Der Isenheimer Altar

und seine Botschaft


Zurück-Button Geheime Botschaften im Isenheimer Altar? 

"Ob Matthias Grünewald und Guido Guersi - was wiederholt vermutet wurde - einem der traditionellen Geheimbünde, etwa den Rosenkreuzern, angehörten, kann nicht beantwortet werden, denn es sind darüber keine dokumentarischen Nachweise überliefert." ⋅1⋅

Nichtsdestoweniger werden immer wieder Versuche unternommen, in den Tafeln des Isenheimer Altares geheime Botschaften zu finden, die von Guido Guersi und Matthias Grünewald dort versteckt worden seien, um geheimes Wissen der Nachwelt zu überliefern. Als Beispiel für solche Versuche, sei der 2007 erschienene Band Michael Schuberts erwähnt, der aufzuzeigen versucht,

"... auf welche Weise Guido Guersi und Matthias Grünewald ihr esoterisches Wissen weit über den Tod hinaus all denen vermitteln, die danach suchen. Schriftliche Dokumente können dabei nur bedingt helfen, die Antworten sind hauptsächlich im Altar selbst verborgen." ⋅2⋅

Eigentlich waren es zwei...

Gemälde

Raffael, Madonna Terranuova (Berlin, Gemäldegalerie).

Lizenz: Anonym Raffaello Sanzio - Madonna Terranuova (Berlin),
als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons

Schubert geht dabei davon aus, dass sowohl der Präzeptor als auch der Maler davon "wussten", dass es nicht nur ein Jesuskind gegeben habe, sondern letztlich zwei Kinder. Diese Botschaft, die von der Kirche unterdrückt worden sei, hätte nur in geheimen Zirkeln weitergegeben werden können. Dabei rekurriert Schubert auf Publikationen wie die von Hella Krause-Zimmerer aus dem Jahre 1969 ⋅3⋅. Durch die Jahrhunderte hindurch könne man auf unzähligen Bildern der Madonna beide "Jesuskinder" dargestellt sehen. Meist würde eines der beiden Kinder fälschlicherweise als Johannes der Täufer identifiziert - auch dann, wenn er nicht durch Insignien als solcher gekennzeichnet sei. Aber es gäbe auch klare Belege für Darstellungen mit drei Kindern, also den beiden "Jesuskindern" und Johannes dem Täufer, wie bei Raffaels Madonna Terranuova.

Nun könnte man das "dritte Kind" auf letztgenanntem Gemälde natürlich einfach als "eine Figur eines anderen, halbnackten Knaben mit Heiligenschein als Gegengewicht" deuten, mittels dessen eine Pyramidal- oder Dreieckskomposition geschaffen werden sollte, wie es Erich Schleier tut ⋅4⋅, aber Michael Schubert führt ja nicht nur Argumente aus der bildenden Kunst an. Schon in den Evangelien seien ja zwei verschiedene Kinder erwähnt, einmal in der Verkündigungsszene, die das Lukas-Evangelium schildert - sie liegt der Verkündigungstafel des Isenheimer Altares zugrunde - und zum anderen in der Ankündigung der Geburt eines Sohnes, die dem Josef zuteil wird und im Matthäusevangelium nachzulesen ist. Deutlicher Beleg dafür, dass hier von zwei unterschiedlichen Kindern gesprochen würde, sei der jeweils unterschiedliche Stammbaum, den das Lukas- und das Matthäusevangelium darbieten.

"Unter Einbeziehung der historischen Dokumente hat Rudolf Steiner seit 1909 weitere Resultate über die näheren Umstände von Verkündigung, Geburt und Kindheit der beiden Jesusknaben aus seiner geistigen Forschung vorgetragen." ⋅5⋅

Für all diejenigen, denen Rudolf Steiner als bibelwissenschaftliche Autorität noch nicht ausreicht, werden - wie bei jeder guten Verschwörungstheorie - natürlich auch die 1947 aufgefundenen Qumrantexte herangezogen, die schließlich eine doppelte Messiaserwartung in bestimmten jüdischen Kreisen belegen. ⋅6⋅

Auf dieser Grundlage wird nun der Altar nach der in ihm verborgenen Geheimbotschaft durchsucht, die natürlich auch entdeckt werden kann:

Auf dem Verkündigungsbild findet sich schließlich im Buch, das vor Maria aufgeschlagen liegt, die Verheißung der Geburt des Kindes gleich zwei Mal. Hier werde - so Schubert - auf das bei Lukas verheißene Kind mit Namen "ema-nüel" und das bei Matthäus angekündigte Kind, das "emanuel" heißen soll, verwiesen.

