Unser Gottesdienst

Verstehen, deuten, neue Wege beschreiten


Weiter-Button Zurück-Button "Verschiedene Gnadengaben ... ein Geist" (1 Kor 12,4) - vom Miteinander verschiedener Dienste

Dienste im Gottesdienst. Ministranten, Priester, Diakone. Frauen und die Liturgie. Kommunionhelfer als Lückenbüßer? Von Messgewändern und liturgischer Kleidung. Warum das, was auch einer allein könnte, auf viele verteilt werden soll.

Da standen manche Kollegen ganz dumm da: Jahrelang hatten sie darum gekämpft den kirchlichen Vorschriften zu entsprechen und keine weiblichen Ministrantinnen zuzulassen. Und dann kam aus Rom ganz still und wenig aufsehenerregend die Meldung, dass Mädchen jetzt halt doch Ministrantinnen werden könnten.

Da waren die Pfarrer, die im Ungehorsam vorgeprescht waren, plötzlich diejenigen, die es immer schon gewusst hatten, und die anderen galten noch mehr, als man es ihnen bisher schon vorgeworfen haben mag, als die Rückständigen und ewig Gestrigen.

Wie ein Kampf gegen Windmühlen?

War diese leidvolle Auseinandersetzung wirklich notwendig? Wie viel Porzellan ist in all den Jahren zerschlagen worden! Wie viele Mädchen wurden vor den Kopf gestoßen und wie viele fadenscheinige Argumente wurden benutzt, um etwas aufrecht zu erhalten, was so eigentlich schon gar nicht mehr existierte?

Um es gleich vorwegzunehmen: Es war keines der vielen Scheingefechte, von denen wir in unserer Kirche in den letzten Jahren so viele führen. Und es war auch kein Nebenkriegsschauplatz, auf dem ein Streit um Kaisers Bart stattgefunden hätte.

Es war - und das haben viele offenbar ganz instinktiv gespürt - Teil eines Prozesses, der augenblicklich unser gottesdienstliches Verständnis und unsere ganze kirchliche Wirklichkeit erfasst hat und dabei an Ufer führt, von denen heute noch niemand so recht weiß wie sie genau beschaffen sein werden.

Um dies deutlich zu machen, muss ich ein wenig weiter ausholen.

Die Messe - ein reiner Priestergottesdienst

In der Vergangenheit hatte sich in unserer Praxis eigentlich ein reiner Priestergottesdienst herausgebildet.

Meines Wissens hat man in der Theorie - also in der theologischen Reflexion - immer schon um die Bedeutung der zum Gottesdienst versammelten Gemeinde gewusst, in der Praxis aber war die Gemeinde zur Feier der Messe eigentlich gar nicht notwendig gewesen.

Noch heute finden sich im Messbuch Hinweise dafür, was zu berücksichtigen ist, wenn ein Priester eine Messe alleine feiert. Eine solche Messe ohne irgendwelche weiteren Mitfeiernden ist zwar an einen "gerechten und vernünftigen Grund" gebunden, es bleibt aber völlig offen, was als solcher Grund zu gelten habe.

Im Grunde genommen ist solch eine Messe theologisch betrachtet ein Unding. Sie ist ein Relikt aus der Zeit, in der die übrigen Mitfeiernden eigentlich gar nicht so recht im Blick waren.

Das sogenannte "levitierte Hochamt"

Am deutlichsten wird dieses Bewusstsein vielleicht im sogenannten "levitierten Hochamt", das gemäß der Liturgie, wie sie vor der Reform gefeiert wurde, als Vollform der Messe galt.

In ihm assistierten - und das meinte das Wort "levitiert", das sich von den alttestamentlichen Leviten, den Tempelpriestern herleitet - in solch einem "levitierten Hochamt" assistierten also mehrere Priester dem Hauptzelebranten. Sie übernahmen dabei die Rolle von Diakon und Subdiakon, aber auch all die anderen liturgischen Aufgaben, die früher mit den einzelnen Weihestufen in Verbindung gebracht wurden.

Wie bereits gesagt: in der Idealform wurden all die verschiedenen Aufgaben von Priestern übernommen. Das "levitierte Hochamt" war im Grunde ein reiner Priestergottesdienst.

