt innerhalb derselben Gemeinde ja vermieden werden können. Die judenchristlichen Gemeinden hätten in ihrem Bereich die Gesetzesobservanz pflegen können, die heidenchristlichen Gemeinden wären davon entbunden gewesen. An getrennte Gemeinden dachte man in Antiochien aber keineswegs. Paulus ging von Gemeinden aus Juden- und Heidenchristen aus.

Ob noch weitere Abmachungen bei diesen Verhandlungen getroffen wurden, ist fraglich. Nach der Darstellung der Apostelgeschichte wurden auf Betreiben des Jakobus auf dem Apostelkonzil die sogenannten Jakobusklauseln beschlossen. Die Neubekehrten sollten sich lediglich vor Blut, Ersticktem und Unzucht enthalten. Dies sei nach Lukas die Kompromisslösung gewesen unter der die Apostel grünes Licht für die Heidenmission gegeben hätten.

Da das Apostelkonzil der Apostelgeschichte allerdings eine nachträgliche Projektion zu sein scheint, sind auch die Jakobusklauseln zu diesem Zeitpunkt wohl nicht verabschiedet worden. Paulus behauptet nämlich, dass ihm keinerlei Auflagen bezüglich der Mission unter der Heiden gemacht worden wären.

Eine Verpflichtung die Paulus jedoch eingegangen ist, das war eine Kollekte für die Jerusalemer Gemeinde. Anscheinend hat die antiochenische Kommission den Jerusalemer Größen zugesagt, dass sie in der Diaspora für die Gemeinden in Jerusalem sammeln würden. Diese Kollekte verstand Paulus als Einheitsband der Kirche. Sie war ihm auch sehr wichtig. Immer wieder erinnert er seine Gemeinden in seinen Briefen an die übernommene Kollektenverpflichtung.

Nur böswillige Gemüter unterstellen an dieser Stelle, dass Paulus die Jerusalemer Autoritäten gleichsam mit Geld von der Notwendigkeit der Heidenmission überzeugt hätte.

Die Lösung, die man in Jerusalem glaubte gefunden zu haben, war aber trügerisch und offensichtlich nicht ausreichend durchdacht. Getrennte Gemeinden in der Diaspora waren in der Praxis, vor allem im Blick auf die schon bestehenden gemischten Gemeinden, im Grunde ein Unding. Und diese Vereinbarung bildete somit ein Konfliktpotential, das eigentlich ganz folgerichtig in der unmittelbaren Zukunft zum antiochenischen Konflikt führte.

3. Der Antiochenische Konflikt

Um was ging es dabei? Wenn man die Apostelgeschichte oberflächlich liest, dann hat dieser Konflikt überhaupt nicht stattgefunden. Erst beim genaueren Lesen finden sich auch in der Darstellung des Lukas Spuren dieser Auseinandersetzung. Offensichtlich ist die Apostelgeschichte darum bemüht, die Folge der Ereignisse als möglichst konfliktfrei zu schildern.

a. Die Ereignisse in Antiochien

Gal 2 berichtet uns nun ausführlich davon, dass in der Zeit, in der Paulus und Barnabas nach den Gesprächen in Jerusalem wieder nach Antiochien zurückgekehrt waren, auch Petrus nach Antiochien gekommen sei. Rudolf Pesch denkt hier gleichsam an so etwas wie eine Inspektionsreise. Petrus habe nun in Antiochien volle Tischgemeinschaft mit der ganzen Gemeinde gehabt, er habe also sowohl die Eucharistiefeier als auch das gemeinsame Sättungsmahl mit allen Anwesenden gehalten.

Gal 2,11ff berichtet dann davon, dass Boten des Jakobus eingetroffen seien, die Petrus große Vorwürfe deswegen gemacht hätten. Daraufhin hätte Petrus eine andere Haltung eingenommen und auch Barnabas hätte eine Sinneswandlung vollzogen. Anscheinend strebten Leute aus dem Umkreis des Jakobus eine Separation der antiochenischen Gemeinde an, um den Judenchristen ein Leben nach dem Gesetz zu ermöglichen. Petrus stimmte ihnen zu und Barnabas sah die Argumente anscheinend ebenfalls ein.

Dass auch Barnabas nachgab, könnte damit zusammenhängen, dass die Abmachung in Jerusalem tatsächlich dahingegangen ist, getrennte Gemeinden zu bilden. Es ist recht unwahrscheinlich, dass Barnabas, der ja mit Paulus zusammen in Jerusalem war, in eine längst überwundene Position zurückgefallen wäre. Offensichtlich überzog Paulus in seiner Darstellung der Ereignisse etwas. Er scheint das Recht zumindest nicht ganz auf seiner Seite gehabt zu haben.

Das ändert nichts an der Tatsache, dass Paulus nun lospolterte. Er erhob schwere Vorwürfe gegen Barnabas und Petrus, sprach davon, dass er dem Petrus ins Angesicht getrotzt hätte und erklärte, Petrus würde nicht mehr den geraden Weg des Evangeliums gehen.

b. Die Gründe und der Versuch einer Lösung

Hier zeigt sich, dass mit der Vereinbarung in Jerusalem die Probleme tatsächlich noch nicht gelöst waren. Die Frage der gemischten Gemeinden war schlicht und ergreifend nicht wirklich überdacht worden.

Vermutlich haben sowohl Barnabas als auch Petrus in der Separationsfrage um der Einheit der Kirche willen nachgegeben. Für sie war dabei die Einheit zwischen Jerusalem und Antiochien wichtig. Paulus hingegen hat konsequent auf den gemischten Gemeinden bestanden, und das aus seiner Sicht ebenfalls um der Einheit der Kirche willen. Für ihn aber war das nun die Einheit der Gemeinde.