Die Begründung, warum Schubert die Jesaja-Stelle, die im Buch als erste wiedergegeben wird, der Lukasverheißung zuordnet, bleibt er allerdings schuldig. Bei Lukas wird dieser Satz des Propheten Jesaja nämlich ausgerechnet nicht zitiert. Es handelt sich bei der Darstellung Meister Mathis' demnach kaum um einen Hinweis auf zwei unterschiedliche Verheißungen bei Lukas und Matthäus, die hier im Bild wiedergegeben würden. Es geht im aufgeschlagenen Buch - wie an anderer Stelle weiter ausgeführt wird - letztlich um das alttestamentliche Prophetenwort und die Aufnahme dieser Stelle im Matthäusevangelium, als sogenanntes neutestamentliches Erfüllungszitat . Von einer verborgenen Botschaft von zwei unterschiedlichen Kindesverheißungen bei Lukas und Matthäus kann hier zumindest nicht die Rede sein.

Detail des Isenheimer Altares

Die Segenshand des Engels.

Daran ändert auch nichts, dass Schubert offenbar um die Symbolik des Segensgestus nicht weiß. Für ihn wird die Segenshand zur geheimen Botschaft, die nur Eingeweihten die eigentlichen Inhalte des Bildes erschließen half:

"Noch durch ein anderes Detail weist uns der Maler behutsam darauf hin, dass es eigentlich zwei Verkündigungen - und also auch zwei Jesusknaben - gab: Mit Zeigefinger, Mittelfinger und Daumen seiner rechten Hand segnet der Erzengel Gabriel Maria - gleichzeitig "tanzen" Ringfinger und kleiner Finger wie zwei ebenbürtige Brüder nebeneinander auf dem Fenstersims. Und genau darunter liegt die aufgeschlagene Bibel mit den zwei ähnlich scheinenden, aber dennoch auf so Verschiedenes deutenden Verkündigungstexten!" ⋅7⋅

Mittels der beiden nach unten weisenden Finger, sage die Figur des Engels auf Grünewalds Verkündigungsbild also nichts anderes als: es waren zwei! Nichts bleibt in der Deutung Schuberts von der "lesbaren Verkündigung" des klassischen Segensgestus in der lateinischen Kirche.

Aber Schubert entdeckt noch mehr "geheime Botschaften". Auf den zentralen Bildern der zweiten Schauseite, die in der Regel als "Engelskonzert" und "Weihnachtsbild" bezeichnet werden, sieht er auch die beiden unterschiedlichen Mütter der zwei Jesusknaben. Als Maria aus dem Lukasevangelium deutet er die schwangere Frau mit der Flammenkrone unter dem Baldachin auf der - vom Betrachter aus gesehen - linken Bildhälfte. Die Mutter mit dem Kind auf der rechten Seite ist für ihn die Maria aus dem Matthäusevangelium. Hier handele es sich auch nicht um ein Weihnachtsbild - dafür erscheint Schubert das Kind viel zu alt - sondern um eine Darstellung der Vorbereitungen zur Beschneidung. Das schon einige Monate alte Kind hätte erst jetzt, nach der Flucht nach Ägypten, ordnungsgemäß beschnitten werden können. ⋅8⋅

Zentrale Bedeutung erhält dabei das irdene Krügchen mit dem Henkel zu Füßen der Mutter mit dem Kind. Schon in der rätselhaften Inschrift entdeckt Schubert eine weitere verborgene Bot­schaft.