Ministranten als Ersatz für fehlende Priester

In der konkreten Ortsgemeinde gab es allerdings in aller Regel nur einen Priester - vielleicht noch ein oder zwei Kapläne. All die übrigen Aufgaben übernahmen nun die sogenannten Ministranten. Sie waren im Grunde Ersatz für fehlende Priester - logisch, dass es nur Jungs sein konnten.

Stellvertretender Dienst für die ganze Gemeinde

Als das II. Vatikanische Konzil die Bedeutung aller Mitfeiernden für die Feier der Messe wieder neu herausstellte, wurde auch die Rolle der Ministranten im Prinzip neu definiert. Es war klar, dass sie nun nicht mehr Ersatz für fehlende Priester waren.

Alle Ministrantenbücher der Siebziger Jahre sind voll von seitenlangen Erklärungen, dass die Ministranten ihren Dienst stellvertretend für die feiernde Gemeinde ausüben. Jeder soll am Geschehen der Messe auf seine Weise teilnehmen. Da aber schlecht alle am Altar tätig werden können und auch nicht sollen, waren es kurzerhand die Ministranten, die diesen Dienst stellvertretend für all die anderen leisteten.

Damit war aber im Prinzip auch klar, dass die bisherige Praxis an einem entscheidenden Punkt hinkte: Warum sollten es dann nämlich nur Jungen sein, die diesen Dienst ausüben? Als Stellvertreter der ganzen Gemeinde sind selbstverständlich Männer und Frauen gefragt.

Und damit war das Problem um die Ministrantinnen geboren: Frauen - wenn auch im Kindesalter als Mädchen - am Altar!

Im Grunde geht es um weit mehr

Dies machte jenseits aller Diskussion über Jungen und Mädchen deutlich, dass es in dieser Auseinandersetzung eigentlich um weit mehr ging.

Während im Bewusstsein der meisten Christen das Konzil die Landessprache eingeführt und den Altar in die Mitte gerückt hatte, und man dementsprechend nun bei uns auch auf Deutsch und zum Volk gewandt, wie man sagte, zelebrierte, hatte die Messe durch die Liturgiereform einen Akzent erhalten, der in der Praxis der meisten Gemeinden zuvor kaum eine Rolle gespielt hatte: Die mitfeiernde Gemeinde war als Träger des ganzen Gottesdienstes neu ins Bewusstsein gerückt worden.

Das änderte aber nicht nur etwas an der Rolle der Gemeinde, auch das Selbstverständnis des Priesters in der Messe änderte sich dadurch natürlich. Und damit kamen auch eine Fülle liebgewordener Strukturen und althergebrachter, selbstverständlich gewordener Grundsätze schlichtweg ins Rutschen.

Intellektuell und theoretisch wurde hier in der Vergangenheit vieles aufgearbeitet. Gehakt hat es immer wieder ganz konkret in der Praxis.

Eine Fülle verschiedener Dienste...

Das wird auch im Blick auf die vielen Dienste, von denen die Liturgiereform ausgeht, deutlich. In der Folge des Konzils wurde die aktive Teilnahme der Gläubigen am gottesdienstlichen Geschehen nämlich durch eine Fülle von Diensten unterstrichen.

In der Allgemeinen Einleitung des Messbuches findet sich eine fast nicht enden wollende Aufzählung. Es heißt dort:

"Der Akolyth ist zum Dienst am Altar und zur Unterstützung von Priester und Diakon beauftragt. Im besonderen ist es seine Aufgabe, den Altar und die liturgischen Gefäße zu bereiten sowie als außerordentlicher Spender den Gläubigen die Eucharistie zu reichen.
Der Lektor ist beauftragt, die Lesungen der Heiligen Schrift mit Ausnahme des Evangeliums vorzutragen.
Er kann auch die einzelnen Bitten des Fürbittgebetes und den Psalm zwischen den Lesungen vortragen, falls kein Psalmsänger da ist.
Der Lektor - auch wenn er Laie ist - hat in der Eucharistiefeier eine eigene Aufgabe, die er auch dann ausüben soll, wenn Mitwirkende der höheren Weihegrade anwesend sind.
Da die Gläubigen beim Hören der Schriftlesungen deren lebendige Kraft erfahren sollen, ist es notwendig, dass die Lektoren für die Ausübung dieses Dienstes, auch wenn sie nicht die Beauftragung erhalten haben, geeignet und gut vorbereitet sind.
Aufgabe des Psalmsängers ist es, den Psalm oder andere biblische Zwischengesänge vorzutragen.
Damit er seine Aufgabe richtig erfüllen kann, muss er mit dem Psalmsingen vertraut sein und gut vortragen können.
Unter den weiteren Mitwirkenden haben einige besondere Aufgaben innerhalb, andere außerhalb des Altarraumes.
Zu den ersteren zählen die beauftragten Kommunionhelfer und jene, die Messbuch, Kreuz, Kerzen, Brot, Wein, Wasser und Rauchfass tragen.
Mitwirkende außerhalb des Altarraumes sind:
Der Sprecher, der den Gläubigen Erklärungen und Hinweise gibt, um sie in die Feier einzuführen und ihnen ein tieferes Verständnis zu vermitteln.
Seine Hinweise sollen sorgfältig vorbereitet, knapp und verständlich sein.
Bei der Ausübung seines Dienstes soll der Sprecher einen geeigneten Platz vor den Gläubigen, jedoch womöglich nicht am Ambo, einnehmen.
In manchen Gebieten gibt es weitere Mitwirkende, welche die Gläubigen am Kircheneingang empfangen, sie zu ihren Plätzen geleiten und Ordnungsdienste versehen.
Schließlich sind noch jene zu nennen, die das Einsammeln der Spenden besorgen.
Besonders in großen Kirchen und Gemeinschaften empfiehlt es sich, jemanden zu beauftragen, die liturgischen Feiern entsprechend vorzubereiten und für ein würdiges, geordnetes und ehrfürchtiges Verhalten aller Mitwirkenden zu sorgen." (Allgemeine Einleitung ins Messbuch, 65-69)

Wir halten aber daran fest...

Auffallender Weise begegnen bei dieser Aufzählung eine Reihe von Einschränkungen.

Das Evangelium vorzutragen bleibt Priester und Diakon vorbehalten. Interessanterweise betont das Messbuch, dass der Hauptzelebrant es eigentlich nicht selbst verlesen soll. Es heißt:

"Da nach der Überlieferung das Vorlesen nicht dem Vorsteher, sondern einem anderen Mitwirkenden zukommt, soll der Diakon oder - falls keiner da ist - ein anderer Priester das Evangelium verkünden." (Allgemeine Einleitung ins Messbuch, 34)

Wenn kein anderer Priester da ist, soll es jedoch der Hauptzelebrant selbst vortragen.

Ansonsten soll der Lektor seinen Dienst auch dann ausüben, wenn Priester im Überfluss da sind.

Anders hingegen die Kommunionhelfer. Sie werden als außerordentliche Spender bezeichnet. Ihr Einsatz ist nur dann vorgesehen, wenn nicht genügend Priester oder Diakone zur Kommunionspendung anwesend sind.

Gerade was den Vortrag des Evangeliums angeht, gibt es durchaus theologische Gründe für diese Einschränkung - sie wird schließlich auch konsequent gehandhabt. Bei den Kommunionhelfern allerdings ist es nicht einfach, sauber zu argumentieren, warum sie in Ausnahmefällen die Befähigung zur Kommunionspendung haben sollen, aber auch nur in solchen Ausnahmefällen.

Frauen in der Liturgie

Ganz besonders schwer tut sich das Messbuch offenbar immer dann, wenn es sich um Frauen handelt So heißt es:

"Dienste, die außerhalb des Altarraumes zu leisten sind, können auch Frauen übertragen werden, wenn der Kirchenrektor es für angebracht hält.
Die Bischofskonferenz kann die Erlaubnis geben, dass Frauen die dem Evangelium vorausgehenden Lesungen und die einzelnen Bitten des Fürbittgebetes vortragen, und genauer den angemessenen Ort bestimmen, von wo auch sie in der Gemeinde das Wort Gottes verkünden sollen." (Allgemeine Einleitung ins Messbuch, 70)

Hier wird ausgesprochen deutlich, welches Ringen in den entsprechenden Kommissionen vorausgegangen sein muss, um den Dienst von Frauen im Gottesdienst möglich zu machen.