Nun erst scheinen als Lösung des Konfliktes die Jakobusklauseln gefunden worden zu sein. Man verpflichtete die Neubekehrten eben darauf, sich von Blut, Ersticktem und Unzucht zu enthalten. Damit kam man den Heidenchristen ungeheuer weit entgegen. Sie wurden praktisch nur auf die Minimalforderungen festgelegt, die ohnehin jedem in Israel lebenden Heiden auferlegt waren.

c. Die Rolle des Petrus

In der Apostelgeschichte taucht dieser ganze Konflikt - wie bereits erwähnt - gar nicht auf. Lukas hat hier wohl in der Darstellung der Ereignisse historische Dinge vermischt und zusammengezogen. Er zeigt das Bemühen, den Konflikt zu entschärfen.

Die Apostelgeschichte stellt dementsprechend auch den Petrus als ersten Heidenmissionar vor. In der Korneliuserzählung wird der Eindruck erweckt, dass Petrus als erster zur Einsicht gekommen sei, dass die Unterscheidung von rein und unrein nicht mehr gelte (Apg 10,15).

Das wird dadurch demonstriert, dass Heiden vor den Augen des Petrus den Heiligen Geist empfangen. Petrus muss erkennen, dass er Gott nicht vorschreiben darf, wem er den Heiligen Geist geben darf und wem nicht. Er kann diesen ehemaligen Heiden also das Wasser der Taufe auch nicht mehr verweigern.

Die kritische Untersuchung der Apostelgeschichte zeigt aber, dass diese Erzählung so nicht historisch sein kann. Paulus kennt Petrus denn auch nur als Judenmissionar. Dort hatte dieser zwar große Erfolge, Heidenmission betrieb er aber offenbar zu dieser Zeit noch nicht (Gal 2).

Dass im Nachhinein die Korneliuserzählung entstehen konnte, belegt allerdings, dass auch Petrus später zum Heidenmissionar geworden ist und beschneidungsfrei missionierte. Wenn Petrus endgültig bei der Judenmission geblieben wäre, hätte man ihn später kaum auf diese Art und Weise mit der Heidenmission in Verbindung gebracht. Der Prozess seiner tieferen Einsicht in die Notwendigkeit der beschneidungsfreien Mission, fand in der Geschichte um Kornelius dann seinen Niederschlag.

d. Die Reaktion des Paulus

Dies war aber ein Prozess, der Paulus offensichtlich zu langsam ging. Die Festsetzung der Jakobusklauseln war für ihn eine offensichtliche Niederlage. Er verlangte ja vehement die beschneidungsfreie Mission ohne Vorbedingungen. Paulus fand sich mit dieser Lösung dementsprechend auch nicht ab. Er ging konsequent seinen neuen Weg und beachtete die Vereinbarung um die Jakobusklauseln nicht. In der Folge begab er sich auf eigenständige Missionsreisen und gründete selbständig Gemeinden, ohne dieselben auf diese Auflagen zu verpflichten. ⋅4⋅

Dementsprechend muss sich Paulus immer wieder mit diesem Konflikt auseinandersetzen. Im 1. Korintherbrief und im Römerbrief wird dies im Zusammenhang mit der Frage nach dem Götzenopferfleisch deutlich, im Galaterbrief und im 2. Korintherbrief werden ebenfalls Schwierigkeiten mit judenchristlichen Missionaren geschildert. Immer wieder wird festgestellt, dass sich Paulus anscheinend nicht an die Vereinbarungen hält und er muss sich dafür rechtfertigen.

Umso mehr ist Paulus bemüht die Gemeinschaft mit den übrigen Gemeinden, besonders mit der in Jerusalem, von sich aus demonstrativ aufrechtzuerhalten. Dies zeigt sich gerade in Bezug auf die Kollekte für die Jerusalemer Gemeinde. Ihre Durchführung ist ihm eminent wichtig. Und ihre Notwendigkeit betont er in seinen Briefen immer wieder.

e. Die weitere Entwicklung

Die spätere Entwicklung zeigt, dass sich die Jakobusklauseln Ende des 1. und vor allem dann im 2. Jahrhundert überholt haben. Die heidenchristlichen Gemeinden wurden immer zahlreicher und bildeten mit fortschreitender Zeit die absolute Majorität. Die judenchristlichen Gemeinden stellten letztlich eine verschwindende Minderheit dar. Und auch diese fühlten sich in den folgenden Generationen immer weniger an das Gesetz gebunden oder sie rutschen in Kreise des heterodoxen Judentums ab.

Weiter-ButtonZurück-Button Anmerkung

1 Wo nicht anders vermerkt folge ich meinem Lehrer Rudolf Pesch, Einführung in das Neue Testament II - nicht autorisierte Vorlesungsmitschrift des WS 1980/81 (Albert-Ludwig-Universität Freiburg i. Br.). Zur Anmerkung Button

2 Selbstverständlich forderten auch diese Leute nicht mehr die Befolgung des ganzen Gesetzes, denn am Tempelkult und den Sühneopfern nahm die junge Gemeinde geschlossen nicht mehr teil. Zur Anmerkung Button

3 Rudolf Pesch gibt hier einer ethnographischen, d. h. religiösen Zuständigkeit den Vorzug vor einer geographischen. Zur Anmerkung Button

4 Die Apostelgeschichte (Apg 15-16) berichtet zwar, dass er die Klauseln Gemeinden gebracht habt, aber das waren wohl keine eigenen, sondern antiochenische Gründungen. Zur Anmerkung Button