"Grünewald hat sie besonders gründlich verschlüsselt. Um das irdene Gefäß läuft eine Schmuckleiste, von der man den Eindruck hat, es seien hebräische Buchstaben anein­ander­gereiht. Ver­schie­dent­lich bemühen sich Schrift­kundige des He­bräischen, sie zu entziffern. Zwei dieser Zeichen könnte man für das "Schin", mit dem Zahlenwert 300 und das "Ain" mit dem Zahlenwert 70 nach der Kabbala halten, jedoch ergibt sich daraus kein Sinn. Ich vermute, dass Grünewald eine ihm wichtig erscheinende schriftliche Mitteilung - wenn auch verschlüsselt - nicht in einer "exotischen" Fremdsprache übermitteln würde. Wenn man nach lateinischen Buchstaben Ausschau hält, kann man zunächst deutlich ein großes Z und rechts daneben ein großes W erkennen. Etwas mühsamer lässt sich etwas weiter rechts ein großes E entziffern, von dem nicht sicher ist, ob es vom Maler absichtlich etwas verstümmelt wurde oder erst durch stümperhafte Restaurierungsbemühungen. Fügt man die Buchstaben aneinander, so liest man unschwer "ZWE" - die mittelalterliche Version des Wortes "Zwei". ⋅9⋅

Die Theorie vom "Beschneidungsbecher"

Für Schubert ist dieses irdische Töpfchen darüber hinaus ein entscheidender letzter Schlüssel zum Verständnis der zentralen Darstellung der Mutter mit dem Kind als "Vorbereitung der Beschneidung".

"Die vier Stummelfüßchen, auf denen das irdene Gefäß steht, deuten vermutlich auf die vier Elemente Erde, Feuer, Wasser und Luft, mit denen der Jesusknabe durch den rituellen Akt untrennbar verbunden wird. Der Henkel des Gefäßes läuft oben zu einem Schlangenköpfchen aus; in Verbindung mit dem Feigenbaum direkt darüber ein bildhafter Fingerzeig, dass die Ursünde des Menschen, die zur Vertreibung aus dem Paradies geführt hatte, durch die Beschneidung gesühnt werden soll." ⋅10⋅

Insgesamt sei der dargestellte Topf kein gewöhnliches Nachtgeschirr, wie verschiedentlich angenommen, sondern ein für die Beschneidung unentbehrliches Kultgefäß. Dieses diene zum einen dazu, die entfernte Vorhaut, die die Erde nicht berühren darf, nach der Beschneidung aufzunehmen und den überschüssigen Wein aufzufangen, den der Mohel bei der Zeremonie zur Desinfektion auf die Wunde bläst. ⋅11⋅

Mit dem Abdruck des "jüdische Beschneidungsritual" im Anhang ⋅12⋅, liefert Schubert selbstredend keinen Beleg für seine These. Sie hinkt schon durch die Verbindung von Beschneidung und "Ursünde". Edna Herlinger vom Jüdischen Museum Berlin weist darauf hin, dass die "Ursünde" keine im Judentum verankerte Perspektive ist ⋅13⋅. Darüber hinaus spricht die Form des Gefäßes eher gegen einen "Beschneidungsbecher".

"Das Gefäß auf dem Altarflügel scheint nicht zwangsläufig ein Beschneidungsbecher zu sein, denn ich kenne keine vergleichbaren Becher, zumal mit Henkel. Ich denke, es lässt sich auch ein Zusammenhang mit dem Waschzuber links neben dem Krug erkennen.
Schuberts Deutung ist aus jüdischer Sichtweise nicht zu belegen." ⋅14⋅

Damit ruht Schuberts entscheidender letzter Schlüssel buchstäblich auf tönernen Füßen...

Zur Erwartung von zwei oder gar drei "Messias-Gestalten" in Teilen des Judentums

Was aber hat es mit den beiden Messiasgestalten letztlich auf sich, die in Qumrantexten erwähnt werden?

Tatsächlich lässt sich zeigen, dass im Judentum zur Zeit Jesu eine ausgesprochen disparate Messiaserwartung herrschte. Dies ist keine Geheimbotschaft, sondern allgemein anerkannter wissenschaftlicher Forschungsstand. Für einige war der Messias in der Gestalt des Kyros oder des Serubbabel bereits gekommen. Dass Israel aus der babylonischen Gefangenschaft wieder in sein angestammtes Land hatte zurückkehren dürfen, war für sie die Erfüllung ihrer Erwartungen schlechthin. Einige hofften auf den politischen Messias, den König, der Israel wieder zu nationaler Größe und politischer Bedeutung führen würde. Wieder andere hofften auf den wahren priesterlichen Messias, der den rechten Kult in Israel erneut aufrichten und so die Heiligung des Volkes vollziehen würde. Bei anderen war die Vorstellung von einem neuen Propheten, der kommen werde, verbreitet. Und manche erwarteten zwei, einige sogar drei Messiasse gleichzeitig.