Aber wem soll man bitte wie erklären, dass eine Lesung von einem Mann durchaus im Altarraum vorgetragen werden kann, und Männer allgemein auch als Laien überall zum Vortrag der Lesungen vorgesehen sind, Frauen aber nur dann die Lesung vortragen können, wenn der zuständige Ortspfarrer - der entsprechende Kirchenrektor also - nichts dagegen hat - und dann aber auch bitte nicht vom Altarraum aus.

Von der Dynamik der Praxis

Offenbar sind die Gemeinden vor Ort sehr sensibel für solche Ungereimtheiten.

Im Blick auf den Ausschluss der Mädchen vom Ministrantendienst habe ich das bereits zu verdeutlichen versucht.

Aber auch bezüglich all der anderen Dienste hat sich eine Dynamik vor Ort entwickelt, die sich sehr rasch über nicht einsichtig zu machende Einschränkungen hinwegsetzte.

Dass Männer die Lesungen vom Altarraum aus vortragen, Frauen jedoch nicht, ist vor Ort nicht plausibel zu machen. Hier hat es denn auch meines Wissens nie Unterscheidungen gegeben.

Selbst bei der Frage nach Kommunionhelfern setzte sich in den meisten Fällen durch, dass der eingeteilte Kommunionhelfer, der sich innerlich natürlich auch darauf eingestellt hatte, diesen Dienst leistete, selbst wenn überraschend der Pensionär der Gemeinde zum Konzelebrieren erschien.

Der Schwierigkeit, dass den im Messbuch genannten Akolythendienst offiziell nur Männer übernehmen können, ging man bei uns dahingehend aus dem Weg, dass eben nur Priesteramtskandidaten mit diesem Dienst beauftragt werden und er vor Ort dementsprechend gar nicht vorkommt.

Keine christliche Klassengesellschaft

Immer mehr setzt sich demnach in den Gemeinden das gesunde Bewusstsein durch, dass es im Sinne des Evangeliums keine Klassengesellschaft geben kann: Weder zwischen Männern und Frauen, noch zwischen Laien und Klerikern.

Denn eine Wertung des priesterlichen Dienstes als etwas "Besseres" und etwas "Höheres" im Vergleich zum abfällig "Laien" genannten Rest des Kirchenvolkes, wie sie in der Vergangenheit durchweg in den Köpfen der Menschen verankert war, ist nicht haltbar. Der Dienst der Leitung und des Vorstehers im Gottesdienst ist ein Dienst neben anderen.

Augustinus gilt es hier wirklich zu verinnerlichen, wenn er sagt:

"Für euch bin ich Bischof, mit euch bin ich Christ."

Diesem Miteinander war es aber alles andere als zuträglich, dass in der Vergangenheit der Priester einseitig auf den Sockel gestellt wurde.

Vielleicht sind viele, von außen betrachtet eigentlich völlig unverständliche Auseinandersetzungen in den letzten Jahrzehnten ja gerade dadurch zu erklären, dass hier vom Sockel auf den Boden herabgeholt werden soll, was eigentlich gar nicht von dort herunter möchte.

Eine weitere Schwierigkeit

Ein Phänomen hat diesen Prozess in den vergangenen Jahren zusätzlich belastet, der mit Gottesdienst und Liturgie eigentlich gar nichts zu tun hat, aber dennoch ganz stark in diese Zusammenhänge hineinspielt: Es ist dies die Tatsache, dass es immer weniger Priester gibt. Das sogenannte kirchliche Amt ist vor Ort zahlenmäßig immer kleiner vertreten.

Aufgefangen wurde das bei uns - wie in anderen finanziell potenten Kirchen - dadurch, dass daneben gleichsam ein "Hauptamt" geschaffen wurde: das große Heer der sogenannten Hauptamtlichen, die eigentlich Profis sind, kirchlich betrachtet allerdings zu den Laien gehören.

Ich kann auf die ganze Problematik hier nur am Rande eingehen, möchte aber doch erwähnen, dass diese Entwicklung ganz stark dazu beigetragen hat, die Rolle des Diakons und Priesters, die in der Folge des Konzils sowieso einer Neubesinnung bedurfte, weiter zu verunklären.

