Predigten aus der Praxis

Ansprachen für Sonn- und Festtage


Fest der Taufe des Herrn - Lesejahr A (Mt 3,13-17)

In jener Zeit kam Jesus von Galiläa an den Jordan zu Johannes, um sich von ihm taufen zu lassen. Johannes aber wollte es nicht zulassen und sagte zu ihm: Ich müsste von dir getauft werden, und du kommst zu mir? Jesus antwortete ihm: Lass es nur zu! Denn nur so können wir die Gerechtigkeit, die Gott fordert, ganz erfüllen. Da gab Johannes nach. Kaum war Jesus getauft und aus dem Wasser gestiegen, da öffnete sich der Himmel, und er sah den Geist Gottes wie eine Taube auf sich herabkommen. Und eine Stimme aus dem Himmel sprach: Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe. (Mt 3,13-17)

Sicher zwei Minuten wurde über den Zustand von Michael Schumacher am zweiten Tag nach seinem Skiunfall berichtet. Es war die erste Meldung in einer der Hauptnachrichtensendungen des Tages.

Erst an zweiter Stelle kam dann die Nachricht von den 14 Menschen die beim Selbstmordattentat in einem Bus in Wolgograd das Leben verloren haben.

Liebe Schwestern und Brüder,

was sind wir doch für eine komische Gesellschaft. Natürlich ist das tragisch und furchtbar für die Angehörigen und - keine Frage - ich wünsche Michael Schumacher von ganzem Herzen, dass er wieder gesund wird. Aber was an seinem Schicksal ist erschreckender, bedeutender und wichtiger, als das von Hunderten und Tausenden anderer Menschen in unserer Nachbarschaft und überall auf der Welt? Warum unterscheiden wir so in unseren Emotionen?

Da stehen Hunderte vor der Klinik und es gibt Solidaritätskundgebungen für einen einzelnen Prominenten, aber die Schicksale der Flüchtlinge, die tagein, tagaus das Bild der italienischen Insel Lampedusa prägen, berühren lediglich wenn dann wieder einmal von einer großen Katastrophe zu berichten ist. Das Schicksal eines einzelnen Stars, erschüttert einen Großteil der Nation, aber die Not und das Elend in der Nachbarschaft lässt die Allgemeinheit kalt.

Warum ist das so? Konzentrieren wir unser Mitgefühl auf einige wenige, weil wir von der großen Masse der Not ansonsten erdrückt würden? Nehmen wir Anteil auf hohem Niveau und globalisieren ansonsten die Gleichgültigkeit, weil wir die ganze Menge an Elend von Menschen anders gar nicht ertragen könnten? Oder - und genau das befürchte ich manches Mal - berühren uns die Schicksale von wichtigen, bedeutenden und verdienten Persönlichkeiten einfach mehr, als die von Menschen, die halt weniger wichtig sind?

Das wäre doch eine Katastrophe! Das würde doch alles auf den Kopf stellen, wofür dieser Jesus von Nazareth eingetreten ist - und zwar von Anfang an.

Er, der sich einreiht unter all die Menschen, die zu Johannes strömen, um sich von ihm taufen zu lassen, er, der sich einreiht in die Schar der Menschen, die ihre Fehler und Schwächen bekennen, die darum wissen, dass sie nicht besser als andere und vor allem, dass sie kein bisschen bedeutender sind, er macht unmissverständlich klar, dass selbst er einer von ihnen ist, einer von uns, und dass kein Mensch wichtiger und bedeutender ist, als ein anderer.

Allein diese Haltung entspricht wirklich Gottes Willen. Nur so können wir Gottes Anspruch an uns Menschen gerecht werden, die Gerechtigkeit, die er fordert, ganz erfüllen - wie es heute im Evangelium heißt.

Es gibt nämlich niemanden, der wichtiger wäre, als andere, keiner der bedeutender ist, als der Bruder und die Schwester von nebenan. Nichts rechtfertigt den Hype um Stars und Sternchen, Politiker und Kirchenmänner, um hochgestellte Persönlichkeiten wo auch immer auf der Welt. Und deren Schicksal ist genau so tragisch, genau so schlimm und fordert uns nicht anders, eben kein bisschen anders, als das von jedem und jeder anderen auch.

Selbst der Gottessohn reiht sich ein in die Schar der Menschheitsfamilie, wird einer von uns, in allem uns gleich. Und überall wo wir anders leben, anderes gelehrt wird und wir anderes praktizieren, leben wir nicht nach dem Beispiel des Mannes aus Nazareth, folgen wir nicht wirklich ihm.

Download-ButtonDownload-ButtonDownload-Button(gehalten am 11./12. Januar 2014 in den Kirchen der Pfarrei St. Peter, Bruchsal)