Dass es ganz unterschiedliche Messiaserwartungen gab, lässt sich den neutestamentlichen Schriften selbst entnehmen.  Immer wieder ist am Rande von Männern die Rede, die Aufstände verursacht oder Aufruhr angezettelt hatten. Dahinter könnten sich durchaus solche Messiasgestalten verbergen, die um die Zeitenwende immer wieder aufgetreten sind.

Eine Messiasgestalt neben Jesus von Nazareth begegnet uns - zumindest zwischen den Zeilen - sogar ganz ausdrücklich in den heutigen Kindheitsgeschichten bei Lukas. Es ist Johannes der Täufers.

Wenn es im Lukasevangelium heißt...

"Zur Zeit des Herodes, des Königs von Judäa, lebte ein Priester namens Zacharias, der zur Priesterklasse Abija gehörte. Seine Frau stammte aus dem Geschlecht Aarons; sie hieß Elisabeth."
(Lukas 1,5)

... wird bereits ganz am Anfang deutlich gemacht, dass es sich bei den Eltern des Johannes um eine ganz alte Priesterfamilie handelte. Die Mutter Elisabeth stammte sogar aus dem Geschlecht Aarons, des Bruders des Mose. Beim Tempeldienst wird Zacharias nun eine Erscheinung zuteil, die ihm die Geburt eines Kindes ansagte:

"Da erschien dem Zacharias ein Engel des Herrn; er stand auf der rechten Seite des Rauchopferaltars. Als Zacharias ihn sah, erschrak er, und es befiel ihn Furcht. Der Engel aber sagte zu ihm: Fürchte dich nicht, Zacharias! Dein Gebet ist erhört worden. Deine Frau Elisabeth wird dir einen Sohn gebären: dem sollst du den Namen Johannes geben."
(Lukas 1,11-13)

Diese Verheißung, die wunderbare Empfängnis, die geheimnisvolle Namensgebung - alles deutet darauf hin, dass es hier um die Geburt eines ganz besonderen Priesterkindes ging.

Der Evangelist des Lukasevangeliums übernimmt diesen Bericht aus der ihm vorliegenden Tradition. Er schreibt in einem griechisch-sprechenden Umfeld, wahrscheinlich für Heidenchristen und wahrscheinlich auch nicht in Palästina. Vermutlich sind diese Zeilen für ihn nichts anderes, als ein Bericht über die wunderbare Geburt Johannes des Täufers.

In anderen, vorwiegend judenchristlichen Kreisen hätte man diese Verse so unkommentiert wohl kaum übernommen. Auf dem Hintergrund jüdischen Gedankengutes um die Zeitenwende ist eigentlich relativ klar, dass hier das Erscheinen eines priesterlichen Messias geschildert wird.

Offensichtlich wurde Johannes in bestimmten Kreisen - in Kreisen seiner Jünger etwa - als der erwartete priesterliche Messias gefeiert. In diesen Kreisen könnten die Berichte über seine wunderbare Geburt gesammelt und tradiert worden sein.

Tatsächlich finden sich bis heute Spuren davon, wie sehr die frühe Christenheit bemüht war, eine überschwängliche Johannesbegeisterung einzudämmen. In den neutestamentlichen Berichten und in der Apostelgeschichte lässt sich sogar noch etwas von einem Nebeneinander, wenn nicht sogar einer gewissen Konkurrenz zwischen Jesus-Jüngern und Johannes-Jüngern ausmachen. Dass die neutestamentlichen Schriftsteller so viel Wert darauf legen, ganz deutlich zu machen, dass Johannes nicht gleichberechtigt neben Jesus steht, geschweige denn eine Vormachtstellung hat, und dass die Jünger des Johannes nach dessen Tod Jesus gleichsam als den Eigentlichen anerkennen, macht ja nur deutlich, dass es Grund gab, dies ausdrücklich festzuhalten und immer wieder zu betonen.