Hier werden nun plötzlich Männer und Frauen beispielsweise als Gemeindereferenten und Gemeindereferentinnen zu einem Dienst ausgesandt, der dem des Diakons entspricht - ohne aber mit der Weihe dafür gerüstet zu werden.

Und unsere Pastoralreferenten und Pastoralreferentinnen übernehmen in immer stärkerem Maße priesterliche Aufgaben und werden dazu auch kirchlich gesendet, die Weihe aber wird ihnen vorenthalten.

Aus der Not werden ganz offenbar Lösungen geboren, die theologisch völlig unsauber sind.

Auf der anderen Seite bemüht man sich dann aber darum, durch entsprechende Einschränkungen zu betonen, dass der Wert und die Bedeutung des Priesteramtes ungebrochen ist. In der Konsequenz wird das Amt genau durch solche Klimmzüge meist jedoch weiter demontiert.

Vom Wirken des Geistes

All dies mag für diejenigen, die sich mit diesen Fragen weniger beschäftigen äußerst verwirrend und vielleicht sogar abschreckend wirken. Es ist im Grunde aber eine Entwicklung, wie wir sie in der Kirche immer schon hatten.

Am Einzelfall der Ministrantinnen wird vielleicht schon ein wenig deutlich, wie sich im Verlauf eines solchen menschlich durchaus verständlichen Ringens Klärungen ergeben, die am Ende deutlicher zu Tage treten lassen, was vom Evangelium her letztlich gewollt ist.

Ich für meinen Teil, glaube auch in den Auseinandersetzungen um den Dienst der Priester und die Rolle der sogenannten Laien, den Flügelschlag des Geistes da und dort spüren zu können.

Einerseits bemüht man sich darum, gerade etwa bei der Frage um die Weihe von Frauen oder neuen Zugangskriterien zum Amt nichts, aber auch gar nichts zu ändern. All die Versuche zu halten, was zu halten ist, führen aber auffälligerweise dazu, dass sich letztlich alles grundlegend ändert.

Ich vertraue da ganz fest darauf, dass uns hier kein undurchsichtiges Schicksal an Ufer führt, von denen ich eingangs bereits sagte, dass niemand weiß wie sie genau aussehen werden, sondern letztlich Gottes Geist seine Kirche wieder einmal durcheinanderwirbelt, um sie immer mehr zu dem zu formen, wie sie eigentlich von ihm gedacht ist.

Liturgische Kleidung

Verlassen wir aber diese Fragestellung und schauen abschließend noch auf einen Punkt, der in all diesen Überlegungen bisher noch gar keinen Platz hatte: auf die Rolle der Kleidung nämlich im Blick auf die einzelnen Dienste.

Jemandem, der mit unseren Gottesdiensten kaum vertraut ist, fällt schließlich meist als aller erstes auf, dass in diesem Geschehen Menschen wirken, die ganz eigenartig angezogen sind.

Was aber soll diese "Liturgische Kleidung"?

Es ist gut, dass neben dem Priester auch noch andere Mitfeiernde liturgisch gekleidet sind, denn sie machen deutlich, dass diese Gewandung nicht nur etwas mit dem Priester zu tun hat.

Gottesdienst ist eine besondere Sache, und dazu gehörte immer schon eine besondere Kleidung. Die Älteren werden den Brauch des Sonntagsanzuges noch kennen, den man vor allem zum Gottesdienst herausholte. Man ging schließlich nicht aufs Feld, sondern auf eine Feier, zum Gottesdienst.

Alle, die in der Liturgie aktiv tätig waren, brachten dies durch eine besondere Kleidung noch einmal eigens zum Ausdruck. Es handelt sich dabei zunächst einmal um ein weißes Gewand.

Diese sogenannte "Albe" ist kein Priestergewand. Sie ist Erinnerung an das Taufkleid, und besagt schlicht und ergreifend, dass wir aufgrund unserer Taufe aufgerufen und dazu befähigt sind, Dienste in der Gemeinschaft der Kirche zu übernehmen.

Das kürzere Chorhemd ist übrigens nichts anderes als eine verkürzte Albe, die über einem Talar getragen wird.