In der Realität des Umfeldes Jesu von Nazareth und der frühen Kirche scheint es an diesem Punkt durchaus Spannungen und eine - zumindest von außen an beide herangetragene - Rivalität gegeben zu haben.

So begegnen in der Apostelgeschichte beispielsweise Menschen, die nur die Johannestaufe kannten, die also in Johannes eine Heilsmittlergestalt sahen und von Jesus noch nichts gehört hatten. Und die Evangelisten bemühen sich in überdurchschnittlichem Maße darauf hinzuweisen, dass Johannes lediglich der Vorläufer Jesu ist.

Das Johannes-Evangelium macht dies ganz besonders deutlich, indem es berichtet, wie Johannes selbst bekannt habe, nicht der Messias zu sein:

"Dies ist das Zeugnis des Johannes: Als die Juden von Jerusalem aus Priester und Leviten zu ihm sandten mit der Frage: Wer bist du?, bekannte er und leugnete nicht; er bekannte: Ich bin nicht der Messias."
(Johannes 1,19-20)

Die Stammbäume Jesu von Nazareth stehen letztlich auch im Dienst des Erweises, dass Jesus der Messias ist. Der Stammbaum, wie ihn das Matthäusevangelium überliefert, erklärt es folgendermaßen: 

"Stammbaum Jesu Christi, des Sohnes Davids, des Sohnes Abrahams: Abraham war der Vater von Isaak, Isaak von Jakob, Jakob von Juda und seinen Brüdern. Juda war der Vater von Perez und Serach; ihre Mutter war Tamar. Perez war der Vater von Hezron, Hezron von Aram, Aram von Amminadab, Amminadab von Nachschon, Nachschon von Salmon. Salmon war der Vater von Boas; dessen Mutter war Rahab, Boas war der Vater von Obed; dessen Mutter war Rut. Obed war der Vater von Isai. Isai der Vater des Königs David. David war der Vater von Salomo, dessen Mutter die Frau des Urija war. Salomo war der Vater von Rehabeam, Rehabeam von Abija, Abija von Asa, Asa von Joschafat, Joschafat von Joram, Joram von Usija. Ursija war der Vater von Jotam, Jotam von Ahas, Ahas von Hiskija, Hiskija von Manasse, Manasse von Amos, Amos von Joschija. Joschija war der Vater von Jojachin und seinen Brüdern; das war zur Zeit der Babylonischen Gefangenschaft. Nach der Babylonischen Gefangenschaft war Jojachin der Vater von Schealtiel, Schealtiel von Serubbabel, Serubbabel von Abihud, Abihud von Eljakim, Eljakim von Azor. Azor war der Vater von Zadok, Zadok von Achim, Achim von Eliud. Eliud von Eleasar, Eleasar von Mattan, Mattan von Jakob. Jakob war der Vater von Josef, dem Mann Marias; von ihr wurde Jesus geboren, der der Christus genannt wird."
(Matthäus 1,1-16)

Dies ist kein Stammbaum im historischen Sinne. Was der Stammbaum wirklich sagen will, macht Vers 17 deutlich.

"Im ganzen sind es also von Abraham bis David vierzehn Generationen, von David bis zur Babylonischen Gefangenschaft vierzehn Generationen und von der Babylonischen Gefangenschaft bis zu Christus vierzehn Generationen."
(Matthäus 1,17)

Diese Stelle ist der eigentliche Schlüssel zum Stammbaum des Matthäus-Evangeliums: drei mal 14 Generationen. Drei gilt als Zahl Gottes und 14 ist die Zahl Davids .

Der ganze Stammbaum will mit seinen drei mal 14 Generationen demnach nichts anderes sagen, als dass Jesus von Gott - drei - und seiner Menschheit nach von David - 14 - stammt. Er ist also der erwartete Messias - in der griechischen Übersetzung: der Christos - aus dem Geschlecht Davids.