Da in der Vergangenheit der Gottesdienst immer mehr zum reinen Priestergottesdienst wurde, waren es letztlich auch fast nur noch Priester, die in liturgischer Gewandung auftraten. Lediglich bei den Ministranten, die ja im Bewusstsein der damaligen Zeit fehlende Priester ersetzten, hatte sich auch die entsprechende Kleidung erhalten.

Liturgischer Dienst in Liturgischer Kleidung

Liturgische Kleidung sieht sich heute mehrfachen Schwierigkeiten gegenüber.

Einmal kommt sie durch die Tatsache, dass außer dem Priester nur noch Ministranten solche Gewänder tragen, in den Geruch Kinderkram zu sein.

Andererseits gerät sie leider auch zwischen die Fronten der Auseinandersetzung um die Rollen von Priestern und Laien in der Kirche. Manche, meist hauptamtliche Laien, wollen dadurch, dass sie bewusst keine liturgische Kleidung tragen, deutlich zum Ausdruck bringen, dass sie nicht zu den Klerikern gehören. Manche Verordnung will Laien in bestimmten Fällen liturgische Kleidung zu tragen verbieten, um die Bedeutung der Priester weiter herauszustreichen.

All dies sind eher traurige Entwicklungen und der Sache nicht zuträglich.

Es gilt weiterhin der Grundsatz: Liturgischer Dienst in liturgischer Kleidung.

Keine Konkurrenz zum Messgewand

Dies tut einerseits dem Priester keinen Abbruch, denn Stola und Messgewand bleiben die Zeichen des Vorstehers, die deutlich machen, dass der Priester in der Messe einen besonderen Dienst ausübt.

Andererseits unterstreicht auch ein entsprechendes Gewand im Sinne des alten Sprichwortes von den Kleidern, die die Leute machen, die Bedeutung der einzelnen Dienste, denen eben keine Lückenbüßerfunktion im Gottesdienst zukommt, die vielmehr Ausdruck unserer gemeinsamen Verantwortung für die gemeinsame Feier sind.


Wieder ein paar Thesen:

These 1

Ministranten üben einen wichtigen und unverzichtbaren Dienst im Gottesdienst aus. Sie sind darüber hinaus eine der wichtigsten Formen kirchlicher Jugendarbeit.

Zu beachten ist jedoch, dass, wenn nur Kinder diesen Dienst ausüben, er im Bewusstsein der Menschen auch zum Kinderdienst verkommt. Warum muss ich in einem bestimmten Alter aufhören, Ministrant zu sein?

These 2

Der liturgische Einzug symbolisiert das ganze Volk Gottes, das auf seiner Wanderschaft durch die Zeit Christus entgegenzieht, dementsprechend müssten sich auch Lektoren und Kommunionspender sowie alle anderen liturgischen Dienste in diesen Zug einreihen.

These 3

Wenn liturgische Kleidung den liturgischen Dienst unterstreicht, dann sollte sie auch wieder mehr ins Bewusstsein gebracht werden.

Niemand soll zu etwas gezwungen werden, was ihm nicht entspricht, andererseits sollte in unseren Gemeinden eine Atmosphäre geschaffen werden, die es auch Lektoren und Kommunionhelfern leicht macht, ganz egal, ob es sich dabei um Männer oder Frauen handelt, diesen Dienst in liturgischer Kleidung auszuüben.

These 4

Dies gilt insbesondere, wenn es sich um sogenannte priesterlose Gottesdienste handelt.

Wenn Laien einem Wortgottesdienst vorstehen, sollten sie es auch in liturgischer Kleidung tun.

Beim Vorsteherdienst ist sogar zu überlegen, ob nicht darüber hinaus Zeichen sinnvoll wären, die nicht mit den priesterlichen Amtszeichen Stola oder Messgewand verwechselt werden können, aber dennoch deutlich machen, dass hier ein besonderer Dienst für die versammelte Gemeinde ausgeübt wird.

Gerade dieser Punkt ist von den verschiedensten Seiten mit vielerlei Befürchtungen belegt. In Abwandlung eines Jesuswortes kann man jedoch auf all die damit zusammenhängenden Befürchtungen und die dahinterstehenden Ängste, eigentlich nur antworten:

Wovor habt ihr eigentlich Angst?

(Dr. Jörg Sieger)

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