Die unterschiedlichen Messiaserwartungen und die Messiashoffnung, die sich an der Gestalt Johannes des Täufers festgemacht hatte, sind keine Geheimbotschaft, sondern einfache und nachvollziehbare Historie. Die klare Entscheidung für den Messias Jesus ist keine von der Kirche in langen Jahrhunderten durch Unterdrückung der eigentlichen Wahrheit durchgesetzte Lehre sondern eine bereits in neutestamentlicher Zeit entschiedene Auseinandersetzung - bereits zu Lebzeiten Jesu und dann innerhalb der ersten Christen­generation.

Und auf dem Isenheimer Altar geht es kaum um die Überlieferung geheimer Botschaften, sondern um eine lesbare Verkündigung, die den Menschen der damaligen Zeit breit zugänglich war und auch von möglichst vielen und nicht nur ein paar Auserwählten verstanden werden sollte.

Wenn Michael Schubert in seinem Vorwort davon spricht, sich darüber bewusst zu sein, dass seine Arbeit über den Isenheimer Altar ein in vieler Hinsicht unvollkommener Versuch ist, die Bedeutung dieses Kunstwerkes zu erschließen ⋅15⋅, dann ist ihm rundum zuzustimmen. Es handelt sich zumindest was diese Deutung angeht - vor allem angesichts des ansonsten aufwändig gestalteten und ausgestatteten Bandes - leider um einen wirklich ausgesprochen unvollkommenen Versuch...

Zurück-ButtonLiteraturhinweise

Vergleiche in diesem Zusammenhang:
Michael Schubert, Der Isenheimer Altar - Geschichte - Deutung - Hintergründe (Stuttgart 2007).

Anmerkungen

1 Michael Schubert, Der Isenheimer Altar - Geschichte - Deutung - Hintergründe (Stuttgart 2007) 12. Zur Anmerkung Button

2 Michael Schubert, Der Isenheimer Altar - Geschichte - Deutung - Hintergründe (Stuttgart 2007) 12. Zur Anmerkung Button

3 Vgl.: Hella Krause-Zimmerer, Die zwei Jesusknaben in der Bildenden Kunst, Stuttgart 1969. Zur Anmerkung Button

4 Vgl.: Erich Schleier, Raffaello Sanzio, genannt Raffael - Maria mit dem Kind und dem kleinen Johannes dem Täufer (Madonna Terranuova). 1505, in: Gesine Asmus und Rainald Grosshans, Gemäldegalerie Berlin - 200 Meisterwerke (Berlin 1998) 342. Zur Anmerkung Button

5 Michael Schubert, Der Isenheimer Altar - Geschichte - Deutung - Hintergründe (Stuttgart 2007) 90. Zur Anmerkung Button

6 Vgl.: Michael Schubert, Der Isenheimer Altar - Geschichte - Deutung - Hintergründe (Stuttgart 2007) 90. Zur Anmerkung Button

7 Michael Schubert, Der Isenheimer Altar - Geschichte - Deutung - Hintergründe (Stuttgart 2007) 72. Zur Anmerkung Button

8 Vgl.: Michael Schubert, Der Isenheimer Altar - Geschichte - Deutung - Hintergründe (Stuttgart 2007) 87-94. Zur Anmerkung Button

9 Michael Schubert, Der Isenheimer Altar - Geschichte - Deutung - Hintergründe (Stuttgart 2007) 94. Zur Anmerkung Button

10 Michael Schubert, Der Isenheimer Altar - Geschichte - Deutung - Hintergründe (Stuttgart 2007) 94. Zur Anmerkung Button

11 Vgl.: Michael Schubert, Der Isenheimer Altar - Geschichte - Deutung - Hintergründe (Stuttgart 2007) 94. Zur Anmerkung Button

12 Vgl.: Michael Schubert, Der Isenheimer Altar - Geschichte - Deutung - Hintergründe (Stuttgart 2007) 153-154. Zur Anmerkung Button

13 Vgl.: Edna Herlinger, Jüdisches Museum Berlin, Lindenstraße 9-14, D-10969 Berlin - Schreiben vom 22. Januar 2008. Zur Anmerkung Button

14 Edna Herlinger, Jüdisches Museum Berlin, Lindenstraße 9-14, D-10969 Berlin - Schreiben vom 22. Januar 2008. Zur Anmerkung Button

15 Vgl.: Michael Schubert, Der Isenheimer Altar - Geschichte - Deutung - Hintergründe (Stuttgart 2007) 13. Zur Anmerkung Button